Interview: 6 Fragen, 7 Antworten

„Ich entwickle Onboard-Software für Raumfahrtsysteme“

Jan Sommer

Studium: Space Sciences and Engineering (SpaceMaster)

Jetzt: Institut für Softwaretechnologie

Jan Sommer hat Space Sciences and Engineering (SpaceMaster) studiert. Seit 2015 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im DLR-Institut für Softwaretechnologie in der Abteilung Software für Raumfahrtsysteme und interaktive Visualisierung. Im Interview gibt er Einblicke in seine Aufgaben.

Jan, worauf freust du dich, wenn du morgens zur Arbeit kommst?

Jan: Unsere Abteilung deckt ein breites Themenspektrum ab. Daher freue ich mich immer über den Austausch mit den Kollegen aus den Nachbargruppen. Die gemeinsame Tasse Tee darf dabei natürlich nicht fehlen.

Woran forschst oder arbeitest du?

Jan: Ich beschäftige mich hauptsächlich mit Fragen zur Entwicklung von Onboard-Software für Raumfahrtsysteme. Das können Satelliten sein, Experimente auf Höhenforschungsraketen oder auch ein Experiment für die Internationale Raumstation (ISS).

Ein Großteil meiner Arbeit beschäftigt sich mit dem konkreten Design und der Entwicklung der Software für das jeweilige Projekt. Des Weiteren forsche ich aber auch zu neuen Techniken für die Entwicklung von zuverlässiger Software. Die Ergebnisse können dann auch direkt in die Projekte mit einfließen.

Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?

Jan: Die Hardware für unsere Experimente und Missionen sind alles Spezialentwicklungen. Daher ist auch die Software immer eine Maßanfertigung. Am Anfang eines Projektes muss ich mich deshalb erst einmal mit der Hardwareplattform vertraut machen. Dafür bekommen wir meist ein Entwicklungsboard für unseren Arbeitsplatz. Wenn erste Teile der Flughardware zur Verfügung stehen, finden damit weitere Softwaretests im Reinraum statt. Und zum Schluss steht dann natürlich der Flug des Experiments.

Die Onboard-Software spielt bei diesen Projekten eine wichtige Rolle, da es in der Raumfahrt in der Regel keine zweiten Chancen gibt

Ein großer Teil der Arbeit besteht allerdings auch einfach aus Kommunikation. Der Onboard-Computer ist eine zentrale Schaltstelle und kommuniziert mit vielen anderen Teilen des Systems. Das gleiche gilt dann auch für die Menschen der verschiedenen Arbeitsgruppen. Wir müssen uns entsprechend eng abstimmen, damit am Ende alles glatt läuft.

Wo und wie können deine Forschungsergebnisse/deine Arbeit eingesetzt werden?

Jan: Aktuell arbeite ich in den Projekten ReFEx, BECCAL und Alina mit. Bei ReFEx soll der Wiedereintritt einer Raketenerststufe getestet werden; bei BECCAL wollen wir ein Quantenexperiment auf der ISS betreiben und bei Alina unterstützen wir die PTScientists dabei auf dem Mond zu landen.

Die Onboard-Software spielt bei diesen Projekten eine wichtige Rolle, da es in der Raumfahrt in der Regel keine zweiten Chancen gibt. Wir müssen dabei eine Vielzahl von Sensoren und Aktuatoren zeitgenau ansteuern, damit die Raumfahrzeuge erfolgreich landen oder in die Atmosphäre eintreten können.

Was sind die Höhepunkte deiner Arbeit?

Jan: Für den Satelliten Eu:CROPIS waren meine Kollegen und ich bei der Entwicklung der Onboard-Software beteiligt. Beim Start ins All befanden wir uns deswegen auch im Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen, um in der kritischen Anfangsphase bei Fragen zur Onboard-Software zur Verfügung zu stehen. Der Schichtdienst in der Zeit war anstrengend, aber natürlich war es auch sehr befriedigend, das Resultat von drei Jahren Arbeit endlich fliegen zu sehen. Man leidet dabei auch bei jedem Ereignis zusammen mit dem Team.

Sehr befriedigend, das Resultat von drei Jahren Arbeit endlich fliegen zu sehen

Die Raumfahrt ist insgesamt eine relativ kleine und daher sehr internationale Branche. Dies sieht man auch immer bei Workshops oder Konferenzen. Dieses Jahr habe ich zum Beispiel die IEEE-Aerospace-Konferenz in Montana (USA) besucht und dort ein Paper präsentiert. Bei mehreren Hundert Vortragenden aus der ganzen Welt hat man dann auch die Möglichkeit, in allerhand Themen mal reinzuschnuppern.

Welche Spezialfähigkeit kannst du hier gut einsetzen?

Jan: Die Rolle von Software in Raumfahrtprojekten wird kontinuierlich größer und die Anforderungen an sie werden immer komplexer. Unsere Software muss jede Menge verschiedener Subsysteme steuern oder mit ihnen kommunizieren. Das bedeutet für mich natürlich auch, dass ich mich mit Kollegen aus entsprechend vielen verschiedenen Fachbereichen austauschen muss, um sie bestmöglich zu unterstützen. Mein Masterstudiengang war glücklicherweise recht breit und fachübergreifend angelegt, so dass ich die wichtigen Probleme der Ingenieure nachvollziehen kann.

Was ich noch sagen möchte:

Jan: Was sich für mich beim DLR im Vergleich zu Arbeitgebern im industriellen Umfeld unterscheidet, ist der vergleichsweise hohe Freiheitsgrad der Arbeit. Wir wissen zwar in unseren Projekten, wo wir hin wollen, wie genau wir dahin kommen ist aber in der Regel nicht vorgegeben, sondern Teil des Forschungsauftrags. Entsprechend einfach ist es daher, mit Eigeninitiative eigene Ideen in Projekte einzubringen und zu verwirklichen.