DLR Magazin 139 - page 8-9

Die Frage nach dem „Return of Investment“, also dem Nutzen zur Verfügung gestellten
Geldes, ist längst nicht mehr nur auf den reinen Buchhaltungsbereich von Industrieunter-
nehmen beschränkt. Sie wird mittlerweile in vielen Bereichen des Lebens gestellt. Und es
wird versucht, Investitionsentscheidungen unter das Diktat des Nutzens zu stellen. Die
Frage nach dem „sich lohnen“ scheint dann besonders gerechtfertigt, wenn es um die
Verwendung öffentlicher Mittel geht. Dann werden „zentrale“ Maßstäbe angelegt, die
den Nutzen „erfassen“ und ihn mit dem Aufwand in Verbindung bringen.
Dieses Vorgehen ist nicht neu. Schon Kolumbus argumentierte, wie viele andere
Entdecker auch, mit dem Nutzen, als er für seine Expeditionen Mittel einwarb. Viele Bei-
spiele in der Forschung zeigen, dass die gewünschte Verbindung „Einsatz – Return“ häu-
fig erst nach einer längeren Zeitspanne belegbar ist. Von Faraday, der entdeckte, dass
Elektrizität durch Induktion erzeugt werden kann, stammt das Zitat „Ich weiß nicht, für
was das einmal gut sein wird. Aber ich weiß, dass sie Steuern darauf nehmen werden.“
Und auch die bahnbrechenden, theoretischen Grundlagenarbeiten von Albert Einstein
zur Relativität entwickelten erst viele Jahrzehnte später ihre praktische Wirkung, so bei
der Satellitenortung, wo das Nichtberücksichtigen der Abhängigkeit der Zeit von Ge-
schwindigkeit und Schwerkraft zu nicht akzeptierbaren Ortungsfehlern führen würde.
Und als die Forscher die Venus genauer untersuchten (warum eigentlich, mag der strenge
Pragmatiker einwenden, wir haben doch genug Probleme auf der Erde), fanden sie den
Treibhauseffekt. Später entdeckte man ein ähnliches Phänomen auf der Erde. Was wissen
wir heute über die eventuellen Konsequenzen der Erkenntnisse zur Dunklen Materie oder
Dunklen Energie, die gemeinsam 96 Prozent unseres Universums ausmachen?
Ziel und Zweck dieser Ausführungen ist es, auf die Notwendigkeit eines breiten Ver-
ständnisses von Forschung hinzuweisen: Von der Grundlagenforschung, über angewand-
te Forschung bis hin zur Produktentwicklung ist es manchmal ein weiter und aufwändiger
Weg, aber es lohnt sich, ihn zu begehen. Im DLR versuchen wir, die Innovationskette von
der Invention bis zur Innovation, von der ersten Idee also bis zu einer bahnbrechenden
Neuerung, möglichst nahtlos zu verfolgen. Dabei kooperieren wir auch mit Partnern, zum
Beispiel um Ideen bis zum Produkt zu entwickeln oder Technologien aus einem unserer
Forschungsbereiche – Luftfahrt, Raumfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit – in ganz
andere Anwendungsfelder (zum Beispiel Landwirtschaft, Medizin) zu transportieren.
Forschung hat aber auch noch ein weiteres Plus: Sie begeistert Menschen, sich für
etwas einzusetzen. Das Apollo-Mondprogramm hat den wissenschaftlichen Aktivitäten in
den USA enormen Schub gegeben und insbesondere junge Menschen fasziniert und mo-
tiviert.
Mit dem Tag der Luft- und Raumfahrt wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern
jedermann und jederfrau und besonders auch jungen Leuten beispielhaft zeigen, welche
Errungenschaften wir schon heute vorzuweisen haben. Nur dort in Forschung zu investie-
ren, wo der Nutzen im Voraus gebucht werden kann, lohnt sich langfristig nicht.
… lohnt sich das?
Forschung
und die Frage von Aufwand und Nutzen
Von Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner
Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner,
Vorstandsvorsitzender des DLR
DLR.de/blogs/janwoerner
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