Kabinenklimatisierung und Thermomanagement sind zentrale Aspekte in der Entwicklung von Elektrofahrzeugen und haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Fahrzeugreichweite. Derzeit werden zu diesem Zweck hauptsächlich elektrisch betriebene Komponenten wie elektrische Heizer oder Klimaanlagen eingesetzt, welche die Reichweite im Sommer und Winter deutlich reduzieren. Am DLR wird daher ein Klimaaggregat entwickelt, welches kaum elektrische Energie benötigt. Als Energiequelle wird stattdessen die Druckenergie des Wasserstoffs in einem Drucktank-Brennstoffzelle-System genutzt. Diese Energie muss an der Tankstelle aufgebracht werden um den Wasserstoff bei 700 bar zu speichern, bleibt aber im Fahrzeug selbst ungenutzt. Durch die Integration eines wasserstoffbasierten Klimatisierungssystems (H2-A/C) zwischen den Drucktank und der Brennstoffzelle kann diese potentielle Energie in einen Klimatisierungsnutzen umgewandelt werden.
Funktionsprinzip und Integrationskonzepte
Die H2-A/C basiert auf kompakten, thermochemischen Reaktoren, welche mit Metallhydridpulver gefüllt sind. Kommt Wasserstoff mit diesem Pulver in Berührung lagert er sich daran an, wodurch Wärme freigesetzt wird, welche zum Heizen der Fahrzeugkabine genutzt werden kann. Um den Wasserstoff wieder aus dem Metallhydrid zu lösen muss dem Reaktor die Wärme wieder zugeführt werden, was einen Kühleffekt in der Kabine generiert. Durch die Nutzung zweier Reaktoren kann ein System entwickelt werden, das je nach Bedarf einen kontinuierlichen Wärme- oder Kältestrom bereitstellen kann. Dabei wird kein Wasserstoff verbraucht, da der Effekt auf der Umwandlung der Druckenergie während der kurzzeitigen Speicherung im Reaktor basiert. Für Brennstoffzellenfahrzeuge ist die direkte Integration des Reaktorpaars in den Wasserstoffpfad des Fahrzeugs geplant, sodass der elektrische Energiebedarf der Klimatisierung reduziert werden kann. Bei batterieelektrischen Fahrzeugen (besonders Nutzfahrzeugen) kann ein Gesamtsystem aus Drucktank, Brennstoffzelle und H2-A/C nachgerüstet werden und fungiert somit nicht nur als Klimaaggregat sondern auch als Range-Extender (A/C-APU).
Am Teststand des DLR erfolgte die erstmalige Kopplung von Metallhydridreaktoren mit einer Brennstoffzelle. Dabei wurde nachgewiesen, dass eine A/C-APU ohne Einschränkungen für die Brennstoffzelle betrieben werden kann und einen kontinuierlichen Kühl- und Heizeffekt generiert.
Die beiden Reaktoren durchlaufen dabei zyklische Zustände des Heizens und Kühlens. Während ein Reaktor mit Wasserstoff aus dem Drucktank beladen wird und dabei einen Heizeffekt generiert, versorgt der andere Reaktor die Brennstoffzelle mit Wasserstoff und generiert dabei einen Kühleffekt. Sobald der kältere Reaktor entladen ist erfolgt ein Zyklenwechsel. Der mit Wasserstoff beladene Reaktor kühlt sich nun ab und versorgt die Brennstoffzelle und der leere Reaktor wird wieder mit Wasserstoff beladen.
Durch diesen zyklischen Betrieb entsteht ein quasi-stationärer Kreislauf mit dem derzeit eine mittlere Heiz- und Kühlleistung von bis zu 0,8 kW generiert werden können, was etwa 30-50% des thermischen Bedarfs zur Kabinenklimatisierung entspricht. Durch die sehr hohe Leistungsfähigkeit und schnelle Kinetik der Reaktoren eignet sich das System auch besonders zur Unterstützung beim Kaltstart des Fahrzeugs. Innerhalb von 60 Sekunden können bis zu 10 kW an Heizleistung freigesetzt werden. Gesamtfahrzeugsimulationen des Systems ergaben eine Reichweitenerhöhung um bis zu 8%.
Bei der Weiterentwicklung der A/C-APU zu einer Serientauglichkeit wird neben der Energieeffizienz darauf geachtet, möglichst wenig Bauraum im Fahrzeug zu beanspruchen. Zusätzlich soll das Leistungsgewicht der A/C-APU weiter erhöht werden. Hierbei wird durch Verbesserungen an den Metallhydridreaktoren und am Gesamtsystem ein um ca. 30% erhöhtes Leistungsgewicht als sehr realistisch eingeschätzt. Für die Automatisierung der A/C-APU für den realen Fahrzeugbetrieb wird zukünftig das Steuerungsmodul durch die Implementierung vorausschauender Betriebsstrategien intelligenter gestaltet werden.