DLR Magazin 140 - page 18-19

SOFIA – was klingt wie ein Frauenname, ist die Abkür­
zung für „Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astro­
nomie“. Die fliegende Sternwarte der US-amerikanischen Luft-
und Raumfahrtbehörde NASA und des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt erkundet vom Flughafen Christchurch
in Neuseeland aus den Himmel der Südhemisphäre. Vom Ge­
lände des U.S. Antarctic Program am Flughafen soll die um­
gebaute Boeing 747SP mit dem rund 20 Tonnen schweren
Teleskop insgesamt neunmal zu Beobachtungsflügen starten.
Vom 14. Juli bis zum 2. August 2013 sind drei Serien mit jeweils
drei Flugtagen in Folge geplant – ein bisher noch nicht da gewe-
senes Programm. Überhaupt muss das Observatorium erst einmal
unter Beweis stellen, dass es fernab von seinem Heimatflughafen
Palmdale in Kalifornien problemlos einsetzbar ist. Entsprechend
groß ist die Anspannung beim rund sechzigköpfigen Team aus
Wissenschaftlern, Ingenieuren und der Flugzeugcrew.
Wird alles nach Plan laufen? Kann SOFIA beim ersten
wissenschaftlichen Auslandseinsatz – die Stippvisite in Köln und
Stuttgart im Herbst 2011 hatte nur kurze Testbeobachtungen
Mit der fliegenden Sternwarte SOFIA am südlichen Firmament
Von Diana Gonzalez
In Sichtweite zum
Tarantel-Nebel
Die Flugzeugmotoren dröhnen. Es ist empfindlich kalt. Wir befinden uns in einer Höhe von rund 13.000 Metern über
dem Meeresspiegel. Doch uns umgibt nicht die wohlige Atmosphäre eines Linienfluges mit Polstersitzen und auf-
merksamen Flugbegleiterinnen, die Snacks und Getränke anbieten, sondern es herrschen die nüchterne Ästhetik und
angespannte Betriebsamkeit eines Forschungslabors. Und es ist empfindlich kalt. Ein Großteil der Sitze ist entfernt
worden, um Platz zu schaffen für Messinstrumente, Elektronik und die gewaltige Mechanik eines 2,5-Meter-Teleskops:
Wir sind auf einem Wissenschaftsflug der fliegenden Sternwarte SOFIA. Es ist ihr erster Einsatz auf der Südhalbkugel.
Mit Hilfe der Nachführkameras des Teleskops, der sogenannten
Imager, wird das wissenschaftliche Ziel am Himmel angepeilt und im
Fokus gehalten
Mit einem Teleskop-Durchmesser von 2,5 Metern ist SOFIA das größte
fliegende Observatorium weltweit. Die Mechanik, die den riesigen
Hohlspiegel bewegt und ausbalanciert, ist entsprechend gewaltig. Vor
und nach jedem Wissenschaftsflug werden alle Komponenten noch
einmal genau geprüft.
erlaubt – überzeugen? Mit an Bord ist das deutsche Instrument
GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies),
das unter der Leitung von Wissenschaftlern des Max-Planck-Ins­
tituts für Radioastronomie in Bonn und der Universität Köln ent­
wickelt wurde. Das Spektrometer ist am Teleskop montiert und
kann die Infrarot-Signale aus riesigen Staub- und Gaswolken im
Weltall mit großer Genauigkeit analysieren. Die dabei gewonne-
nen Informationen über die chemische Zusammensetzung, Dichte,
Temperatur und Strömungen in diesen „Molekülwolken“ ermög­
lichen einen detaillierten Einblick in den Entstehungsprozess von
Sternen und Planeten, von der Geburt bis zur Endphase.
Der Vorteil der langen Nächte
„Warum findet die Mission eigentlich mitten im Winter auf
der Südhalbkugel statt?“ Diese Frage hatte ich ein paar Tage zu-
vor Heinz-Theo Hammes vom DLR-Projektteam SOFIA gestellt,
während ich mich tapfer durch eisigen Wind, Regen- und Hagel-
schauer über das Flugfeld kämpfte, um die Landung von SOFIA
in Christchurch mit der Fotokamera zu dokumentieren. Daheim
in Deutschland hatte gerade erst der Sommer mit Temperaturen
um 30 Grad Celsius Einzug gehalten. „Der Grund liegt auf der
Hand“, entgegnete Hammes. „Die Nächte sind lang und es kön-
nen entsprechend lange Beobachtungsflüge gemacht werden.
Außerdem ist die Luft im Winter über dem Ozean sehr trocken,
daher sind die Untersuchungen im Infrarot-Bereich besonders
ergiebig.“ Da die Infrarot-Strahlung vom Wasserdampf in der
Atmosphäre absorbiert wird, kann sie vom Erdboden aus nur sehr
schlecht gemessen werden. Das ist der Grund, weshalb SOFIA
in Höhen von über zwölf Kilometern fliegt. „Im Winter der süd-
lichen Hemisphäre können die Wissenschaftler vor allem aber
astronomisch interessante Objekte erforschen, die im Norden
nur schwer oder gar nicht zu beobachten sind,“ fügte er hinzu,
„dazu gehören insbesondere das Zentrum unserer Milchstraße
und ihre kleineren Nachbarn, die kleine und große Magellansche
Wolke. In der großen Magellanschen Wolke ist der sogenannte
Tarantel-Nebel, ein äußerst aktives Stern-Entstehungsgebiet, das
Hauptuntersuchungsziel. Wir erhoffen uns da spannende neue
Erkenntnisse.“
WELTRAUMOBSERVATORIUM SOFIA
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