ProCo - Propulsion and Coupling

Die globalen Herausforderungen des Verkehrs in Bezug auf den Klimawandel, Sicherung der Mobilität und Bewältigung des Übergangs zu einem nachhaltigen Verkehrssystem sind komplex.

Das Projekt ProCo stellt einen ganzheitlichen und integrierten Ansatz dar, der darauf abzielt, einen klimafreundlichen, ressourceneffizienten und nachhaltigen Schienenverkehr zu ermöglichen.


Das Projekt ProCo Propulsion and Coupling gründet sich auf die vier Eckpfeiler Energie, Effizienz, Ökonomie und Ökologie:


Energie

Der Ersatz von Dieselzügen aus ökologischen Gründen und die Wiederinbetriebnahmen stillgelegter Strecken haben die Frage aufgeworfen, welches Hybrid-Antriebskonzept für jede einzelne nicht elektrifizierte Bahnstrecke am besten geeignet ist. Batterie- und/oder Wasserstoffzüge ermöglichen den Übergang zu umweltfreundlichen Energieträgern. Energiespeicher sind der Schlüssel für Zugkonzepte mit Hybridantrieben. Neue intelligente Lösungen für hybride Energieversorgungskonzepte sind zu untersuchen, um die Gesamtleistung von der Wiege bis zur Bahre zu optimieren. Ziel ist dabei die Entwicklung und Demonstration eines skalierbaren, modularen Systembaukastens für hybride Antriebssysteme mit standardisierten Schnittstellen.

Effizienz

Fortschrittliche Technologien wie die verlustarme Traktion müssen untersucht und auf die Anforderungen der Bahnanwendung angewendet werden, wobei die Züge der NGT-Familie als Leitkonzepte und Demonstratoren dienen. Begleitet von einem umfangreichen Investitionsvorhaben wird das Einzelrad-Einzelfahrwerk in voller Größe gebaut und sowohl auf einem Rollprüfstand als auch auf Gleisanlagen getestet, um den technologischen Reifegrad der implementierten Technologien voranzutreiben und zu demonstrieren.

Ökonomie

Für Bahnbetreiber ist es essentiell, einen wirtschaftlichen Betrieb zu realisieren. Potenziale zur Senkung der Lebenszykluskosten im System Schiene liegen in der Optimierung und Automatisierung betrieblicher Abläufe, z.B. durch die virtuelle Kupplung, in der Reduzierung des Energiebedarfs und in der Reduzierung von Verschleiß und damit verbundenen Wartungskosten. Für den wirtschaftlichen Einsatz bedarfsgerechter zukünftiger Schienenfahrzeugantriebe ist die systematische und zielgerichtete Gestaltung ihres technischen Designs und der entsprechenden Technologien notwendig. Um dies zu ermöglichen, ist der intelligente Einsatz von Methoden & Werkzeugen zur Ermittlung der LCC und deren Entwicklung unabdingbar.

Ökologie

Die Reduzierung von Emissionen und die Verringerung des CO2-Fußabdrucks im Mobilitätssektor und insbesondere im Schienenverkehr ist eine anspruchsvolle Aufgabe und spielt für die Erhöhung der Akzeptanz neuer Technologien in der Gesellschaft eine wichtige Rolle. Durch die integrierte Betrachtung von Energieversorgungs- und Antriebskomponenten und Fahrweisen / Fahrmanövern werden die Umweltbelastungen konsequent vermindert. Weiterhin wird die Ablösung der Dieseltraktion vorangetrieben, wodurch ein wichtiger Stellhebel zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks vorangetrieben wird. Ziel ist die Entwicklung und Optimierung von Betriebsstrategien und geeigneten Tools zur Verminderung von Energiebedarf und Emissionen.

Teilprojekte


Das Projekt ProCo umfasst und entwickelt im Wesentlichen fahrzeugseitige Technologien. Inhaltliche Schwerpunkte sind dabei

  • die Weiterführung der Fahrwerksentwicklung aus dem NGT-BIT Projekt,
  • sichere und effiziente Fahrzeugplatoons unter Anwendung der virtuellen Kupplung,
  • Fahrzeug-Energieversorgung mit hybriden Antriebskonzepten (Wasserstoff, Batterie) und
  • selbstfahrende Drehgestelle mit integriertem Antrieb und Energieversorgung für Güterverkehrsanwendungen.

