Next Generation Railway System

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Die Forderung ist aktuell und unmissverständlich: Die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene muss erhöht werden. Ein wichtiger Schlüssel hierfür ist eine wirtschaftliche und leistungsfähige Leit- und Sicherungstechnik. Das DLR entwickelt im Kontext der Bahnautomatisierung innovative Technologien, Methoden und Konzepte für das System Bahn. Seine betriebliche, technische und wirtschaftliche Optimierung ist das Ziel. Die Motivation: Den Schienenverkehr sicher, effizient, umweltfreundlich und wettbewerbsfähig gestalten.
Das leistungsfähige und wirtschaftliche Eisenbahnsystem der Zukunft betrachten wir dabei als integraler Bestandteil und stabiles Rückgrat einer intermodalen Mobilität. Für das Erreichen der europäischen Klima- und Nachhaltigkeitsziele spielt der Schienenverkehr so eine zentrale Rolle. So soll z.B. eine Verlagerung von 30% des Güterverkehrs bei Distanzen über 300km von der Straße auf die Schiene bis 2030 erreicht werden. Dafür ist eine informations- sowie kommunikationstechnische und verkehrliche Vernetzung sowie eine weitreichende Digitalisierung unerlässlich.
Um das System Schiene für den Nutzer attraktiv zu gestalten, ist eine hohe Betriebsqualität wichtiger Forschungsgegenstand, die für die Zuverlässigkeit des schnellen, bequemen Reisens auf einer störungsfreien Infrastruktur sorgt. Dazu wird an der weiteren Optimierung und Automatisierung von Betriebsabläufen und Instandhaltung geforscht. Das DLR erarbeitet Lösungen zur Reduzierung von Störungen, zur Minimierung von Ausfallzeiten und zur schnellen Rückkehr in den Fahrplan bei Abweichungen.
Der Mensch wird trotz oder gerade wegen der zunehmenden Automatisierung auch in Zukunft eine zentrale Rolle für eine hohe Betriebsqualität einnehmen. Für den Bediener (z.B. Fahrdienstleiter, Triebfahrzeugführer) müssen die immer komplexeren Systeme so gestaltet werden, dass eine einfache Bedienbarkeit, klare und situationsrelevante Informationen sowie eine Unterstützung in kritischen Situationen gegeben sind.
Für die wirtschaftlichen Optimierung des Bahnsystems müssen die Standardisierung von Systemen und die Automatisierung der Zulassung vorangetrieben werden. Um dem Schienenverkehr für die Bewältigung des steigenden Verkehrsaufkommens zu rüsten und umweltfreundlich zu gestalten, untersucht das DLR technologische Trends auf ihre Anwendbarkeit für den Bahnsektor.
Digitales Bahnsystem: BigData sammeln und nutzbar machen

