Leckageprüfstand am ZLP-Stade
Neuartige Flugzeugbauteile aus leichtem kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) sind derzeit noch vergleichsweise teuer und ihre Produktion ist aufwändig. Die Bauteile müssen in einem Autoklaven, einer Art großem Schnellkochtopf, unter Druck und hohen Temperaturen ausgehärtet werden. Das Problem: Für den Druckaufbau müssen die Teile in eine Vakuumfolie verpackt werden – ein sogenannter Vakuumaufbau. Bereits kleine Löcher in der Folie, auch als Leckagen bezeichnet, können die die Qualität des Bauteils negativ beeinflussen. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben ein Verfahren entwickelt, das zuverlässig Aufschluss über die Beschaffenheit der Vakuumfolie gibt, sodass im Falle von Mängeln der Aushärteprozess erst gar nicht gestartet wird. Das spart Zeit, Geld und schont die Umwelt. Für diese Entwicklung haben sie am 21. September 2015 den 2. Platz beim AVK Innovationspreis in der Kategorie "Prozesse/Verfahren" belegt.
Eine Thermokamera macht’s möglich
„Derzeitig ist es zwar technisch möglich, Leckagen aufzuspüren, allerdings ist dies mit einem sehr hohen manuellen und zeitlichen Aufwand verbunden“, sagt Ingenieur Daniel Stefaniak vom DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik. „Insbesondere bei großen komplexen Vakuumaufbauten werden mit den gängigen Methoden mittels Ultraschall oder Druckverlustmessung nicht alle Leckagen gefunden.“ Das bedeutet, dass fehlerhaft verpackte Bauteile doch zur Aushärtung in den Autoklaven kommen. Die Leckagen führen mit fortlaufendem Aushärteprozess zu einem unzulässigen Druckverlust im Vakuumaufbau und damit zum Ausschuss des Bauteils. Um dies zu verhindern ist ein verlässliches Verfahren nötig, dass diesem Problem entgegenwirkt.
Die Infrarotthermografie bietet die Möglichkeit, geringste Temperaturverteilungen an Oberflächen zu messen. Auch Strömungsverhältnisse können auf diese Art sichtbar gemacht werden. Die Nutzung dieses Effekts erlaubt die rechtzeitige Erkennung von Leckagen an Vakuumaufbauten, da die Oberfläche durch die einströmende Luft und deren Ausdehnung abgekühlt wird. Diese Technologie haben sich die DLR Wissenschaftler zu Nutzen gemacht und im DLR-Zentrum für Leichtbau-Produktionstechnologie (ZLP) in Stade einen Versuchsstand für Testzwecke aufgebaut. In Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner der Dopag Group konnte das Verfahren automatisiert und zur Marktreife gebracht werden.
Automatisierte Qualitätssicherung
Eine automatisierte Leckageerkennung ist vor allem dort von Nutzen wo großflächige Bauteile aus Faserverbunden hergestellt werden. Neben der Luftfahrtindustrie gehören hierzu auch Hersteller von Rotorblättern für Windenergieanlagen und der Schiffbau. Zur Steigerung des Automatisierungsgrades werden je nach Bauteilgröße eine oder mehrere Thermografiekameras an eine Roboter- oder Lineareinheit montiert. Hierdurch kann während eines Scanvorgangs der gesamte Vakuumaufbau erfasst und durch eine geeignete Software automatisch ausgewertet werden. „Bereits bei geringen Druckdifferenzen ist ein deutlicher Temperaturunterschied im Bereich der Leckage zur direkten Umgebung messbar“, erklärt DLR-Ingenieur Andreas Kolbe. „Durch die Bildverarbeitungssoftware sind wir in der Lage, die fehlerhafte Stelle dann in Relation zur Bauteilposition genau zu lokalisieren“ Mit dem Verfahren können Leckagen nicht nur aufgespürt werden, sondern es ist auch möglich genauere Daten wie z.B. Form und Größe zu bestimmen. Diese Informationen dienen den Wissenschaftlern als Entscheidungsgrundlage, wie weiter mit dem Bauteil und dessen Vakuumaufbau verfahren werden soll. Je nach Beschaffenheit der Leckage wird die Folie entweder lokal ausgebessert oder der Vakuumaufbau für das komplette Teil erneuert. Somit kann gewährleistet werden, dass das Bauteil auf Anhieb gelingt und somit Geld, Zeit und Energie eingespart werden.