Im Einsatz für die Menschenrechte

Harald Schneider und Catherine Sinner
Harald Schneider und Catherine Sinner sind dafür zuständig, dass in allen Lieferketten die Menschenrechte beachtet werden.

Harald Schneider ist Menschenrechtsbeauftragter im DLR. Und Catherine Sinner ist „Human Rights Expert”. Zwei dienstliche Funktionen, die man in einer deutschen Forschungseinrichtung wahrscheinlich nicht unbedingt vermutet. Faire Löhne, Arbeits- und Gesundheitsschutz für alle Mitarbeitenden, Betriebsräte und natürlich weder Kinder- noch Zwangsarbeit – für das DLR ist das selbstverständlich. Und dennoch: Das DLR arbeitet mit rund 10.000 Lieferanten zusammen. Bestellt tagtäglich tausende von Produkten und Dienstleistungen, damit die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Beispiel Raketen mit Experimenten starten lassen, Roboter entwickeln, Solartürme betreiben oder die Fahrzeuge der Zukunft erforschen können. Und bei diesen Lieferanten könnte es vielleicht anders aussehen. „Seit dem 1. Januar 2023 gibt es das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und als öffentlich finanzierte Institution sehen wir uns in der Verantwortung“, sagt Harald Schneider. Das Lieferkettengesetz sieht vor, dass Unternehmen die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum Verkaufsprodukt - im Blick behalten und auf die Einhaltung der Menschenrechte achten müssen.

Risken erkennen und Maßnahmen entwickeln

Eigentlich sei das DLR nicht das Hauptziel der Bundesregierung mit dem Lieferkettengesetz, sagt Schneider. Da gäbe es andere wie beispielsweise Billigtextilhandelsketten, bei denen Kinderarbeit und schlechte Arbeits- und Umweltbedingungen in der globalen Lieferkette durchaus vorkommen. Aber selbst in einer deutschen Forschungseinrichtung könnte theoretisch an den verschiedensten Stellen etwas im Argen liegen. Kommt der Fisch, der in der Kantine auf dem Teller landet, wirklich nicht aus illegaler Fischerei? Oder stammen die Büromöbel aus illegalem Holzschlag? Und wenn das Foyer mit Marmor ausgestattet wird – kommt das Material vielleicht aus einem indischen Steinbruch, in dem Kinder arbeiten? Nichts davon ist bisher eingetreten, aber Harald Schneider und Catherine Sinner werden für die Zukunft – gemeinsam mit Abteilungen wie dem Einkauf, der Exportkontrolle oder dem Baumanagement – ein Risikomanagement einführen, entsprechende Präventionsmaßnahmen entwickeln, Vertragsbedingungen und Sonderkündigungsrechte anpassen, Kontrollmechanismen einführen und Schulungen konzipieren.

Von der Büroklammer bis zur Großforschungsanlage

„Das ist für eine Einrichtung wie das DLR eine komplexe Angelegenheit“, erläutert Human Rights-Expertin Catherine Sinner. „Die Herausforderungen war zunächst einmal: Wo fängt man überhaupt an?“ Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) unterstützt Unternehmen mit Handreichungen, die bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes helfen sollen. Berücksichtigt werden sollen das Verbot von Kinderarbeit, der Schutz vor Sklaverei und Zwangsarbeit, die Freiheit von Diskriminierung, der Arbeitsschutz, das Recht, Arbeitnehmervertretungen zu bilden, und die Zahlung von angemessenen Löhnen. Auch Risiken für die Umwelt gehören zu den Menschenrechtsverletzungen dazu. Gesichert werden soll das für alle Produkte und Dienstleistungen – und die reichen im DLR von der einfachen Büroklammer bis zur Großforschungsanlage.

Die Arbeitswelt humaner gestalten

Lieferantendashboard
Ein Dashboard gibt Auskunft über Herkunft und Umsätze mit allen Lieferanten.

Eine der ersten Aufgaben der beiden Zuständigen für die Einhaltung der Menschenrechte ist es, die erforderlichen Grundsätze in einer Erklärung zu fixieren, sie in die Strategie des DLR zu integrieren und letztendlich über eine Software eine Art Ampel-System zu etablieren, das es bei Bestellvorgängen einfach macht, die richtigen Lieferanten zu wählen oder die Entscheidung zu treffen, nach alternativen Lieferanten zu suchen. Regelmäßig sollen die Risiken analysiert und überprüft werden. „Dabei müssen wir auch immer im Auge behalten, was aktuell in der Welt passiert“, betont Catherine Sinner. Seit dem Ukrainekrieg hat das DLR beispielsweise die Geschäftsbeziehungen mit Russland eingestellt. Ein Dashboard mit allen Lieferanten gibt bereits jetzt im DLR Auskunft darüber, wo welcher Lieferant ansässig ist und welche Umsätze dieser mit dem DLR erzielt hat. Verändert sich die weltpolitische Lage, kann schnell reagiert und Geschäftsbeziehungen eingestellt oder wiederaufgenommen werden.

Ganz wichtig sei es bei dem Ganzen aber, den richtigen und angemessenen Blick beizubehalten: „Vielleicht machen wir mit einem Lieferanten nur kleine Umsätze – für den Lieferanten hingegen sind wir aber vielleicht einer der größten Kunden“, sagt Catherine Sinner. „Und dann ist dort unsere Verpflichtung besonders groß, weil wir da auch am meisten bewirken können, wenn wir auf die Einhaltung der Menschenrechte in der Lieferkette achten.“ Harald Schneider fügt hinzu: „Es sind die ersten, notwendigen Schritte, die Arbeitswelt globaler zu betrachten und sie für alle humaner zu gestalten.“