Am Ende des kritischen etwa siebenminütigen Landesvorgangs setzt InSight gebremst von autonom gesteuerten Triebwerken auf dem Mars auf (©NASA/JPL/Caltech).
InSight-Forschungsplattform mit der Sensorik des „Maulwurfs“ im HP³-System. Die „Galaxie“-Federn schützen die empfindlichen Beschleunigungsaufnehmer. Die Abbildung basiert auf einer Grafik der NASA/JPL-Caltech.
Empfindliche Neigungssensorik mit montierten „Galaxie“-Federn (STATIL-System).
Noch wenige Wochen, dann wird sich der Marsmaulwurf des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erstmals vollautomatisch bis zu fünf Meter tief in den Untergrund des Roten Planeten hämmern und helfen, dessen innere Wärme zu messen. "Mit der Beteiligung an der Insight-Mission trägt Deutschland maßgeblich zur Erweiterung unseres Wissens über den Roten Planeten bei", betont Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR, "Wissenschaftlich wie auch technologisch ist das HP3-Experiment eine Innovation zur Erforschung unseres Nachbarplaneten, ein Blick hinter den nächsten Horizont." Als Teil der Mission InSight ist das HP3-Experiment am 26. November 2018 um 20:52:59 Uhr MEZ mit der NASA-Sonde InSight auf dem Mars gelandet. Das geophysikalische Observatorium hat nach einer fast 500 Millionen Kilometer langen Reise etwas nördlich des Mars-Äquators sanft in der Ebene Elysium Planitia aufgesetzt. "Wir sind froh nun erstmals mit einem DLR-Experiment auf der Marsoberfläche zu sein und die in der Raumfahrtgeschichte bisher einmalige Erkundung des Marsinneren wesentlich mitzugestalten", sagt Prof. Hansjörg Dittus, DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und -technologie in Pasadena/Kalifornien anlässlich der Landung.
Auch der Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, Thomas Jarzombek MdB, zeigt sich hoch erfreut: "Ich beglückwünsche die Projektverantwortlichen zur erfolgreichen Landung auf dem Mars. Die InSight-Mission zeigt, welche Erfolge internationale Kooperationen in der Raumfahrtforschung bringen. Deutschland hat mit dem Experiment HP3 einen zentralen Beitrag geliefert, der Ausdruck der herausragenden und international anerkannten Kompetenz des DLR ist. Darüber hinaus liefert Deutschland im Rahmen des Nationalen Programms für Weltraum und Innovation des Bundeswirtschaftsministeriums weitere Beiträge zur Mission. Insgesamt ist dies ein Beleg für die erfolgreiche Wissenschafts- und Technologieförderung der Bundesregierung.“
Robotischer Arm wird Marsmaulwurf im Januar aussetzen
Nach den ersten Bildern der Landeumgebung von InSight wird in einem nächsten Schritt ein räumliches Modell der Oberfläche erstellt. Anhand des Modells können die Forscher entscheiden, wo der mitgeführte robotische Arm der Sonde in einem Umkreis von eineinhalb Metern Anfang Januar den Marsmaulwurf HP3 absetzt. Bereits Ende Dezember ist das Aussetzen des Seismometers SEIS (Seismic Experiment for Interior Structure) geplant, an dem auch das DLR beteiligt ist und das in einem internationalen Konsortium unter der Leitung der französischen Raumfahrtagentur CNES gebaut wurde.
Das HP3-Instrument auf der NASA-Mission InSight
Die Mission InSight wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena, Kalifornien, im Auftrag des Wissenschaftsdirektorats der NASA durchgeführt. InSight ist eine Mission des NASA-Discovery-Programms. Das DLR steuerte zur Mission das Experiment HP3 (Heat Flow and Physical Properties Package) bei. Im Inneren der HP³-Wärmeflusssonde, dem „Maulwurf“, schlägt ein elektromechanisches Herz, das für den Vortrieb in das Innere des Planeten sorgt. Es erzeugt starke Stöße, sodass sich das Gerät selbstständig in den Boden vorarbeitet. Dabei zieht die Sonde Temperatursensoren auf einem fünf Meter langen Kabel mit in die Tiefe. „Diese Stöße erzeugen so hohe Beschleunigungen (bis zu 14.500 g), dass die empfindliche Messtechnik im Inneren der Sonde durch ein spezielles Stoßisolationssystem vor den auftretenden Belastungen geschützt werden muss“, erläutert Prof. Jörg Melcher vom DLR- Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik aus Braunschweig, „Aufgabenstellungen wie diese passen genau in unser Portfolio“.
Neigungsbestimmung im Untergrund
Da die Sonde im Marsboden beispielsweise durch Steine abgelenkt werden kann, wird die Neigung des „Maulwurfs“ im Untergrund ständig durch das STATIL-System (STatic Acceleration and TILt) mit hochempfindlichen Beschleunigungssensoren überwacht. „Gerade diese Beschleunigungssensoren reagieren empfindlich auf die großen Belastungen, die beim Vortrieb in den Boden aber auch durch die Belastungen des Raketenstarts entstehen“, erklärt Melcher. Das in Braunschweig entwickelte Isolationssystem entkoppelt diese Sensoren von den Stößen und minimiert die Belastungen der Sensorik beim Raketenstart. Hierfür kommen spezielle Doppelspiralfedern – auch „Galaxie“-Federn genannt – zum Einsatz. Sie sorgen einerseits dafür, dass das empfindliche STATIL-System geschützt wird, andererseits führen sie die Sensoren aber auch so präzise im Sondengehäuse, dass die Neigungsbestimmung weiterhin hochgenau möglich ist.
Technologietransfer von der Straße in den Weltraum
Die bei InSight eingesetzte Technologie basiert auf Patenten des DLR zur passiven und aktiven Schwingungsberuhigung, die unter anderem bei Fahrzeugspiegeln zum Einsatz kommt. Dort erhöhen diese neuen Maßnahmen die Sicherheit und die Funktionalität. Mittlerweile sind eine vollständig passive, eine semi-aktive und eine adaptive Variante verfügbar, in der piezokeramische Aktoren und adaptive Regler integriert sind. „Wir freuen uns, dass die unsere Technologien nun auch auf dem Mars zum Einsatz kommt“, sagt Prof. Melcher abschließend.