Farewell Antarctica!
Insgesamt 18 Tage, 13 Stunden und 50 Minuten verbrachte S.A. Agulhas II auf diesem Fahrtabschnitt innerhalb des südlichen Polarkreises (66° 33‘ 55‘‘ Süd) und mit dem Ablegen vom Ekström-Schelfeis am 15. Februar endete das Erlebnis Antarktis. Trotz eisigen Windes auf dem Observation Deck tags zuvor, musste die Stimmung der späten Abendstunden noch einmal aufgesogen werden. Der aufgehende Mond über einem in der Atka-Bucht driftenden Eisberg und das Farbenspiel im Himmel über dem Ekström-Schelfeis und der Neumayer-Station III waren ein würdiger Abschluss.
Abendstimmung in der Atka Bucht am 14.02.2020.
Nachdem die letzten Container am Nachmittag verladen waren, begann die Rückfahrt in ost-nord-östliche Richtung. Die zur Verfügung gestellte Sentinel-1-Aufnahme gab eine Fahrtroute am südlichen Rand des Meereises vor, um dann im weiteren Fahrtverlauf in nördlicher Richtung einen einfacher zu befahrenden Meereisbereich zu durchqueren. Die Analyse des Fahrtverlaufs in diesem Abschnitt zeigt sehr gut, dass trotz des vorhandenen Meereises eine zügige Fahrt mit meist über 10 Knoten möglich war. Lediglich mit Einfahrt ins das meereisbedeckte Fahrtgebiet wurde die Geschwindigkeit kurzzeitig auf unter 10 Knoten gedrosselt.
Ein letztes Mal dient eine Sentinel-1-Aufnahme zur Meereiserkundung bei der Abfahrt nach Norden. Und ein letzter Blick zurück auf das Ekström-Schelfeis: Farewell Antarctica!
Der weitere Fahrtverlauf führte uns entlang der Good-Hope-Line, dem Nullmeridian, immer Richtung Norden. Nun sollten die Ozeanographen an Bord auf ihre Kosten kommen. Entlang dieser Strecke werden regelmäßig von Forschungsschiffen ozeanische Messinstrumente ausgebracht, die dann je nach Bauart über mehrere Monate oder sogar Jahre hinweg Daten liefern können. Bei manchen handelt es sich um Bojen, die mit der Ozeanströmung rund um die Antarktis driften und regelmäßig ihre Messdaten via Satellit senden. Andere Instrumente bewegen sich ebenfalls mit der Strömung, folgen dabei Vertikalprofilen bis 2000m Meerestiefe und liefern somit auch Informationen über Temperatur, Salzgehalt und Sauerstoffgehalt in unterschiedlichen Schichten des Ozeans. Wiederum andere Instrumente funktionieren wie Drohnen. Sie vermessen diverse Parameter entlang von vorgegebenen Vertikalprofilen und steuern dann einprogrammierte Wegpunkte an. Sie lassen sich nach Wochen bis Monaten wieder von Schiffen bergen, sodass die aufgezeichneten Daten ausgelesen werden können und die Instrumentenplattform nach einer Wartung für eine neue Messkampagne wiederverwendet werden kann.
Die Bergung eines solchen Unterwassergleiters erfordert ein gekonntes Zusammenspiel von Wissenschaftlern und Besatzung. Zunächst werden die aktuellen Koordinaten, die der Unterwassergleiter alle 5 Minuten über Satellit sendet, aufgesucht. Ist diese Position erreicht, sind alle Augenpaare willkommen, die die Meeresoberfläche nach der kleinen Antenne des Unterwassergleiters rund um das Schiff absuchen. Nach Auffinden des Unterwassergleiters muss er vorsichtig mit einer speziellen Vorrichtung von einem Kran geborgen werden. Besonders bei Wind und Wellen beansprucht eine solche Bergung die volle Aufmerksamkeit der Schiffsbesatzung – vom Kapitän, über den Kranführer bis hin zu den Männern an den Tauen, die versuchen das Bergungsgerät zu stabilisieren. Geht dabei – wie hier am 18.02.2020 – alles gut, liefern die Daten wichtige Informationen über den Zustand der Ozeane. Nicht nur an Bord ist eine solche Bergung ein besonderes Ereignis: Auch eine Gruppe Buckelwale hat sich am Morgen des 18. Februars äußerst interessiert an den Aktivitäten auf dem roten Koloss in ihrem Territorium gezeigt – was den Einsatz des Bergungsgeräts wiederum erheblich verzögert hat.
Bergung eines Unterwassergleiters am Nullmeridian bei 58°S. Zuvor wurde S.A. Agulhas II von einer Gruppe Buckelwale über mehrere Stunden aus direkter Nähe inspiziert.
Seit Mittwochabend befindet sich S.A. Agulhas II auf dem Weg nach Marion Island, wo am Montag noch zwei Passagiere zusteigen werden. Für den 28.02.2020 ist dann die Ankunft in Kapstadt geplant. Bis dahin werden uns hier an Bord die Furious Fifties und die Roaring Forties noch Hochsee-Feeling garantieren. Der Wellengang hat deutlich zugenommen und das Rollen des Schiffs ist deutlich zu spüren – und zu sehen! Aber Schunkeln gehört ja schließlich zur Fünften Jahreszeit und somit verbleibe ich mit karnevalistischen Hochsee-Grüßen: Alaaf!