Das Sammeln großer Datenmengen zur Ableitung von Erkenntnissen ist der große Mehrwert der zunehmenden Digitalisierung. Auch das System Bahn kann von BigData profitieren. Hierfür entwickelt das DLR Verfahren und Tools von der Datenerfassung (Sensorik) über die Fusion und Anreicherung bis zur Datenauswertung und -nutzung. Zentrale Werkzeuge für die Datenerfassung sind hierbei günstige Off-the-Shelf-Lösungen, mit denen Daten schnell, günstig und flexibel auf Regelzügen erhoben werden können.
Für die Überprüfung des Schienennetzes bietet dieser Ansatz eine Alternative zum aufwändigen und teuren Einsatz von Messzügen. Gleichzeitig bedeutet er eine enorme Steigerung der Datenquantität, wenn Daten vieler Regelzugfahrten über das gesamte Streckennetz die punktuelle Einzelmessung anreichern. Analysiert man diese Daten mit intelligenten Algorithmen, kann die Wartung und Instandhaltung der Schieneninfrastruktur mithilfe der Digitalisierung so einen Quantensprung erfahren, wenn anstelle von festen Intervallen bedarfsorientiert und präventiv gewartet wird. Das reduziert Kosten, macht die Personal- und Ersatzteilplanung effizienter und beugt Ausfällen und damit auch Verspätungen vor.
Der Schlüssel für diesen BigData-Ansatz: Die Erfassungstechnik passt in einen kleinen Koffer. Darin ist eine Software-Plattform enthalten, die die Daten aufzeichnen, in Echtzeit auswerten und gefilterte Informationen zu einer zentralen Datenplattform kommunizieren kann. Angeschlossen werden können je nach Bedarf verschiedenste Sensoren wie Kamera, Mikrofon, Inertialsensorik oder GNSS-basierte Ortungskomponenten. Auf diese Weise werden hochfrequente Daten gesammelt. So werden zum Beispiel Vibrationen gemessen, anhand derer Gleisfehler erkannt werden können. Oder es wird mit einem integrierten Mikrofon der Lärmpegel aufgezeichnet, was bei umfangreichen Daten eine netzweite Übersicht der Lärmemissionen ergeben kann. Über die Zeit betrachtet, erlaubt auch dies wieder Rückschlüsse auf beschädigte Gleise. Messungen des Energieverbrauchs entlang der Strecke können Optimierungspotentiale für Fahrerassistenzsysteme aufzeigen. Eine permanente Ortung der Fahrzeuge ermöglicht eine Echtzeitbetrachtung der gesamten Auslastung des Netzes und der Fahrtrichtungen der Fahrzeuge. Damit wird ebenfalls ein Grundstein für die kommende Automatisierung des Verkehrs gelegt. Die erfassten Daten werden per GSM an einen Server übermittelt, der die Datenanalyse aller Daten über einen längeren Zeitraum ermöglicht. Eine zukünftige Prognose der Veränderung einer Infrastruktur rückt durch die langfristige Datenerfassung in greifbare Nähe. Die vielseitige Software kommt auf unterschiedlichen Systemen zum Einsatz. Sie kann z.B. aktuelle Positionsdaten von einem Smartphone senden. Oder sie kann in Baustellenlampen integriert selbständig Beginn und Ende einer Baustelle in einem digitalen Bahnsystem markieren, was Fahrdienstleitern und Triebfahrzeugführern als Gefahrenstelle visualisiert werden kann.
Modellbasiertes Testen digitaler Leit- und Sicherungstechnik

Das DLR besitzt seit vielen Jahren Erfahrung mit dem Testen von On-Board-Units. In seinem akkreditierten Labor RailSiTe® wird dabei geprüft, ob diese zugseitigen Computer mit dem standardisierten europäischen Zugsicherungssystem ETCS konform sind.
Doch woher kommen eigentlich die Testfälle, die eine On-Board-Unit zu bestehen hat? Wie beim Testen heute üblich, werden sie von Testexperten aus der Systemspezifikation abgeleitet. Das ist aufwändig und resultiert bei komplexen Systemen in einer Vielzahl von Testfällen – für die On-Board-Unit sind es aktuell 1800. Und trotzdem kann es dabei passieren, dass wichtige Teile des Systems nicht durch die Testfälle abgedeckt werden.
Modellbasiertes Testen
Hier setzt die Forschungsaktivität des DLR zum modellbasierten Testen von Leit- und Sicherungstechnik der Eisenbahn an: liegt eine Systemspezifikation in Form eines Modells vor – wie dies für die Schnittstellen der neuen digitalen Stellwerke der Deutschen Bahn der Fall ist –, ist es prinzipiell möglich, daraus automatisiert einen Satz an Testfällen zu generieren, der das Modell vollständig abdeckt. Dies nutzbar zu machen, ist Ziel dieser Forschungsaktivität.
In einem ersten Schritt wurde am DLR eine Komponente der Leit- und Sicherungstechnik, das ebenfalls zu ETCS gehörige Radio Block Center, modelliert. Das Verhalten wurde dabei in SysML Zustandsdiagrammen abgebildet. Das Modell kann für beliebige Streckenabschnitte konfiguriert werden, woraus im Anschluss ein lauffähiges Radio Block Center generiert werden kann. Auf diese Weise konnte das Modell in die Eisenbahnbetriebssimulation des RailSiTe® Labors eingebunden und für eine Beispielstrecke validiert werden.

