DLR Magazin 139 - page 52-53

Die Niederlande und ihre weiten Polderlandschaften am Ijsselmeer – das Auge findet kaum einen Halt, unendlich die
Weite bis zum Horizont. Unter einem oft dramatisch inszenierten Wolkenhimmel, der schon Vincent van Gogh faszinierte,
bleibt der Blick allenfalls mal an einer Windmühle hängen, einem vereinzelten Gehöft oder einer Allee windschiefer
Bäume – und dann plötzlich an einem leibhaftigen Jumbo. Wir sind in der Nähe von Lelystad. Tatsächlich, scheinbar mitten
auf einer Polderwiese grüßt eine ausgewachsene Boeing 747 in der leuchtend blau-weißen Bemalung der niederländischen
Fluggesellschaft KLM hinüber zur Bundesstraße N 302. Ein Hinweis auf ein Eldorado für den Luftfahrtfan.
Das Aviodrome im niederländischen Lelystad
Von Hans-Leo Richter
Luftfahrtwelten zwischen
Möwen und Windmühlen
Die Hand auf dem Schubhebel der Boeing 747 – heute noch ein Kinder-
traum, übermorgen vielleicht schon Realität … Die im Freigelände ausge-
stellte Boeing 747-200 gehört zu den Top-Attraktionen des Aviodrome.
Beim näheren Hinsehen bemerken wir noch weitere
Luftfahrzeuge. Wie kommen die um alles in der Welt hier
auf den Polder? Des Rätsels Lösung offenbart sich auf einem
Hinweisschild am Regionalflughafen Lelystad: Hier geht‘s zum
Aviodrome. Dieses Kunstwort steht für ein bemerkenswertes
Luftfahrtmuseum, fast schon eine Luftfahrt-Erlebniswelt. Zahl-
reiche Flugzeuge sowie eine Fülle weiterer Exponate aus der
weiten Welt der Fliegerei informieren über die Geschichte der
niederländischen Luftfahrt – mit erfreulich deutlichem Schwer-
punkt auf dem zivilen Sektor.
Das Museum basiert auf einer Sammlung, die bereits im
Jahr 1960 in Amsterdam-Schiphol, heute einem der größten
europäischen Verkehrsflughäfen und Knotenpunkte, gezeigt
wurde. Irgendwann wurde dort der Raum für den wachsenden
Airport zu eng, sodass das Museum 2003 bei Lelystad auf dem
Flevoland-Polder einen im wahrsten Sinn des Wortes hervor­
ragenden neuen Standort fand.
Auf mehr als 6.000 Quadratmetern erwartet uns eine
Zeitreise, die uns von den ersten Ballonabenteuern aus dem spä-
ten 18. Jahrhundert bis zur modernen Jet-Fliegerei unserer Tage
führt. Das Museum gliedert sich in mehrere Bereiche. Die gro-
ßen „Eye-Catcher“ parken natürlich draußen im Freigelände,
darunter die bereits erwähnte Boeing 747, dann eine Douglas
DC4 Skymaster, eine Lockheed Constellation, die Fokker 100.
Die historischen Prachtstücke hingegen werden wettergeschützt
in einer großen, modern gestalteten Ausstellungshalle präsen-
tiert. Im benachbarten T2-Hangar schließlich finden sich weitere
luftfahrthistorische Schätze, die der Besucher allerdings nur von
einer umlaufenden Galerie aus betrachten kann. Dies ist die
Flugwerkstatt, hier kann den Restaurateuren bei der Arbeit über
die Schulter geschaut werden – das bietet längst nicht jedes
Luftfahrtmuseum.
In der geräumigen Ausstellungshalle beginnt der Rund-
gang in chronologisch korrekter Reihenfolge. Die ersten größeren
Exponate erinnern an die Anfänge der Luftfahrt. Eine Replika des
Lilienthal-Gleiters darf natürlich dabei ebenso wenig fehlen
wie Nachbauten des Wright-Flyers und des historischen Blériot-
Eindeckers aus dem Jahr 1909, mit dem der Franzose bekannt-
lich erstmals den Ärmel-Kanal überquerte (siehe auch die Notiz
über den dazugehörigen wiedererstandenen Anzani-Dreizylinder
auf der Meldungsseite 10, Anmerkung der Redaktion).
Bild: Aviodrome
Das originalgetreu wiederaufgebaute Empfangs- und Abfertigungs­
gebäude des Flughafens Schiphol aus dem Jahr 1928. Vom damaligen
Kontrollturm aus überblickt der Besucher das weitläufige Aviodrome.
IN MUSEEN GESEHEN
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