Durch die Beteiligung des IMF an den Copernicus-Atmosphärenmissionen sind unsere Arbeiten in den Bereichen Strahlungstransport, Streuung und Retrieval bis weit in die 2030er Jahre vorgezeichnet. Die dabei zum Einsatz kommenden Sensoren weisen im Gegensatz zu den in der Vergangenheit verfügbaren passiven Spektrometern anspruchsvollere Eigenschaften auf. Hierzu zählen unter anderem eine um den Faktor 100 höhere räumliche Auflösung und die Nutzung des geostationären Orbits. Eine höhere räumliche Auflösung bedingt eine höhere Datenrate bei gleichbleibenden oder sogar noch strikteren zeitlichen Prozessierungsanforderungen. Außerdem werden Effekte wie unvollständige Pixelausleuchtung oder partielle Bewölkung, die bisher in den groben Bodenpixeln vernachlässigbar waren, relevant. Der geostationäre Orbit bedeutet bei der Überwachung Europas neue Sichtliniengeometrien und variable Beleuchtungsverhältnisse.
Für all diese Anforderungen müssen unser Strahlungstransport und unser Retrieval weiterentwickelt werden. Dies beinhaltet eine signifikante Beschleunigung der eingesetzten Algorithmen und Verfahren, zukünftig vermehrt mit Machine Learning-Methoden. Außerdem werden Verfahren zur komprimierten Simulation von Spektralbereichen sowie die Portierung der Strahlungsmodelle auf schnelle Hardwarekomponenten erforderlich. Durch Erweiterung der vorhandenen Verfahren auf den multidimensionalen Strahlungstransport, auf die Berücksichtigung der Polarisation sowie auf die Kopplung von Atmosphäre und Wasserkörper für die Atmosphärenkorrektur können Effekte räumlicher Inhomogenität besser erfasst werden. Außerdem sollen am IMF entwickelte Streuverfahren für das Retrieval von Aerosol- und Wolkeneigenschaften eingesetzt werden, um so die für zukünftige Sensoren immer wichtiger werdenden Streuprozesse an Aerosolpartikeln und Wolkentropfen angemessen zu berücksichtigen.
Um diesen Anforderungen im Atmosphärenretrieval der Big EO-Datenära gerecht zu werden, wurde die Nachwuchsgruppe „Retrieval der nächsten Generation“ etabliert. Ihre Arbeiten sollen die Grundlage für die in operationellen Systemen zum Einsatz kommenden Algorithmen und Prozessorsysteme bilden.