Technik, die in einen Koffer passt

Messfahrten zur Überprüfung des Schienennetzes kosten die Bahnen viel Geld und sind sehr aufwändig. Doch warum viel Aufwand betreiben, wenn es auch einfach geht? Das Institut für Verkehrssystemtechnik in Braunschweig packt die Technik in einen Koffer und fährt los.
Der Zustand des deutschen Schienennetzes muss ständig überprüft werden, um einen sicheren und zuverlässigen Transport der Fahrgäste gewährleisten zu können. Dafür verwenden die Bahnen sogenannte Messzüge, die auf extra gesperrten Streckenabschnitten die Gleise kontrollieren - das ist mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden. Oft werden dabei Beschädigungen festgestellt, die zudem eine kostspielige Reparatur notwendig machen. Das Institut für Verkehrssystemtechnik hat für all diese Probleme eine einfache Lösung entwickelt:
Messungen auf dem "Arbeitsweg"
Mit dem RailDriVE® – ein sogenanntes Zweiwegefahrzeug – testet das Institut schon seit vielen Jahren unter realen Bedingungen neue Ortungskomponenten zur Bewertung von Fehlereinflüssen und misst Streckenabschnitte hochgenau ein. Doch was passiert mit all den Daten, die das RailDriVE® sammelt? Hierfür haben die Braunschweiger eine Software entwickelt, die alle Daten aufzeichnen und in Echtzeit auswerten kann. Die Daten laufen in einen Server ein und werden über längere Zeit ausgewertet. Schließlich können die Wissenschaftler sehen, an welcher Stelle der Zug beispielsweise seine Geschwindigkeit anpassen müsste, um an bestimmten Streckenabschnitten energieeffizient zu fahren. Der Clou bei der Sache: Die Software ist ein minimales System, das in einen simplen Koffer passt. Der Koffer, den die Braunschweiger „Big Boy“ nennen, kann mit einem Mikrofon, einer Kamera und entsprechenden Sensoren ausgestattet werden. Big Boy ist in der Lage Messungen durchzuführen, ohne dass dafür eine komplette Strecke extra gesperrt werden muss. Die Messungen sind dadurch extrem kostengünstig, da Regelzüge auf ihrem ganz normalen „Arbeitsweg“ für Big Boy als Messfahrzeuge dienen.
Big Boy bietet viele Möglichkeiten
Innenansicht von Big Boy |
Big Boy sammelt hochfrequente Daten: Er misst zum Beispiel Vibrationen, anhand derer er Gleisfehler erkennen kann oder er zeichnet mit einem kleinen integrierten Mikrofon den Lärmpegel auf. Dadurch können die Forscher genau aufzeigen, wo in Deutschland die meisten Lärmemissionen zu verzeichnen sind, die auch durch beschädigte Gleise ausgelöst werden können. Diese und noch viel mehr Funktionen ermöglichen ein schnelles und vor allem präventives Eingreifen bei der Fehlererkennung, bevor hohe Kosten entstehen.
Doch die Software kann noch viel mehr, als nur in einem Koffer mitfahren und Daten sammeln: Sie passt auch als App in ein Smartphone und kann von dort aktuelle Positionsdaten an den Server senden. Oder die Wissenschaftler integrieren sie als sogenannten Worker in eine Baustellenlampe, um mit ihr die Länge von Baustellen anzuzeigen. Dadurch können die Wissenschaftler in Echtzeit eine Gefahrenstellenwarnung ausgeben. Die Möglichkeiten, die sich durch diese kleine aber feine Software ergeben, sind vielfältig.