DLR Magazin 139 - page 46-47

bei ihrer Sitznachbarin ein. Die Schüler rücken näher zusammen.
Dann schließen sie die Solarzelle vorsichtig an das Messgerät an
und positionieren diese auf der Messstrecke. Jetzt kann die
Stromstärke abgelesen und der Abstand bemessen werden. Der
Klassenlehrer betritt den Raum: „Kontrollgang“, sagt er streng
und grinst. Keiner hört ihm zu. Nur ein Mädchen bemerkt ihn
und sagt: „In der Schule habe ich das nie verstanden, aber jetzt,
wo ich es selber gemacht habe, geht mir ein Licht auf. So etwas
nennt man wohl Erfolgserlebnis.“
Robotisch unterwegs in Oberpfaffenhofen
Das DLR_School_Lab Oberpfaffenhofen ist bekannt für
spannende Experimente in Infrarot-, Laser- und Radarmesstech-
nik, Umwelterkundung, Analyse von Satellitendaten, Wetter
und Klima, Planung von Forschungsflügen, Robotik und Simula-
tion. Den Schülerinnen und Schülern stehen im Labor High-
Tech-Instrumente wie Sensoren, ein Roboter, Archive für Satel­
litendaten und professionelle Simulations- und Auswertungs­
programme zur Verfügung. Dr. rer. nat. Dieter Hausamann,
Leiter des DLR_School_Lab Oberpfaffenhofen, trifft die letzten
Vorbereitungen für die heutigen Gäste. Generalprobe: Das DLR-
Video, welches extra für die Schulklassen konzipiert wurde, wird
bei gedimmtem Licht abgespielt. Leuchtende Sterne erscheinen
an der Decke. Um neun Uhr betreten die ersten Schülerinnen
und Schüler den Raum. „Cool. So muss es im Weltraum ausse-
hen“, hört man einen Schüler sagen. Dieter Hausamann be-
grüßt seine jungen Gäste und stellt die drei Tutoren vor. „Heute
werden wir eure Neugierde wecken“, sagt er. Die Schulklasse
vom Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium aus Windsbach kann
sich in einfachen Experimenten spielerisch und aktiv Wissen an-
eignen. Dazu wird die Klasse in vier Teams eingeteilt. Lasertech-
nologie, ASUROnaut, Robotik und Infrarotmesstechnik stehen
auf dem Plan. Die erste Gruppe für die Infrarot­mess­technik mar-
schiert zum Tutor. Das Thema lautet „Das Unsichtbare sichtbar
machen“.
„Wie soll das denn gehen?“, fragt ein Junge seinen Mit-
schüler und tippt mit dem Finger an die Schläfe. Der Coach lässt
sich von den quirligen Kindern nicht aus der Ruhe bringen und
erklärt es mit ausdrucksvoller Stimme: „Wir Menschen sehen
mit unseren Augen die Welt im sichtbaren Licht. Dieses Licht
nimmt aber nur einen kleinen Teil des vorhandenen Strahlungs-
spektrums ein; der weitaus größere Teil ist unsichtbar. Infrarot-
strahlung ermöglicht uns, mit anderen Augen zu sehen und die
Welt besser zu verstehen.“ Dann zeigt er ihnen die Infrarotka-
meras. „Probiert es selbst aus!“ Schon schnappen sich die Kids
die Infrarotkameras, erkunden sich gegenseitig und beobachten,
wie Wärmestrahlung in sichtbare Bilder umgewandelt wird. Fas-
zinierend!
Die dritte Gruppe hält sich versteckt hinter Trennwänden
auf und konzentriert sich auf ihr Experiment. In Teamarbeit dür-
fen die Jungen und Mädchen das ASURO-Robotkit, ein Roboter-
Auto, zusammenbauen. Die 15-jährige Annika Flock hatte per
Losverfahren einen Platz im Robotik-Team ergattern können.
„Ich wollte unbedingt in das Robotik-Team, weil ich Informatik
toll finde und hier durfte man dazu auch noch programmieren
und eigenständig bauen“, sagt sie begeistert, „das ist eine sehr
gute Mischung.“ Die vielen Einzelteile des Robotkit sehen kom-
pliziert aus, doch die Schülerinnen und Schüler setzen sie mit
Leichtigkeit zusammen. Ein abwehrendes „Pscht!“ bekommt
der Lehrbeauftragte von seinen Schülern zu hören, als er nach-
fragt, ob er ihnen helfen könne. Nach ein paar Stunden fährt je-
des Roboter-Auto durch den Raum und die Augen der Schüler
strahlen vor Stolz.
