14. Juli 2015

Sprechende Ampeln für die Stadt der Zukunft – DLR und Partner geben erste Einblicke in das Projekt UR:BAN

Foto: UR:BAN

Welche Sprache spricht die Ampel der Zukunft, damit alle Autos sie verstehen können? Diese Frage bearbeitet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Projekt UR:BAN, das Lösungen für den sicheren und effizienten Verkehr in der Stadt entwickelt. Bei der Halbzeitpräsentation am 14. Mai 2014 im DLR Braunschweig gaben alle 31 Partner des Projekts in Demonstrationsfahrzeugen, Simulatoren und Exponate erste Einblicke in die dafür entwickelten Systeme.

Die Forschungsinitiative UR:BAN (Urbaner Raum: Benutzergerechte Assistenzsysteme und Netzmanagement) möchte die Fahrer von PKW und Nutzfahrzeugen im Stadtverkehr vorausschauend, der Situation entsprechend und individuell unterstützen. Das DLR arbeitet in diesem Projekt an der so genannten Car2X-Kommunikation, also der Kommunikation zwischen dem Auto und der Straßeninfrastruktur. Die Ampeln sollen bald herstellerunabhängig mit allen Autos "sprechen" können.

So kann die Ampel der Zukunft beispielsweise eine Information an umgebende Fahrzeuge kommunizieren, die sie von einem intelligenten Leitkegel erhält. Diese besondere Pylone kann "sprechen", ist mit der Ampel vernetzt und kann gezielt durch Einsatzkräfte aufgestellt werden: Geschieht im Umfeld einer Kreuzung ein Unfall oder blockiert eine Baustelle einen Fahrstreifen, kann er diese Information an die Ampel schicken, die wiederum den Hinweis an die Verkehrsteilnehmer im Umfeld sendet. Damit kann ein Auffahren verhindert oder ein Umfahren empfohlen werden. Mit Hilfe der vom DLR erarbeiteten „Sprache“ wird solch ein intelligenter Leitkegel in UR:BAN vom Institut für Automation und Kommunikation Madgeburg (ifak) entwickelt.

Die verbleibende Zeit der Rot- oder Grünphase ist eine andere Information, die eine Ampel an Fahrzeuge übermitteln kann. "Mit Hilfe dieser Information kann das Auto dann seine Geschwindigkeit anpassen und unnötige abrupte Halts vermeiden", veranschaulicht Prof. Dr. Karsten Lemmer vom DLR- Institut für Verkehrssystemtechnik die Nutzung von Car2X-Kommunikation. "Eine solche Fahrweise ist energiesparend und reduziert zugleich den Schadstoffausstoß in Städten", legt er die Vorteile solch zukünftiger Assistenzsysteme dar. Eine weitere Möglichkeit, die in UR:BAN von der Volkswagen AG entwickelt und vom DLR unter anderem auf ihre Auswirkungen untersucht wird, ist eine Halte- und Anfahrassistenz. Dabei hält das Fahrzeug schon mehrere Meter vor der Haltelinie. Dann kann es mit der Information über die nächste Grünphase vorzeitig anfahren und die Haltelinie fahrend bei Grün überqueren, was die Anzahl der Fahrzeuge pro Grünphase erhöhen kann.

Verstehen nicht-sprechende Autos, was sprechende Autos tun?

Was passiert aber, wenn ein intelligentes Fahrzeug bei Rot weit vor der Haltlinie stehen bleibt, weil es die Haltlinie bei Beginn der Grünphase schon fahrend überqueren möchte? Wie reagiert der Fahrer dahinter und wie wiederum dessen Nachfolger? Sind die anderen Fahrer irritiert, wenn das ungewöhnlich haltende Auto noch bei Rot losfährt? Oder nutzen die umgebenden Fahrzeuge das Mehr an Information des intelligenten Fahrzeugs und passen ihr Fahrverhalten an?

Diese und weitere Fragen werden im kooperativen Simulationslabor MoSAIC des DLR-Instituts für Verkehrssystemtechnik untersucht. MoSAIC verbindet mehrere Fahrsimulatoren miteinander, so dass mehrere Probanden gemeinsam in einer Simulationsumgebung fahren. Damit kann das Verhalten der Fahrer und ihre Reaktionen aufeinander und auf die neuen Systeme untersucht werden.

Den konkreten Untersuchungen gehen methodische Überlegungen voraus, wie man Interaktionen im urbanen Straßenverkehr überhaupt beobachten, messen und abbilden kann. In UR:BAN wird dabei sowohl die Interaktion PKW-PKW in der vernetzten Fahrsimulation als auch die Interaktion PKW-Fahrrad in einer Feldbeobachtung an der AIM-Forschungskreuzung in Braunschweig untersucht. Dies liefert Informationen darüber, wie Verkehrsteilnehmer interagieren, um damit einerseits Anforderungen an die Gestaltung kooperativer urbaner Assistenz abzuleiten, andererseits die bestehenden Verkehrssimulationen für kooperative Systeme zu verbessern.

Das Projekt UR:BAN läuft über vier Jahre, bis 2016, und ist mit einem Budget von 80 Millionen Euro ausgestattet. Die Hälfte davon trägt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Es sind 31 Partner aus Automobil- und Zuliefererindustrie, Forschung, Elektronik- und Softwarefirmen beteiligt.

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