TP 1000: NGT Fahrwerk

Das NGT Einzelrad-Einzelfahrwerk ist ein neuartiges Leichtbaufahrwerk mit mechatronischer Spurführung und radnahem Direktantrieb, das für den Einsatz im NGT Mittelwagen insbesondere bzgl. Bauraum optimiert wurde. Ziele der Arbeiten an dem NGT-Fahrwerk sind

  • die Anhebung der Fahrwerkstechnologie auf TRL 6,
  • die Nutzung der Großanlage NGT-FuN für Nachweise, Demonstrationen und Weiterentwicklungen
  • die Erforschung innovativer Lösungsansätze bzgl. Materialien und Komponenten, u.a. in Faserverbund-bauweise sowie digitaler, daten– und modellbasierter Technologien (digitaler Zwilling) für den effizienten, sicheren und nachhaltigen Unterhalt und Betrieb.

Das angestrebte Ergebnis des TP1000 ist das weltweit erste mechatronische Leichtbau-Einzelradfahrwerk mit radnahem Direktantrieb in TRL 6.

Hightech-Fahrwerk für den Zug der Zukunft
Das Fahrwerk eines Zuges spielt eine wichtige Rolle für einen schnellen, zuverlässigen, sicheren und komfortablen Bahnverkehr. Deshalb arbeitet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen des Leitkonzepts Next Generation Train (NGT) an einem neuartigen, zukunftsweisenden Fahrwerksdesign: Es verzichtet auf durchgehende Radachsen, jedes Rad wird separat angetrieben und intelligent gesteuert. Die Vorteile dieses Ansatzes sind groß und vielfältig: Züge könnten so effizienter und leiser unterwegs sein, Rad und Schiene dabei weniger verschleißen. In der Simulation und bei Experimenten mit einem Modell des NGT-Fahrwerks im Maßstab eins zu fünf hat sich das Konzept bereits als vielversprechend erwiesen. Deshalb haben die DLR-Forschenden in einem nächsten großen Schritt ein Funktionsmodell sowie einen Prüfstand im Originalmaßstab aufgebaut. So wollen sie das Fahrwerk zum ersten Mal zum Laufen bringen, die Position und Funktion von Sensoren sowie die Steuerungsgeräte testen. Mit Hilfe dieser Forschungsinfrastruktur namens NGT FuN soll die Technologie in den nächsten Jahren weiterentwickelt und demonstriert werden. Danach soll das DLR-Hightech-Fahrwerk auf speziellen Prüfständen bei externen Schienendienstleistern getestet werden, mit dem Ziel dann möglichst bald einen Test in der Praxis auf der richtigen Schiene zu absolvieren.

TP 2000: Virtually Coupled Train Sets (VCTS)

Das Teilprojekt 2000 Virtually Coupled Train Sets (VCTS) führt Arbeiten aus NGT BIT und aus dem Shift2Rail Projekt X2RAIL-3 zur Entwicklung und Demonstration einer virtuellen Kupplung von Schienenfahrzeugen fort. Im Zuge der europäischen Shift2Rail-Initiative hat das DLR bereits wichtige Arbeiten zur VCTS Konzeptentwicklung sowie Analysen zur Machbarkeit und Leistungsfähigkeit durchgeführt. Damit ist es nicht nur im nationalen, sondern auch im europäischen Kontext sehr gut aufgestellt.
Automatisierung und Digitalisierung sind wichtige Schlüsselfaktoren, um die Bahn effizienter und reaktionsschneller auf die stark steigenden Anforderungen zu machen. Um flexibler agieren zu können, sollen einzelne Züge während der Fahrt eine virtuelle Kupplung realisieren können. Der Streckendurchsatz wird deutlich erhöht, wenn mehrgliedrige Züge virtuell zusammengeführt und wieder getrennt werden. Die Systemleistung muss ganzheitlich untersucht werden, da sowohl Zug-zu-Zug als auch Zug-zu-Infrastruktur Interferenzen und Interaktionen in den Funktionsbereichen Kommunikation, Elektronik/ Elektrik, Mechanik, Aerodynamik und Zugsteuerung auftreten.
Die erwartete Hauptergebnis des TP2000 ist, die Realisierung einer VCTS-Demonstration bis 2027 vorzubereiten.

