Von Car2X zu Rail2X – Wenn die Straße mit der Schiene spricht

Die intelligenten Autos der Zukunft kommunizieren miteinander und mit der umliegenden Infrastruktur. Die Technologie dahinter nennt sich Car2X und bringt uns dem Ziel, den Verkehr effizienter zu gestalten und dem steigenden Wunsch nach mehr Komfort gerecht zu werden, ein großes Stück näher. Das DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik wendet die Car2X-Technologie jetzt erstmals verkehrsträgerübergreifend für die Kommunikation zwischen der Schiene und der Straße an.

An Car2X-Technologien forschen die Wissenschaftler des DLR-Instituts bereits seit vielen Jahren. Mit der Anwendungsplattform Intelligente Mobilität (AIM) stehen ihnen dafür unter anderem eine Forschungskreuzung, eine Car2X-Referenzstrecke auf dem Braunschweiger Innenstadtring und verschiedene Simulatoren zur Verfügung. Auf der Referenzstrecke forscht das Institut bereits seit 2011 - neben vielen anderen Projekten - auch an energieeffizientem Fahren mit einem sogenannten Grüne-Welle-Assistenten. Die Ampeln an der Strecke senden dabei dem Fahrzeug die verbleibende Restrot- und Restgrünzeit. Das Assistenzsystem liefert die passende Geschwindigkeitsempfehlung.   

Wenn Fahrzeuge miteinander sprechen

Mit Car2X ausgestattete Fahrzeuge können nicht nur naheliegende Informationen erfassen, sondern sie erhalten auch Informationen über Aktivitäten außerhalb des Sichtbereichs des Fahrers. So können beispielsweise Unfälle, die durch Geisterfahrer verursacht werden, nahezu ausgeschlossen werden. Die Fahrzeuge können untereinander Warnmeldungen austauschen, eine frühzeitige Notbremsung einleiten und den Fahrer rechtzeitig auf die Situation hinweisen. Das kann durch eine akustische oder eine optische Warnmeldung im Cockpit erfolgen.

Im englischsprachigen Raum ist der Begriff Vehicle2X geläufig. Dieser Sprachgebrauch verdeutlicht ein wenig mehr den Nutzen, den diese Technologie verkehrsträgerübergreifend für ein gesamtes intelligentes Transportsystem mit sich bringt. Weiterzudenken sind beispielsweise Rail2X-, Ship2X- oder Airplane2X-Systeme. Die Wissenschaftler des Instituts für Verkehrssystemtechnik betrachten derzeit die Anwendung der Technologie auf das Transportmittel Bahn und erforschen die Möglichkeiten, die Car2X-Standards - übertragen auf die Schiene - mit sich bringen könnten.

Kommunikation zwischen Auto und Schiene bietet viele Möglichkeiten

Bringt man die Technologie auf die Schiene, dann könnte ein herannahender Zug künftig dem Bahnübergang die Information übermitteln, wann er diesen passiert. Der Autofahrer erhält zeitgleich von dem Bahnübergang eine Warnmeldung in seinem Head-Down-Display und kann dementsprechend frühzeitig reagieren. Ein Zug könnte so an einem Bahnübergang nicht mehr übersehen und meist tödlich endende Unfälle vermieden werden.

Doch auch viele weitere Szenarien sind mit der Rail2X-Technologie denkbar: Die Forscher arbeiten derzeit auch an einer entsprechenden Meldung für den Triebfahrzeugführer, der in seinem Cockpit darüber informiert wird, ob der bevorstehende Bahnübergang bereits gesichert ist und er ungehindert passieren kann.

Ein anderes Szenario könnten Bedarfshalte bei regionalen Bahnen sein: Mittels Smartphone oder Knopf am Bahnsteig kann der Reisende dem herannahenden Zug mitteilen, dass er mitfahren möchte. Erhält der Zug keine Meldung, kann er den Bahnhof ohne Halt passieren. So können Zeit und Kosten gespart werden.

Und auch für die Wartung der Strecke und der Züge kann die Technologie verwendet werden: Die Braunschweiger Forscher haben dafür bereits ein System entwickelt, das so klein ist, dass es in einen Koffer passt und während der regulären Fahrt Messungen an den Gleisen durchführt. Wenn nun auch die Infrastruktur samt Schiene und Zug vernetzt sind, könnten Fehler schneller erkannt und beseitigt werden.

Erste Tests waren erfolgreich

Im Braunschweiger Hafengelände konnten die Wissenschaftler die Kommunikation zwischen einem Schienenfahrzeug und einem Straßenfahrzeug an einem Bahnübergang bereits erfolgreich testen: In einem PKW und im institutseigenen Zweiwegefahrzeug RailDriVE® wurde ein gesicherter Bahnübergang visualisiert und die Restrotzeit angezeigt. Damit der Zug jedoch auch außerhalb der Tests direkt mit dem Fahrzeug kommuniziert und die vielen möglichen Szenarien realisierbar werden, müssen die Car2X-Standards an die bestehenden Sicherheitssysteme der Bahn angepasst werden. 

Dieser Standardisierungsprozess läuft bereits und schafft zusammen mit den erlangten Erfahrungen der Braunschweiger Wissenschaftler eine ideale Grundlage für eine Adaption der Car2X-Technologie auf den Bahnverkehr. In einem Feldversuch bei der Erzgebirgsbahn soll die Technologie unter Einbeziehung regulärer Schienenfahrzeuge weiter untersucht werden.

Artikel zum Thema