Das Mekong-Delta in Vietnam ist nicht nur eines der größten und dicht besiedeltesten, sondern gleichzeitig auch eines der vulnerabelsten Flussdeltas weltweit. Im neuen, zweijährigen Verbundvorhaben „Catch-Mekong“ kooperieren Wissenschaftler des EOC mit deutschen und vietnamesischen Partnern aus Wissenschaft und Industrie, um eine nachhaltige Entwicklung der Land- und Wasserressourcen im Mekong Delta voranzutreiben.
Das Mekong-Delta im Südwesten Vietnams dehnt sich über ca. 40.000 Quadratkilometer aus – was in etwa der Fläche der beiden Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz entspricht. Mit etwa 19 Millionen Menschen leben hier jedoch nahezu doppelt so viel Menschen. Natürliche, saisonale Überflutungen des Mekong sorgen für einen reichhaltigen Nährstoffeintrag und machen die Region mit seinen fruchtbaren Böden zur „Reisschüssel“ Vietnams. Die Region sichert darüber hinaus die nationale Fisch- und Aquakulturproduktion. Doch die Leistungsfähigkeit des Deltas ist bedroht. Ein großer Unsicherheitsfaktor für die Menschen im Delta ist der Ausbau des Wasserkraftsektors in den stromaufwärts liegenden Ländern China, Kambodscha, Laos und Thailand, welcher in den kommenden Jahren den Wasser- und Sedimenthaushalt des Mekong massiv verändern wird.
Neben den Dammbauten, die in den natürlichen Flutzyklus eingreifen, gefährden auch verändernde klimatische Bedingungen und großräumige Veränderungen in der Land- und Wassernutzung die zukünftige Wasserverfügbarkeit im Delta. Diese Entwicklungen verschärfen vor allem das in Küstenbereichen häufig vorkommende Problem des Salzwassereintrags.
Vor allem in der Trockenzeit, wenn der Süßwasserabfluss gering ist, dringt Salzwasser in Flüsse, Kanäle und das Grundwasser des Deltas ein. Die Wasserressourcen versalzen und können somit nur noch eingeschränkt für Landwirtschaft und Aquakulturen genutzt werden. Fehlendes Wissen über diese Prozesse und unzureichende Anpassungsmaßnahmen führen so jährlich zu hohen Ernteverlusten. Die Dammbauten reduzieren darüber hinaus die Sedimentfracht im Mekong und beschleunigen so die Erosion entlang der Flussläufe und der Küste. Langfristig ausbleibende Sedimente begünstigen zudem auch eine allmähliche Absenkung des Deltas. Zusätzlich verstärkt werden diese Prozesse, indem die Bauindustrie großräumig Sand aus dem Mekong fördert. Ohne Gegenmaßnahmen verschärft sich die Lage daher weiter, insbesondere, wenn es klimabedingt zu einem Anstieg des Meeresspiegels kommt.
Vor diesem Hintergrund fokussiert das Catch-Mekong-Projekt auf die zukünftigen Folgen der Veränderungen im Oberlauf des Flusses für das Mekong-Delta: Versalzung in den Küstenbereichen, Wasser- und Sedimentmangel, Landnutzung sowie Stabilität von Ufern und Küsten, auch in Hinblick auf einen Anstieg des Meeresspiegels. Ziel ist es, ausreichend Daten und Informationen zu erhalten, um Zukunftsszenarien und mögliche Managementoptionen für das Delta abzuleiten.
Im Bereich der Erdbeobachtung nutzen DLR-Wissenschaftler Zeitreihen von hochaufgelösten optischen Satelliten und Radar-Aufnahmen, um die natürlichen und anthropogenen Vorgänge im Flusseinzugsgebiet zu erfassen und zu verstehen. Die neuen Sentinel-1 und Sentinel-2 Satelliten bilden hierfür, dank ihrer hohen zeitlichen und räumlichen Auflösung, eine ideale Datenbasis. Das in Abbildung 2 dargestellte Falschfarbenkomposit des Mekong-Deltas basiert auf insgesamt 475 Sentinel-2 Level 1C Kacheln, die über einen Zeitraum von zwei Jahren aufgenommen wurden. Das Bild kombiniert in den drei Farbkanälen statistische Auswertungen über alle Aufnahmen: in diesem Fall die niedrigsten, mittleren und höchsten jährlichen Reflektionswerte im nahen Infrarot (NIR).
Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel bereits detaillierte raumzeitliche Muster des natürlichen Flutzyklus sowie der landwirtschaftlichen Reiskultivierung im Delta erkennen. Dunkle bzw. helle Flächen sind das gesamte Jahr über mit Wasser bedeckt bzw. wasserfrei. Farbige Flächen zeigen einen Zustand temporärer Überflutung, wobei dunkelblaue Flächen aufgrund der Kultivierung von zwei Reiskulturen pro Jahr länger mit Wasser bedeckt sind als Türkis gefärbte Flächen mit drei Reiszyklen pro Jahr.
Mit dem Vorhaben „Catch-Mekong“ werden wichtige Kenngrößen im Kontext „Wasser“ quantitativ erfasst und eine Wissensbasis geschaffen, um Planungen auf lokaler und regionaler Ebene zu unterstützen. Im Zentrum steht dabei ein webbasiertes Umweltinformationssystem, das am EOC entwickelt wird. Es integriert alle verfügbaren Datenquellen, um mit Hilfe der Zusammenschau der Daten ein nachhaltiges Management der Wasser- und Landressourcen zu ermöglichen.
Neben dem EOC als Koordinator und Wissenschaftspartner sind fünf weitere Partner, das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ), das Ludwig-Franzius-Instituts der Leibniz Universität Hannover, der Lehrstuhl für Fernerkundung der Universität Würzburg sowie die Industriepartner EOMAP und SEBA Hydrometrie beteiligt.
„Catch-Mekong“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung – BMBF gefördert.