Kräfte meistern mit Leichtigkeit - herone
Gewicht zu sparen, ist ein probates Mittel, um Flugzeuge effizienter und nachhaltiger zu machen. Davon ist Christian Garthaus überzeugt. „Denn mit jedem Kilo, das wir einen großen Verkehrsflieger leichter machen, sparen wir über seinen Lebenszyklus etwa 3 Tonnen Kerosin“, rechnet der Leichtbau- und Kunststofftechnikingenieur vor. „Das sind ungefähr 10 Tonnen CO2 – also in etwa der jährliche Fußabdruck eines Bundesbürgers.“
Die Krux mit der Krafteinleitung
Hier anzusetzen und damit Teil einer nachhaltigen Luftfahrt von morgen zu werden, treibt ihn schon seit seiner Zeit als Wissenschaftler an der Technischen Universität Dresden an. Dafür hat er sich eine Materialgruppe vorgenommen, die an sich schon innovativ und vor allem leicht ist – Verbundwerkstoffe aus Kohlefasern (CFK). Da gibt es klassische, bei denen die Kohlefasern in einen duroplastischen Kunststoff eingebettet sind und dann ausgehärtet werden. „Das ist ein Zwei-Komponenten-Klebstoff“, erklärt er. „Den mischt man zusammen und wenn er einmal ausgehärtet ist, bleibt er für immer in dieser Form.“ Und es gibt die thermoplastischen Komposite, die sich auch später noch umformen lassen, wenn man sie erwärmt.
An diesen forschte Christian Garthaus mit seinen Kollegen an der Universität bereits seit 2009. Schon damals mit Unterstützung des LuFo-Programms, betont er. Im Jahre 2018 wagte er zusammen mit seinen beiden Mitgründern dann den Schritt in die Wirtschaft. Gemeinsam gründeten sie die herone GmbH. LuFo stand ihm auch jetzt zur Seite. „An der TU haben wir einen Prozess entwickelt, mit dem wir thermoplastische Komposit-Profile herstellen und anschließend mit einer Funktionalität versehen können“, sagt er. Im Grunde genommen sind das Rohre, an deren Enden Verbindungselemente angebracht sind. Und das ist bei Faserverbunden eine Herausforderung. „Komposite sind sehr gut dazu geeignet, Kräfte von A nach B zu übertragen“, erklärt Christian Garthaus. Das ermöglicht leichte und überaus robuste Rohrleitungen, Antriebswellen, Zugstangen oder Streben. „Die Schwierigkeit besteht darin, die Kräfte in das Bauteil einzuleiten.“ Das geht zum Beispiel, indem man Verbinder aus Metall an die Rohre annietet oder anklebt. Doch das schafft nicht nur zusätzliche Schwachstellen, es erhöht auch wieder das Gewicht.
Kompetenzerwerb und Vertrauensaufbau
Bei einer Lösung des Problems spielt den Ingenieuren der thermoplastische Vorteil in die Karten, wie es der Leichtbau- und Kunststofftechnikingenieur gern nennt. Den Fakt, dass das Material bei Wärme wieder verformbar und schweißbar ist, nutzt er aus. In einer Art Spritzgussverfahren bringt er die Krafteinleitungselemente wie zum Beispiel Verzahnungen aus Kunststoff direkt ins Profil auf. Dass es funktioniert, haben er und sein Team in einer Laboranlage unter Beweis gestellt. „In unserem neuen LuFo-Projekt wollten wir nun unser Verfahren so weiterentwickeln, dass wir die Halbzeuge kontinuierlich herstellen und die verschiedenen Funktionen anschließend automatisiert dort anspritzen können“, sagt er. „Und wir wollten die Tragfähigkeit der Bauteile unter Beweis stellen.“
Für das junge Unternehmen war das eine spannende und herausfordernde Zeit. Mit dem Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden hatten sie einen Partner aus der Forschung an ihrer Seite. Mit dem Werkzeugbauer HPF war noch ein weiteres KMU aus der Region mit im Boot. Als assoziierte Partner standen ihnen Boeing und der Polymerhersteller Victrex zur Seite. Die Konstellation war für Christian Garthaus schon etwas Besonderes.
Zwei KMUs und ein Universitätsinstitut konnten hier die Kompetenz erwerben, innovative Luftfahrtbauteile herzustellen
sagt er. „Und wir hatten die Möglichkeit, mit den großen Playern der Branche zusammenzuarbeiten und dadurch auch Vertrauen aufzubauen.“ Für ihn ist das ein großer Pluspunkt des LuFo-Programms. Denn Vertrauen, weiß er, sei in der Luftfahrt enorm wichtig.
Kraftvoll wie zwei Sportwagen
Ausgezahlt hat sich die Zusammenarbeit am Ende für alle Beteiligten. Nicht nur, dass bei herone in Dresden jetzt eine Anlage für die semi-kontinuierliche Herstellung von Profilen ihren Betrieb aufgenommen hat. Die intensiven Tests im Rahmen des LuFo-Förderprogramms haben den innovativen Bauteilen auch ihre Robustheit bestätigt. Christian Garthaus hält eine 45 mm durchmessende Antriebswelle mit angespritzten Krafteinleitungselementen in seiner Hand. Damit konnten im Test bis zu 1.450 Newtonmeter übertragen werden, meint er und freut sich. Denn das sei das doppelte Drehmoment eines Sportwagens. „Wir sind ja noch ein junges und mit 18 Leuten auch recht kleines Unternehmen“, sagt er. „Ohne LuFo hätten wir keine Chance gehabt, ein Thema auf so einem niedrigen Technology Readiness Level aus eigener Kraft eine Stufe höher zu entwickeln.“
Text: Kai Dürfeld
Kontakt:
herone GmbH
Dr. Christian Garthaus
E-Mail: christian.garthaus@herone.de
Telefon: 0174 9190 621
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