16. April 2024

EML Batch 3.3: Experimentdurchführung on-Orbit auf der ISS abgeschlossen

In der Nacht zum 21. Februar 2024 konnten die on-Orbit Experimente des EML Batch 3.3 im elektromagnetischen Levitator (EML) auf der Internationalen Raumstation (ISS) erfolgreich abgeschlossen werden. Die Experimente wurden am DLR Standort in Köln-Porz aus dem Kontrollraum des Microgravity User Support Center (MUSC) ferngesteuert und durch Mitarbeiter der Nutzerunterstützung des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum (DLR-MP) wissenschaftlich begleitet.

EML ist eine Anlage zum berührungsfreien Prozessieren metallischer Legierungen. Die Probe wird dabei in einer Spule durch ein elektromagnetisches Wechselfeld in der Schwebe gehalten und kann dabei vermessen werden. Untersucht werden dabei zum Beispiel thermophysikalische Eigenschaften der Schmelze wie Viskosität, Oberflächenspannung, Dichte, elektrische Leitfähigkeit und spezifische Wärme sowie das Erstarrungsverhalten der Probe, d.h. Messung der Geschwindigkeit und Form der Erstarrung. Im Gegensatz zu erdgebundenen Anlagen sind dabei aufgrund der fehlenden Schwerkraft nur kleine Kräfte bzw. Felder vonnöten, um die Probe auf Position zu halten. Das behälterfreie Verfahren ermöglicht es auch Messungen reaktiver Materialen sowie im metastabilen Zustand der unterkühlten Schmelze durchzuführen. Der EML ist modular aufgebaut und ist im European Drawer Rack (EDR) im Columbus Modul der ISS untergebracht. Er wurde von ESA und DLR finanziert und durch Airbus DS gebaut.

Wissenschaftler des DLR-MP waren über verschiedene internationale Projekte an den Experimenten beteiligt. Jedes EML Batch besteht aus 18 Proben, die in der EML Probenkammer untergebracht werden können. Der dritte Teil der Batch 3 Experimente, Batch 3.3 wurde jetzt abgeschlossen.

Begonnen wurde die Durchführung der ISS-Experimente des Batch 3.3 am 24. Juli 2023 an einer D2 Stahlprobe (FeC1.5Mn0.6Si0.6Cr12Mo1V1; s. Abbildung 1). Abgeschlossen wurden die Experimente schließlich am 24. Februar 2024 an einer Al96Fe4-Probe.

Weitere prozessierte Proben des Batch 3.3 waren

  • Ti45Zr45Ni10 : β-Phasen formierende Modelllegierung,
  • Zr47Cu47Al6 : Glasbildner (s. Abbildung 2).

Insgesamt konnten 283 Schmelzzyklen an den 5 Probensystemen (davon 2 Stahlproben) durchgeführt werden, darunter:

  • Messungen der elektrischen Leitfähigkeit und Dichte im festen sowie flüssigen Zustand der Proben,
  • Aufnahmen der Erstarrungskinetik mit einer Hochgeschwindigkeitskamera,
  • kalorimetrische Messungen zur Bestimmung der hemisphärischen Emissivität sowie spezifischen Wärmekapazität im festen sowie flüssigen Zustand der Proben,
  • Messungen thermophysikalischer Eigenschaften, i.e. der Viskosität und Oberflächenspannung über die Video-Aufnahme erzwungener Schwingungen der untersuchten Proben im flüssigen Zustand.

Die Erstarrungsexperimente wurden teilweise unter verschiedenen Konvektionsbedingungen durchgeführt, welche durch elektromagnetisches Rühren über unterschiedlich starke Applikation des Heizer-Feldes, während der Abkühlung der Schmelzen, erreicht wird. Das Einstellen unterschiedlicher Konvektionsbedingungen ist ein weiterer Vorteil gegenüber erdgebundenen Levitationsanlagen, da dort immer ein starkes elektromagnetisches Rühren präsent ist, um die die Probe gegen die Schwerkraft zu levitieren. In den EML Experimenten kann dadurch der Einfluss der Konvektion auf die Erstarrung modelliert werden.

Verschiedene Kühlraten konnten zudem durch Prozessierung unter Ultrahochvakuum (189 Experimentzyklen) oder Gasatmosphäre, i.e. in Argon- (82 Experimentzyklen) bzw. Helium-Atmosphäre (12 Experimentzyklen) erreicht werden. Auch der mögliche Einfluss verschiedener Überhitzungen beim Aufschmelzen auf die erreichten Unterkühlungen beim Erstarren wurde untersucht.

Die High-Speed-Kamera im EML erlaubt Aufnahmen mit bis zu 45 kHz Aufnahmerate, um die schnellen Erstarrungsprozesse untersuchen zu können. Aufgrund der mehrsekündigen Verzögerungen der Prozessbeobachtung bzw. Kommandierung, die sich aufgrund des Datenpfades durch das Bodensegment über die TDRIS-Satelliten im Orbit, bis zum EML auf der ISS und zurück ergeben, werden die Hochgeschwindigkeitskameraaufnahmen über eine softwaretechnische Erstarrungserkennung – anders als im Bodenlabor oder im Parabelflug - automatisch getriggert. Die beobachteten Unterkühlungen der erstarrten Schmelzen reichten tief bis zu 290 Kelvin.

Die Messungen wurden nachts durchgeführt, während des offiziellen „Crew-Sleep“ auf der ISS, um den Einfluss der Crewaktivitäten auf die Restbeschleunigungen in Columbus möglichst klein zu halten. Unterstützende Crew-Aktivitäten während der Tagzeiten umfassten mechanische Änderungen des Kameramodus sowie der Gaskonfiguration

Sämtliche Experimente wurden vor der Experimentdurchführung in einem Bodenbegleitprogramm detailliert am DLR-MP am Kölner Standort geplant und validiert.