Ein weiterer wichtiger Teilaspekt ist die genaue und zuverlässige Eigenortung der Fahrzeuge, die mit Hilfe von Magnetfeldsensoren auch für die Anwendung auf Strecken mit Tunneln entwickelt wird. Erste Zwischenergebnisse hinsichtlich Genauigkeit, Verfügbarkeit und möglicher Störeinflüsse, liefert dazu die Analyse von Daten einer umfangreichen Messkampagne mit dem advanced TrainLab der DB:

Video : Future technologies for rail transport - measurement campaign in the laboratory train, March 2021 (engl.)
On 11 March 2021, scientists from the DLR Institute of Communication and Navigation, together with the spin-off Intelligence on Wheels (IoW), successfully completed a two-week series of tests on technologies for the safe, efficient and flexible train traffic of tomorrow. The aim of DLR's research is to bring more passenger and freight traffic onto the rails, to increase passenger comfort through fewer changes, to better secure necessary level crossings and to enable a more flexible composition of trains in order to optimise line capacities.
Credit:

DLR

TP 3000: Fuel Cell and Hybrid Power Pack (FCHPP)

Im Teilprojekt 3000 Fuel Cell and Hybrid Power Pack (FCHPP) wird ein modularer und skalierbarer Systembaukasten für alternative Schienenfahrzeugantriebe entwickelt und demonstriert. Ziel des FCHPP Konzepts ist, die Dekarbonisierung der Bahn zu unterstützen, indem Alternativen zu den heute eingesetzten Dieselantrieben angeboten werden. FCHPP stellt mit Basisbausteinen anforderungsgerechte Energieversorgungssysteme und -architekturen für Schienenfahrzeuge bereit, dabei kommen skalierbare Teilsysteme als Module mit definierten Schnittstellen zum Einsatz.
Ziel des ProCo TP 3000 (FCHPP) ist es, eine Systematik zur Auslegung eines anforderungsgerechten modularen und skalierbaren BZ- und Batterie-Hybridpowerpack (FCHPP) zu entwickeln. Die Arbeiten im Rahmen des Projekts erstrecken sich von Methoden über das Konzept und Technologien bis zur Auslegung und Demonstration sowie der anschließenden Energieverteilungs- und Kostenoptimierung (LCC))

TP 4000: Selbstfahrendes Güterwagendrehgestell (ASINO-DG)

Aktuell sind für Rangier- und Last-Mile-Fahrten entweder Rangierloks oder kapitalintensive Dual-Mode-Lokomotiven notwendig. Dies bedingt, insbesondere im Einzelwagenladungsverkehr (EWL), aufwendige logistische Abläufe mit vielen Fahrten von bemannten Lokomotiven und folglich hohen Kraftstoffkosten, hohen Emissionen, einem hohen Zeitaufwand sowie einer geringen Produktivität von Material und Personal.
Um Abläufe im SGV zu flexibilisieren und zu rationalisieren ist das Ziel von TP4000 die Entwicklung angetriebener Drehgestelle, womit existierende Güterwagen mit einer autarken Fahrfähigkeit aufgewertet werden können. Je nach Anforderungsprofil und der Abwägung zwischen Kosten und Nutzen bezüglich Akkukapazität, Antriebsleistung und Nutzlast können weitere Strecken bewältigt werden und somit ggf. die „Letzte Meile“ zum Ziel autark gefahren werden bzw. mehrere Wagen von einem ausgestatteten Wagen mitverfahren werden.
Das Ziel ist die konzeptionelle Auslegung einer neuen Art von vollintegriertem, angetriebenem Güterwagendrehgestell in Leichtbauweise. Es handelt sich bei diesem Drehgestell um eine plug-and-play Lösung, die die gesamte Hardware für den autarken Fahrbetrieb eines Güterwagens beinhaltet, dazu zählen die Antriebseinheit, der Energiespeicher und die Recheneinheiten.

Über die Grenzen des Projekts ProCo hinaus erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit weiteren Projekten in den Programmthemen Schienenverkehr (InTra, TraCo und RoSto), Verkehrssystem (Vmo4Orte) und Straßenverkehr (FFAE). Auf europäischer Ebene ist das Projekt ProCo eng mit dem Europe’s Next Rail Joint Undertaking und dem Projekt von der Clean Hydrogen Partnership geförderten Projekt FCH2RAIL verknüpft.

Laufzeit

2022 - 2025

Gesamtbudget ca.

14 Mio. €

Beteiligte Institute

Kontakt

Dr.-Ing. Michael Schier

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Fahrzeugkonzepte
Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart