15. März 2022

Neuer Wärmeträger- und Pumpenteststand am DLR-Standort Köln

Mobiler Wärmeträger- und Pumpenteststand (MOPUW)
Der neue Teststand in Köln-Porz ermöglicht es, mit begrenztem Aufwand neuartige Wärmeträgerfluide im Technikumsmaßstab zu demonstrieren und zu erforschen.
  • DLR und Industriepartner testen neues Wärmeträgerfluid für den Einsatz in Solarkraftwerken und Industrieanlagen.
  • Der neue Teststand in Köln-Porz ermöglicht es, mit begrenztem Aufwand neuartige Wärmeträgerfluide im Technikumsmaßstab zu demonstrieren und zu erforschen.
  • Versuche finden im Rahmen des Projektes SING statt.

In einem neu errichteten mobilen Wärmeträger- und Pumpenteststand (MOPUW) testet das DLR in Kooperation mit Industriepartnern die Funktionalität des Gesamtsystems bis zu Temperaturen von 480 Grad Celsius im Dauerbetrieb. Gemäß der Betriebsparameter handelt es sich um die heißeste Thermalölanlage der Welt. Die Industriepartner sind der Pumpenhersteller Dickow, der Anlagenbauer heat 11, der Chemiekonzern Wacker Chemie AG sowie der TÜV NORD.

Der neue Teststand ermöglicht es, mit begrenztem Aufwand neuartige Wärmeträgerfluide im Technikumsmaßstab zu demonstrieren und zu erforschen. Solche Systemdemonstrationen liefern Erkenntnisse darüber, wie ein Thermoöl unter hohen Temperaturen im Zeitverlauf altert und welche Degradationsprodukte dem geschlossenen Ölkreislauf gezielt entzogen werden müssen, damit ein stabiler Betrieb langfristig möglich ist.

Wärmeträgeröle müssen dauerhaft hohen Temperaturen standhalten können

In solarthermischen Kraftwerken spielen Wärmeträgerfluide eine zentrale Rolle. Sie leiten die aus dem konzentrierten Sonnenlicht gewonnene Wärmeenergie zum Wärmespeicher oder zum Kraftwerksblock, wo eine Dampfturbine einen Generator antreibt, der Strom erzeugt. Eine höhere Temperatur des Wärmeträgerfluids verbessert den Wirkungsgrad der Umwandlung von Wärme zu Strom, wodurch die Stromgestehungskosten sinken.

Auch Industrieanlagen benötigen Wärmeträgerfluide, zum Beispiel um einen Reaktor zur Herstellung von Kunstoffen zu beheizen. Sowohl im Solarkraftwerk als auch in der Industrieanlage sind Wärmeträgerfluide über einen langen Zeitraum hohen Temperaturen ausgesetzt.

Wo die optimale Betriebstemperatur liegt, hängt vom Anlagentyp und der Anwendung ab. Parabolrinnenkraftwerken mit einer vergleichsweise langen Laufzeit von 25 Jahren und einem großen „Öl-Inventar“ von bis zu mehreren tausend Tonnen, werden derzeit noch mit dem State-of-the-Art Thermoöl bei Temperaturen von circa 400 Grad Celsius betrieben. Bei höheren Temperaturen würde sich das organische Öl nach kürzerer Zeit zersetzen, es müsste deutlich früher ausgetauscht werden. Die Verwendung von temperaturbeständigeren Siliconfluiden ist laut Berechnungen vom DLR und TSK Flagsol sogar bei einer Betriebstemperatur von bis zu 440 Grad Celsius ökonomisch sinnvoll.

Viele industrielle Prozessanlagen verwenden einhundert bis tausend Mal weniger Thermoöl als Solarkraftwerke. Aus dem Grund könnte es sich rentieren, die Prozesse bei Temperaturen oberhalb von 450 Grad Celsius zu betreiben und das degradierte Öl bereits zu einem früheren Zeitpunkt auszutauschen. Mögliche Einsatzbereiche sind die Melaminherstellung, die Laugenkonzentration (NaOH, KOH) oder der Bauxitaufschluss, ein Teilschritt bei der Aluminiumherstellung.

Neues Siliconöl für besonders hohe Temperaturen

Am neuen Teststand werden die Projektpartner zunächst das von WACKER neu entwickelte Siliconöl HELISOL®XLP und die Dickow Pumpe testen.

Das Unternehmen Dickow hat mit der NMX Pumpenbaureihe die weltweit einzige magnetgekuppelte und selbstentlüftende Pumpe entwickelt, die mit einer sehr kompakten Bauform ohne Kühlung bei bis zu 500 Grad Celsius und 50 bar im Dauerbetrieb funktioniert. Diesen Fortschritt ermöglichen hochtemperaturbeständige Werkstoffe und eine entsprechende Auslegung der inneren Gleitlagerung sowie der Magnetkupplung.

DLR-Wissenschaftler Christoph Hilgert bei der Entnahme einer Wärmeölprobe
Die Versuche in der mobilen Wärmeträger- und Pumpenteststand (MOPUW) liefern Erkenntnisse darüber, wie Thermoöle unter hohen Temperaturen im Zeitverlauf altern.

WACKER hat das Siliconöl HELISOL® XLP für Temperaturbereiche entwickelt, in die bisher keine anderen Wärmeträgeröle vorgedrungen sind. Die Eigenschaften und die Temperaturbeständigkeit des neuen Wärmeträgerfluids HELISOL® XLP haben die Chemiker/innen von WACKER und dem DLR bereits im Labor ermittelt. Um zu demonstrieren, dass auch das Gesamtsystem den hohen Temperaturbelastungen standhält, wird die Anlage über eine Dauer von 3000 Stunden bei 450 Grad Celsius und später jeweils während 1000 Stunden bei höheren Temperaturen betrieben.

Heat 11, Spezialist für Anlagen zur Wärmeübertragung, hat den mobilen Wärmeträger- und Pumpenteststand entsprechend der Vorgaben von DLR und Dickow ausgelegt.

Die Sicherheitsexperten des TÜV NORD haben die Auslegung und Fertigung des Teststandes überwacht und stehen auch während des Betriebs für Sicherheitsfragen zur Verfügung.

Projekt SING

Wissenschaftler/innen des Instituts für Future Fuels betreiben die MOPUW Testanlage im Rahmen des Projekts SING (Silicone Fluid Next Generation). Vorrangiges Ziel des Projektes ist, die Stromgestehungskosten von solarthermischen Parabolrinnenkraftwerken zu senken. Das DLR ist Projektkoordinator, die Firma Dickow ist der Eigentümer der Anlage. Weitere Projektpartner im Projekt SING sind die Unternehmen WACKER Chemie AG, flucon, TÜV NORD und Senior Flexonics. Als assoziierte Partner sind heat 11, Flagsol, Rioglass, RWE, STEAG beteiligt sowie das spanische Forschungszentrum CIEMAT im Unterauftrag des DLR.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.

Kontakt

Dr. rer. nat. Christian Jung

Abteilungsleiter
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR)
Institut für Future Fuels
Chemische und physikalische Grundlagen
Linder Höhe, 51147 Köln-Porz

Elke Reuschenbach

Leiterin Institutskommunikation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Future Fuels
Linder Höhe, 51147 Köln-Porz
Tel: +49 (0) 2203 601-4153