DLR Magazin 147 - page 38-39

VULKANASCHEPRÜFSTAND
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ls im Jahr 2010 der Vulkan Eyjafjallajökull auf Island aus-
brach und seine Aschewolke den Flugverkehr in Europa
erheblich behinderte, wurde offenbar, dass man noch genauer
erforschen muss, was im Detail passiert, wenn Asche ins Trieb-
werk gelangt. Und das so realitätsnah wie möglich. Seit Kurzem
steht für diese Forschungsarbeiten ein Prüfstand zur Verfügung,
in dem die Wirkungen von Vulkanasche auf Flugzeugturbinen
nachgestellt und genau untersucht werden können. Dieser Prüf-
stand wurde vom DLR, dem Labor für Umweltmesstechnik der
Hochschule Düsseldorf und der Firma Hammer Engines GmbH in
einem gemeinsamen Forschungsprojekt entwickelt und gebaut.
In der Luft verteilte Vulkanasche kann von Strahltriebwerken
aufgenommen werden, sich dann bei höheren Temperaturen an
den inneren Komponenten der Flugturbine ablagern und dort zu
erheblichen Schäden führen. Doch nicht nur Vulkanasche stellt
ein Risiko im Flugbetrieb dar. Auch Sand auf den Runways von
Flughäfen und in der Atmosphäre sowie Industriestaub gefähr-
den den reibungslosen Betrieb eines Triebwerks.
Im Triebwerk kann die Temperatur bis zu 1.600 Grad Celsius
betragen. In der heißen Zone mit über 1.000 Grad sind metalli-
sche Teile verbaut, die mit einer keramischen Beschichtung an
der Oberseite, den sogenannten Wärmedämmschichten, zusätz-
lich geschützt sind. Diese keramischen Beschichtungen sind
hochporös, weisen eine geringe Wärmeleitfähigkeit auf und sor-
gen damit dafür, dass die metallischen Bauteile bei höherer
Die beiden mit dem Rasterelektronenmikroskop aufgenommenen Bilder zeigen links Vulkanasche, bevor diese vom Triebwerk angesaugt wurde,
und rechts, nachdem sie das Triebwerk verlassen hat. Die zunächst splitterförmigen Aschepartikel wandeln sich in Schmelztröpfchen um. Lagern
diese sich auf den Triebwerkschaufeln ab, können sie deren Keramikbeschichtung zum Abplatzen bringen.
Neuer Prüfstand zeigt, wie Vulkanasche auf Flugzeugturbinen wirkt
Von Dr. Ravisankar Naraparaju
VERSTEHEN,
WIE DER SCHADEN ENTSTEHT
1.500 Grad Celsius erreicht werden, ähnlich also wie in einer großen
Turbine. Für Versuchszwecke wurde auf rotierende Bauteile eine Wär-
medämmschicht aufgebracht, auf der die Wissenschaftler die Effekte
geschmolzener Vulkanasche nachstellen und genau untersuchen.
Im März 2015 fand das erste Experiment statt. Dafür versetzten die For-
scher Luft mit echter Vulkanasche und ließen sie von der Mini-Turbine
ansaugen. Anschließend wiesen sie geschmolzene Vulkanaschepartikel
im Abgasstrahl der Turbine nach, ein Zeichen dafür, dass der Prüfstand in
der Lage ist, die Reaktion zwischen den Bauteilen und der Vulkanasche im
Flugbetrieb nachzustellen. Nun können die DLR-Wissenschaftler genau
untersuchen, welchen Einfluss Größe, Konzentration und Zusammen­
setzung der Vulkanaschepartikel auf die Haftmechanismen haben. Die
Experimente geben zudem Auskunft darüber, welche Wechselwirkungen
es mit den Triebwerkskomponenten gibt und welche chemischen Reak­
tionen im Betrieb ablaufen. So können die Forscher verstehen, wie die
Schädigung im Luftstrahltriebwerk genau abläuft. Damit wollen sie in
Zukunft besser abschätzen, welche Vulkanasche-Konzentrationen in der
Luft für den Luftverkehr kritisch sind und welche Schäden die Fluggas­
turbinen nehmen können beziehungsweise in welchem Maße sich deren
Lebensdauer verringert.
Temperatur arbeiten können als ohne Schutzschicht. Zusätzlich
sind Turbinenschaufeln moderner Triebwerke mit einer intensiven
Kühlung ausgestattet, bei der die Schutzschicht als eine Art ther-
mischer Isolator fungiert.
Saugt das Triebwerk nun Luft an, die mit Vulkanasche, Sand oder
Industriestaub kontaminiert ist, so schmelzen diese Partikel im
Triebwerk mit steigender Temperatur und infiltrieren die Wärme-
dämmschicht. Es kommt in der keramischen Schutzschicht zu
einer chemischen Reaktion, die dazu führt, dass die Schichten
abplatzen und ihre Eigenschaft, Wärme zu isolieren, verloren geht.
Die metallischen Teile sind nun ungeschützt höheren Temperaturen
ausgesetzt. Diese zusätzliche Belastung kann ihre Lebensdauer
verkürzen oder zum Ausfall von Komponenten oder sogar des
ganzen Triebwerks führen.
So weit ist das generelle Verhalten von geschmolzener Vulkan­
asche im Triebwerk bekannt. Wie aber die Schädigung der Turbi-
nenschaufel im Detail abläuft und welche Rolle geschmolzene
Vulkanasche dabei genau spielt, möchten die Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler am DLR-Institut für Werkstoff-Forschung und
ihre Partner von der Hochschule Düsseldorf und der Hammer
Engines GmbH untersuchen und verstehen. Genau zu diesem
Zweck wurde der Prüfstand konstruiert und aufgebaut. In diesen
wird Vulkanasche in Luft eingebracht und von einer Mini-Turbine,
die mit einem Partikelanalysegerät gekoppelt ist, angesaugt. In
der Mini-Turbine können Betriebstemperaturen von bis zu
Dr. Ravisankar Naraparaju
arbeitet am Institut für Werkstoff-Forschung im DLR
Köln an der Entwicklung von vulkanasche-resistenten Wärmedämmschichten und
leitet das Projekt IVAR (Increased Volcanic Ash Resistance).
DAS PROJEKT VOLCATS
Die Arbeiten des Instituts für Werkstoff-Forschung sind einge-
bunden in das Projekt VolcATS (Volcanic Ash Impact on the Air
Transport System). Sechs DLR-Institute erforschen darin das Pro-
blem „Auswirkungen von Vulkanasche auf den Luftverkehr“,
von der Detektion einer sich ausbreitenden Aschewolke über die
Dichteverteilung der Aschepartikel im Luftraum bis zur effizienten
Rekonfigurierung des Flugverkehrs. Die beschriebene Schädigung
des Triebwerks ist dabei ein wichtiger Teilaspekt.
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