„Das DLR_School_Lab ist so praxisnah und das ist besonders
toll. Im Physikunterricht in der Schule lernt man seine Formeln
und der Lehrer zeigt vielleicht mal ein, zwei Experimente und da-
bei darf man nur zugucken. Im DLR_School_Lab ist das anders.
Hier kriegt man seine Sachen und einem wird erklärt, wie es geht,
und dann kann man selbst drauflosbasteln“, schätzt Annika am
Ende des Experiments das Erlebte ein.
„Mir macht es Spaß, die Schüler zu motivieren und sie für
die Wissenschaft zu begeistern“, hören wir von der jungen Lehr-
meisterin. Und den Kindern erklärt sie voller Begeisterung: „In un-
serem Alltag finden wir viele intelligente Maschinen. Roboter
schweißen Autos und backen Brot. Sie können Arbeit leisten, die
für uns Menschen gefährlich oder sehr anstrengend ist. Aber da-
zu sind sie nur in der Lage, weil ihnen genau gesagt wird, was sie
machen sollen.“ Sie erläutert den Schülern vorab, wie ein Mars-
Rover gesteuert wird, oder was passiert, wenn er stecken bleibt.
Die Schülerlabor-Besucher erfahren, was es heißt, mit einem Ro-
boter eine Landschaft zu erkunden, wenn man „nur“ durch des-
sen Augen sehen kann. Eine minimale Verzögerung von weniger
als einer Sekunde hat deutliche Folgen, eine präzise Steuerung
ist also sehr schwierig. Die Schülerinnen und Schüler gehen zur
Praxis über, geben nicht auf und probieren immer wieder, den
Mars-Rover in die richtige Richtung zu lenken. „Gar nicht so
einfach“, sagt ein Mädchen, „aber Spaß macht es!“
Das ist es, was die DLR_School_Labs beabsichtigen: Lust
auf Experimentieren wecken und Freude an Erkenntnis hervor­
rufen. Eine Frage kommt zum Schluss noch von einem der Ober-
pfaffenhofener Jungen: „Wann kann ich meinen eigenen und
lebensgroßen Roboter zusammenbauen? – Dann darf der mein
Zimmer aufräumen und meine Mutter müsste wegen meines
Chaos nicht mehr schimpfen …!“
Weitere Informationen:
DLR.de/schoollab/
Einen Mars-Rover zeitversetzt zu steuern, erfordert vollste
Konzentration
Neben der Robotik fesselt das Infrarot-Experiment die Schüler im
DLR_School_Lab Oberpfaffenhofen
Auf das Robotkit-Experiment hat sich Annika besonders gefreut.
Endlich kann sie selbst Hand anlegen und das Roboter-Auto zum
Fahren bringen.
Orte des Staunens
Gravitationsbiologie und Solare Wasserreinigung, Marserkun-
dung und Mobilitätsforschung, Robotik sowie Wetter und
Klima – Themen, mit denen sich Schülerinnen und Schüler in
DLR_School_Labs befassen. Angeleitet werden sie dabei von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie erfahrenen
Studenten der Natur- und Ingenieurwissenschaften. Bei Experi-
menten, unter anderem an originalen Forschungsanlagen, wird
das Labor zum Ort des Staunens, Lernens und der Inspiration.
Mittlerweile haben mehr als 100.000 Schülerinnen und
Schüler die DLR_School_Labs besucht und hier die „Faszinati-
on Forschung“ durch eigenes Experimentieren erlebt. Dass
die DLR_School_Labs Kinder und Jugendliche nachhaltig für
Naturwissenschaften begeistern, wurde auch wissenschaftlich
belegt: Eine an der Universität Kiel durchgeführte Doktorarbeit
kam – auf Basis einer Umfrage unter vielen hundert Schülern – zu
dem Ergebnis: Auch lange nach dem Besuch eines Schülerlabors
ist das Interesse an Naturwissenschaften deutlich größer als zuvor.
Und auch viele Reaktionen der Schüler und Lehrer zeigen, dass
die DLR_School_Labs einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung
eines spannenden und abwechslungsreichen Unterrichts leisten
können.
Das erste DLR-Schülerlabor wurde im Jahre 2000 am DLR-
Standort Göttingen eröffnet. Inzwischen gibt es DLR_School_Labs
an den DLR-Standorten Berlin, Braunschweig, Bremen, Köln, Göt-
tingen, Neustrelitz, Oberpfaffenhofen, Lampoldshausen/Stuttgart
sowie an drei befreundeten Hochschulen – der RWTH Aachen,
der TU Dortmund und der TU Hamburg-Harburg. Ein weiteres
Labor an der TU Dresden ist im Aufbau.
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