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Wellen an der Grenze zum Weltraum - Messkampagne erfolgreich beendet

19. Februar 2016

Im Rahmen der jetzt abgeschlossenen Messkampagne im Projekt GW-LCYCLE konnten Wissenschaftler des EOC erstmals vom Flugzeug aus atmosphärische Schwerewellen in einer Höhe von etwa 87 Kilometern aufnehmen. Die Infrarotkamera FAIM-02 hat an Bord des DLR-Forschungsflugzeugs „Falcon“ die Emissionsstrahlung von rotations-/vibrationsangeregten Hydroxyl (OH)-Molekülen aus der sogenannten Airglow-Schicht der Atmosphäre horizontal und zeitlich hoch aufgelöst erfasst und den Einfluss der Schwerewellen dort sichtbar gemacht. Zeitgleich wurden von Kiruna (Schweden) und von Andenes/ALOMAR (Norwegen) aus bodengebundene Messungen mit zwei Infrarot-Spektrometern (GRIPS-9 und GRIPS-14) sowie der Infrarot-Kamera FAIM-03 durchgeführt.

Die Dynamik der Atmosphäre ist durch Wellen auf unterschiedlichen Skalen dominiert. Da sie Energie über weite Strecken transportieren können, ist es entscheidend zu wissen, wo sie entstehen, wohin sie sich ausbreiten und wo sie ihre Energie an die Umgebung abgeben. Besonders die letzten beiden Punkte sind heute noch unzureichend erforscht.

Von besonderem Interesse im Projekt GW-LCYCLE (Investigation of the life cycle of gravity waves) ist die Untersuchung von so genannten Schwerewellen. Ihren Namen verdanken diese Wellen der Schwerkraft: sie wirkt einer vertikalen Auslenkung einer Luftströmung, z.B. infolge der Überströmung eines Berges, entgegen. Als Resultat dieser rücktreibenden Schwerkraft einerseits und der Massenträgheit andererseits folgt die Strömung einer Wellenbewegung.

 Abb. 1: Über mehrere Jahre gemessener Verlauf der OH-Temperatur
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Der Einfluss von Schwerewellen auf die Atmosphäre ist z.B. unmittelbar an der Temperaturverteilung in der Mesopause zu erkennen. Die Mesopause liegt in einer Höhe von etwa 87 km. Intuitiv erwartet man auch über dem Winterpol in dieser Höhe kältere Temperaturen als über dem Sommerpol, da letzterer wie die Erdoberfläche durch die permanente Sonneneinstrahlung den ganzen Tag „geheizt“ wird. In Wirklichkeit ist eine genau entgegengesetzte Temperaturverteilung zu beobachten: der Sommerpol ist in der Mesopause kälter als der Winterpol (siehe Abbildung 1). Dieser Effekt ist maßgeblich auf brechende Schwerewellen und deren Einfluss auf die großskalige Zirkulation zurückzuführen. Es zeigt sich: Dynamische Vorgänge können die Atmosphäre in diesem Höhenbereich durchaus weit vom Zustand des reinen Strahlungsgleichgewichts entfernen.

Um in der Mesopause messen zu können, beobachtet das DFD den sogenannten OH*-Airglow. Dieses "Luftleuchten" wird durch bestimmte chemische Reaktionen von Wasserstoff und Ozon in diesem Höhenbereich verursacht. Schwerewellen verursachen eine Modulation dieses Leuchtens, das sich in Helligkeits- und Temperaturoszillationen wiederspiegelt.

Die Vermessung dieser Schicht, mithilfe derer Schwerewellen „sichtbar“ werden, wird vom Erdboden aus durch Wolken beeinträchtigt. Daher liefern Messungen etwa von hohen Bergen aus grundsätzlich bessere Beobachtungsbedingungen. Ideal ist es, wenn man von Bord eines Flugzeuges oberhalb der Wolken messen kann. Mittels einer speziellen Kamera, die auf dem Forschungsflugzeug FALCON installiert wurde, konnten im Rahmen der etwa vierwöchigen Messkampagne in Nordschweden von Mitte Januar bis Mitte Februar ungestörte Aufnahmen während besonders interessanter Wettersituationen gemacht werden.

 

 Abb. 2: Aufnahme des OH*-Airglows in etwa 87 km Höhe
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Abbildung 2 zeigt eine Aufnahme des OH*-Airglows in etwa 87 km Höhe (links) mit zugehörigem Differenzbild, d.h. der Differenz zwischen zwei Aufnahmen (rechts). Letzteres macht schwache Änderungen deutlicher sichtbar. In der Aufnahme ist eine Wellenstruktur von etwa 30 km horizontaler Wellenlänge in Nordsüd-Richtung zu erkennen. Das Differenzbild weist zudem weitere kleinerskalige Strukturen im Bereich von 3 km bis 6 km aus. Mittig ist die Flugroute dargestellt. Die Farbskala von blau nach orange gibt dabei die mittlere gemessene Intensität an den jeweiligen Koordinaten an, wodurch großskalige Schwerewellen analysiert werden können. Der Standort weiterer Bodeninstrumente in Kiruna und ALOMAR ist durch ein kleines bzw. größeres Quadrat markiert.  Während aller sechs Flüge wurden erfolgreich Schwerewellen beobachtet.

 Abb. 3: Differenzbild des OH*-Airglows
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Ergänzt wurde die Datenbasis durch bodengebundene Aufnahmen eines ähnlichen Kamerasystems, mit einem Fischaugen-Objektiv, das den gesamten Nachthimmel betrachtet (siehe Abbildung 3, Sichtfeld angedeutet durch den Kreis auf der Karte in Abbildung 2) sowie zweier GRIPS - Infrarotspektrometer (GRound based P-branch Infrared Spectrometer) in Kiruna, Nordschweden bzw. ALOMAR, Nordnorwegen (siehe Karte in Abbildung 2). Die Infrarotspektrometer steuern an den entsprechenden Stationen Temperaturverläufe im Bereich der Mesopause bei.

Mit dem Abbau des letzten bodengebundenen Instrumentes in ALOMAR endete die außerordentlich erfolgreiche Messkampagne. Die Messungen stellen einen wertvollen Beitrag zum weltweiten Netzwerk NDMC (Network for the Detection of Mesospheric Change) dar.

Das Projekt GW-LCYCLE wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die flugzeuggetragenen Messungen werden im Rahmen der vom KIT (Karlsruhe Institute of Technology), dem DLR und der Universität Frankfurt koordinierten POLSTRACC/GW-LCYCLE/SALSA-Messkampagne durchgeführt. Die Gesamtprojektleitung von GW-LCYCLE liegt bei Prof. Dr. Markus Rapp, DLR-IPA.


Kontakt
Prof. Dr.rer.nat. Michael Bittner
Abteilungsleitung

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum
, Atmosphäre
Weßling

Tel.: +49 8153 28-1379

PD Dr. habil. Sabine Wüst
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum
, Atmosphäre
Weßling

Tel.: +49 8153 28-1325

Dr. Carsten Schmidt
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum
, Atmosphäre
Weßling

Tel.: +49 8153 28-1335

Links
NDMC - Network for the Detection of Mesospheric Change
Koordinierte Messflüge für die Klimaforschung: Schwerewellen und leuchtende Luft
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