DLR Magazin 147 - page 40-41

Herr Kelm, was machen für Sie Bilder aus?
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Wenn wir beruflich Werkstoffe entwickeln und sie untersuchen, fallen viele Informationen
an, die festgehalten und dokumentiert werden müssen. Bilder im wissenschaftlichen Sinn sind
zweidimensionale Datensätze, die Eigenschaften von Werkstoffen oder Materialien ortsaufgelöst
visualisieren. Sie dienen neben der Dokumentation vor allem dazu, Informationen zu gewinnen.
Dabei ermöglicht es unsere Alltagserfahrung, zumindest die enthaltene Ortsinformation intuitiv
zu erfassen. Helligkeit oder Farbe einzelner Bereiche repräsentieren dann bestimmte Eigen-
schaften, die zweidimensional dargestellt werden. Je nach den Eigenschaften, die wir gern ab-
gebildet sehen wollen, wählen wir die Abbildungstechnik. Es gibt Techniken, bei denen die
Bildinformation direkt während der Aufnahme durch ein Signal auf einem Detektor gewonnen
wird, oder solche, bei denen man die Bildinformation erst aus einem Röntgenspektrum oder
einem anderen Datensatz herausholen muss, bevor man das eigentliche Bild erhält.
Um innovative Werkstoffe zu entwickeln, müssen Sie deren Eigenschaften auf die Spur
kommen. Wie gehen Sie dabei vor?
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Eigenschaften und Verhalten eines Werkstoffs werden zunächst an bauteilähnlichen Testkör-
pern bestimmt, dann sucht man nach den Veränderungen, die das beobachtete Verhalten erklä-
ren. Da diese Veränderungen in der Regel lokal begrenzt sind, kommen dazu verschiedene mik-
roskopische Verfahren zur Anwendung. Zum Beispiel nimmt man bei einem Schutzschichtsystem
licht- und elektronenmikroskopische Bilder von Querschliffen der getesteten Proben auf. Dabei
sucht man nach herstellungsbedingten Störungen, vor allem aber nach Veränderungen. Letztere
können unter anderem Abplatzungen, Korrosionsstellen oder auch Reaktionsschichten und
kleinste Ausscheidungen in den Schichten sein. Wenn man diese lokalisiert hat, werden in der
Regel die chemischen Elemente bestimmt, die in oder neben den beobachteten Details vorliegen.
Mit diesen Informationen kann man dann modifizierte Schichtsysteme herstellen, bei denen
unerwünschte Effekte wie Abplatzungen minimiert werden, während erwünschte Effekte, wie
die Ausbildung von vorteilhaften Reaktionsschichten, beschleunigt oder verstärkt werden. Ob
dies erfolgreich war, zeigt dann wieder ein Versuch mit Testproben. Aus der Untersuchung von
Schliffen dieser neuen Proben leitet man schließlich ab, wie die erzielten Materialverbesserungen
mit den vorgenommenen Anpassungen im Schichtsystem zusammenhängen.
Mit dem bloßen Auge lässt sich dabei nichts mehr ausrichten. Mit welchen Techniken
arbeiten Sie?
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Wir verwenden bei uns verschiedene mikroskopische Techniken. Da ist zunächst die optische
Auflichtmikroskopie. Damit erhalten wir ein vergrößertes optisches Bild. Durch speziell angepass-
te Präparations- und Beleuchtungstechniken, wie Ätzverfahren oder Interferenzkontrast, können
wir aber beispielsweise auch Körner in Metallen sichtbar machen oder Höhenunterschiede dar-
stellen.
EINE FRAGE
DER OPTIK
I
nnovative Materialien sind in Luft- und Raumfahrt ebenso gefragt wie in Energie und Verkehr.
Das DLR forscht daran. Damit ein neuartiger Werkstoff im großen Maßstab das leistet, was von
ihm erwartet wird, muss man ihn zunächst im Kleinsten untersuchen und herausfinden, wie er
sich unter bestimmten Bedingungen verhält. Hier schaut Dr. Klemens Kelm genau hin. Auch
privat macht der Wissenschaftler vom Institut für Werkstoff-Forschung im DLR Köln sich gern ein
Bild von Details, wenn auch auf ganz andere Art …
Interview mit Dr. Klemens Kelm zu präparierten Proben und
wilden Schönheiten
BEGEGNUNG
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