Umweltfreundlicher ÖPNV perfekt optimiert

AIM-Mendel
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Elektrobusse sind eine umweltfreundliche Alternative zu Dieselfahrzeugen. In rund 20 deutschen Städten testen die Verkehrsunternehmen bereits den Einsatz von E-Bussen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). In Braunschweig fährt seit 2014 der kabellose Elektrobus „emil“. Während die Fahrgäste ein- und aussteigen, lädt der Bus an bestimmten Haltestellen im Liniennetz. Ein reibungsloser Betrieb ist somit gesichert. Doch die neue Technologie stellt die Verkehrsunternehmen auch vor große Herausforderungen: „Aktuell im ÖPNV eingesetzte Elektrobusse bewältigen ihre tägliche Fahrleistung wegen der aus wirtschaftlichen und technischen Gründen begrenzten Batteriekapazitäten nur mithilfe von kurzen Zwischenladevorgängen mit hohen Energieleistungen“, erklärt Jan Trumpold, verantwortlicher Teilprojektleiter des DLR-Instituts für Verkehrssystemtechnik. „Wenn zukünftig ganze Busflotten elektrisch betrieben werden, müssen dementsprechend viele Busse gleichzeitig geladen werden - daraus ergibt sich ein zeitweise hoher Energieleistungsbedarf“, so Trumpold. Die bisherige Durchführung der Ladevorgänge führt erstens zu hohen Kosten für die permanente Vorhaltung dieser Leistung durch den Stromnetzbetreiber (Leistungspreis). Zweitens erfordert dies einen verstärkten Ausbau des Stromverteilnetzes.

Vorfahrt für den ÖPNV

Genau hier setzt das Projekt MENDEL (Minimale Belastung elektrischer Netze durch Ladevorgänge von Elektrobussen) an: Die Wissenschaftler erarbeiten ein Systemkonzept, das erstmals die zwei Domänen Intelligentes Stromnetz (Smart Grid) und Intelligentes Verkehrssystem (ITS) mittels Automatisierung miteinander verknüpft. In einem sogenannten Smart Traffic Center sollen Informationen aus den Verkehrsrechnern zur Ampelsteuerung sowie der Leittechnik des ÖPNV zusammenlaufen und das Bindeglied zwischen dem Stromnetz und dem Verkehrssystem bilden. Diese Informationen werden dann in Echtzeit ausgewertet und können durch intelligente Assistenzsysteme an den Fahrer weitergeleitet werden.

„Mit den Informationen aus dem Smart Traffic Center können wir beispielsweise die genaue Position und den aktuellen Ladezustand der Elektrobusse erfassen und in Echtzeit auswerten“, erklärt Trumpold. „So kann der Busfahrer während der Fahrt Informationen darüber erhalten, wo er wann und wie lange laden muss -  das Ganze natürlich möglichst stromsparend und effektiv.“ Auch die Rotphasen der Ampelanlagen sollen mit dem neuen Systemkonzept vorhergesagt werden können und dem Bus über ein Assistenzsystem eine Geschwindigkeitsempfehlung liefern, damit er keine unnötigen Bremsvorgänge an der entsprechenden Ampel vornehmen muss. Halte an Ampeln und die damit verbundenen Brems- und Beschleunigungsvorgänge sind wesentliche Faktoren für die Erzeugung von Schadstoff- und Geräuschemissionen im städtischen Verkehr. „Des Weiteren kann auch der Bus mit der Ampelanlage kommunizieren, ihr seine Position mitteilen und auf eine entsprechende Bevorrechtigung aus dem Smart Traffic Center warten, damit er möglichst energieeffizient und bei Grün über die Ampel fahren kann“, so Trumpold weiter. Diese und noch viele weitere Szenarien sind mit dem Smart Traffic Center denkbar und werden in dem Verbundprojekt gemeinsam mit den Projektpartnern erarbeitet.

Alle Verkehrsteilnehmer profitieren

„Die umfangreichen Daten, die uns durch das Smart Traffic Center zur Verfügung stehen, bieten ein enormes Potenzial zur Optimierung der Fahrstrategien aller Verkehrsteilnehmer", weiß Trumpold. „Nicht nur der ÖPNV, sondern auch der motorisierte Individualverkehr und sogar Radfahrer und Fußgänger können von unserer Forschung zukünftig profitieren.“ Doch bevor das soweit ist, muss das von den Wissenschaftlern entwickelte Gesamtsystem erst in der Simulation und anschließend auf der Straße auf Herz und Nieren getestet werden. Das DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik bietet dazu mit der mikroskopischen Verkehrsflusssimulation SUMO und der Anwendungsplattform Intelligente Mobilität die perfekten Voraussetzungen für die Simulation und die prototypische Erprobung des Systems im realen Straßenverkehr: Zuerst werden das Verkehrsszenario und die Belastungen für das Stromnetz in der Simulation nachgestellt. Anschließend stehen den Wissenschaftlern eine mehr als 12 km lange Teststrecke für Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation und insgesamt 36 für den Betrieb kooperativer Fahrerassistenzsysteme ausgerüstete Ampelanlagen für Versuche in der realen Umgebung zur Verfügung.

Bis Ende 2018 läuft das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderte Projekt noch. Danach soll die Einführung von Elektrobussen in die bestehende Flotte eines Verkehrsbetriebs oder sogar die komplette Umstellung von konventionellen Dieselbussen und E-Bussen erleichtert werden. Das Systemkonzept, das die Wissenschaftler in MENDEL entwickeln, soll hinterher als prototypische Software mit standardisierten Schnittstellen auf andere Städte übertragbar sein.

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