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Das validierte Komponentenmodell kann nun als Referenz für echte Implementierungen dienen. Oder es können Testfälle daraus generiert werden; dazu ist ein geeigneter Testfallgenerator zu wählen. Wie geeignete Modelle und Generatoren aussehen können, um Komponenten der Leit- und Sicherungstechnik mit möglichst hoher Abdeckung und für den Einsatz auf beliebigen Streckenabschnitten zu testen, daran forscht das DLR aktuell.
Schnittstellen- und Systemtests
Zugleich sollen die Erfahrungen mit dem Testen von On-Board-Units auf andere Komponenten übertragen werden: für die bereits genannten Schnittstellen der digitalen Stellwerke ist es ebenso wie für ETCS-Komponenten essenziell, dass sie standardkonform sind. Denn künftig sollen Komponenten verschiedener Hersteller wie Bausteine zusammengesetzt werden können, um zuverlässig den Bahnverkehr zu sichern und zu leiten. Durch die erfolgreiche Einbindung eines Lichtsignals und des oben beschriebenen Radio Block Center Modells in die Eisenbahnbetriebssimulation des RailSiTe® Labors sind die ersten Schnittstellen – neben derjenigen zur On-Board-Unit – bereits testbar. Gleichzeitig sind dies wichtige Schritte hin zu vollständigen Systemtests im Labor, die künftig teure Feldtests zum Zusammenspiel realer Eisenbahnsignalanlagen ersetzen sollen.

PeriLight – Blitzlicht zur Blicklenkung von Autofahrern an Bahnübergängen

Mit PeriLight hat das DLR ein System entwickelt, das die Aufmerksamkeit der Autofahrer an nicht-technisch gesicherten Bahnübergängen erhöhen und so das Unfallrisiko reduzieren soll. Denn Unfälle an Bahnübergängen haben meist schwerwiegende Folgen. Etwa jeder vierte Unfall endet tödlich. Besonders an unbeschrankten Bahnübergängen ist die Unfallgefahr sehr hoch. Etwa 95 Prozent aller Unfälle an Bahnübergängen sind auf ein Fehlverhalten der Straßenverkehrsteilnehmer zurückzuführen. Unkenntnis, Unaufmerksamkeit und Leichtsinn sind die Hauptgründe für Kollisionen. Forschungsergebnisse des DLR haben gezeigt, dass ein Großteil der Straßenverkehrsteilnehmer an nichttechnisch gesicherten Bahnübergängen nicht nach einem sich nähernden Zug schaut. Mit PeriLight – einem System zur Blicklenkung – hat das DLR eine technische Ergänzung zur bestehenden passiven Sicherung an unbeschrankten Bahnübergängen entwickelt. Autofahrer sollen durch PeriLight dazu veranlasst werden, nach links und rechts zu schauen, um so einen herannahenden Zug rechtzeitig wahrnehmen zu können und zu bremsen.

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Zentrale Elemente von PeriLight sind zwei LED-Blitzlichtquellen, die neben den Gleisen, etwa 50 Meter links und rechts des Bahnübergangs angeordnet sind. Passiert der Autofahrer einen Sensor, der sich 80 Meter vor dem Bahnübergang befindet, wird PeriLight automatisch ausgelöst. Die Lichter pulsieren zehnmal im Wechsel links und rechts mit weiß und pink –– und ziehen dadurch die Aufmerksamkeit des Verkehrsteilnehmers in ihre Richtung. PeriLight macht sich automatische Prozesse der visuellen menschlichen Informationsverarbeitung zunutze. Das pulsierende Licht im peripheren Gesichtsfeld löst eine automatische Neuausrichtung der visuellen Aufmerksamkeit des Straßenverkehrsteilnehmers in Richtung der Lichtquelle aus. Das korrekte Verhalten am Bahnübergang, der Blick nach links und rechts, wird so instinktiv ausgelöst. Bei der InnoTrans 2016 kann PeriLight in der Rolle des Autofahrers in einem Fahrsimulator selbst ausprobiert werden.
Die Nachrüstung klassischer Sicherungssysteme an Bahnübergängen ist generell sehr kostspielig, unter anderem durch die Einbindung dieser Systeme in die Leit- und Sicherungstechnik der Bahn. PeriLight hingegen funktioniert vollkommen unabhängig von jeglicher Bahninfrastruktur, da es nicht durch den Zug, sondern durch den Straßenverkehrsteilnehmer ausgelöst wird. Der nichttechnisch gesicherte Bahnübergang ist per Definition durch seine Beschilderung und die Freihaltung des Sichtdreiecks „gesichert“. PeriLight ist durch seine Unabhängigkeit von der Leit- und Sicherungstechnik ein Zusatzsystem, das überaus kostengünstig die existierenden technischen Sicherungssysteme an kritischen unbeschrankten Bahnübergängen ergänzen könnte.