Tauwetter im Süden, heftiger Schneefall in den Mittelgebirgen, Kälteeinbruch im Norden Deutschlands und dazu Staub von der Sahara. Auch in der Stratosphäre herrschen zurzeit chaotische Zustände. Eine instabile Strömungssituation in 20-50 Kilometer Höhe bedingt oft Extremwetterereignisse auch am Boden.
Dieses Jahr gab es bereits ungewöhnlichen Schneefall in Madrid und den Sturm „Goran“. In den Alpen kam es nach einer längeren Kältephase nun zu starkem Tauwetter mit Hochwassergefahr im Alpenvorland. Zeitgleich kam es zu einem Kälteeinbruch an den norddeutschen Küsten und zu besonders starkem Schneefall in den Mittelgebirgen Deutschlands. Am vergangenen Samstag färbte dann ein starkes Saharastaubereignis den Schnee der Westalpen rot (siehe Abb. 1 und 2). Auf der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus auf der Zugspitze zeigt sich das Ereignis vom 6. Februar deutlich in der Messung der Feinstaubpartikel (PM10). Aber auch in Stuttgart und in München färbte sich der Himmel grünlich gelb. Allein über Augsburg wurden jede Stunde etwa 75 Tonnen Wüstenstaub in einem nur 100 Metern schmalen Höhenbereich in 5 Kilometern Höhe transportiert.
Abb. 1: MODIS Saharastaub Ereignis
Abb. 2: Die Aerosol Optische Dicke zeigt den Transport des Saharastaubs durch das Tiefdruckgebiet, das in der Animation durch die Auslenkung des Starkwindbandes deutlich wird.
Verantwortlich für den Wechsel unseres Wetters in den mittleren Breiten sind planetare Wellen, die für die regelmäßige Abfolge von Hoch- und Tiefdruckgebieten verantwortlich sind. In der Animation sind die Strukturen der Wellen deutlich zu erkennen.
Normalerweise bildet sich im Winter über dem gesamten kalten Nordpol ein Wirbel. Am Rande dieses Wirbels herrschen in der Troposphäre (ab etwa 5 km) bis hinauf in die Stratosphäre (bis in 50 km) besonders starke, nach Osten gerichtete Windströmungen. Dieser Wind verhindert weitgehend den Austausch der Luftmassen zwischen dem warmen Äquator und dem kalten Pol. Ist dieses Windband stabil, so strömt recht feuchte Luft mit vergleichsweisen milden Temperaturen vom Atlantik über Europa.
Planetare Wellen stören nun diesen Wirbel und führen zum energetischen Ausgleich zwischen Äquator und Pol. Die Animation zeigt, wie das Windband nach Norden und Süden ausgelenkt wird; es mäandriert durch den Einfluss der Wellen. Daran gebunden ist der Transport von Luftmassen. Je stärker also das Windband moduliert wird, umso eher gelangen besonders kalte, bzw. warme Luftmassen in die mittleren Breiten. Im Winter können sich planetare Wellen bis in große Höhen ausbreiten und die Zirkulation der Stratosphäre (10-50 km Höhe) beeinflussen. Zurzeit ist die Aktivität der Wellen sowohl in der Troposphäre als auch in der Stratosphäre sehr hoch. Dadurch ist die Atmosphäre instabiler als gewöhnlich: die Abfolge von Hoch- und Tiefdruckgebieten wird ausgeprägter und kalte Polarluftmassen können bis tief in Süden vorstoßen, wo sie auf relativ warme Luftmassen stoßen, wie dies in Deutschland zu beobachten ist. Am Wochenende beobachteten wir ein stark ausgeprägtes Tiefdruckgebiet über Spanien, das Luftmassen von der Sahara bis nach Deutschland gelenkt hat. Gleichzeitig befand sich ein Hochdruckgebiet nordwestlich von Norwegen, welches kalte Polarluft von Norden nach Norddeutschland gebracht hat. Es befand sich also ein Hochdruckgebiet über einem Tiefdruckgebiet; man spricht von einer „high-over-low“-Wetterlage. Diese ist bekannt für extreme Wetterereignisse.
Extreme Wetterlagen und auch Saharastaubereignisse kommen immer wieder vor. Besonders spannend ist die Frage, ob die Ausbildung solcher Wetterlagen in Zukunft durch den Klimawandel häufiger wird. Dies lässt sich nicht auf Basis von Einzelereignissen beurteilen. Deshalb beobachten Wissenschaftler des EOC Aktivität planetarer Wellen langfristig auch mit dem Ziel, mögliche Konsequenzen auf das Wettergeschehen abzuschätzen.