Die Bedeutung unbemannter Luftfahrzeuge für zivile Anwendungen nimmt stetig zu. Dabei ist zu erwarten, dass Frachtflugzeuge der Zukunft gerade auch im Langstreckenflug unbemannt sein werden. Der Integration dieser Flugzeuge in das Luftverkehrssystem hat sich das Unmanned Freight Operations Projekt des DLR gewidmet.
Unbemannte Frachtflugzeuge bieten einige Vorteile. Ihre Crews am Boden sind beispielsweise flexibler einsetzbar, da sie nicht an Bord des Langstreckenfluges mitreisen, sondern das Fluggerät immer vom selben Ort aus bedienen können. So werden längere Flugzeiten und eine ausgewogenere Verteilung der Arbeitsbelastung möglich. Eine zentrale Herausforderung für den zukünftigen Betrieb unbemannter Frachtflugzeuge in Ergänzung zum heutigen Transportsystem ist die Integration dieser Maschinen in den konventionellen Luftverkehr. Das DLR-Projekt UFO ist über den heutigen Stand der Technik hinausgegangen und hat konkrete Lösungsansätze für den von der Flugsicherung kontrollierten Luftraum bereitgestellt. Im Projekt wurden vielfältige Aspekte der Integration unbemannter Frachter sowohl in der Luft als auch am Boden abgedeckt. Hierzu haben die Institute für Flugführung, Flugsystemtechnik, Kommunikation und Navigation, Luft- und Raumfahrtmedizin sowie die DLR Lufttransportsysteme gemeinsam Szenarien definiert und neue Unterstützungssysteme, Verfahren und Technologien sowohl für Lotsen als auch Piloten entwickelt und validiert.
Szenarien
Für die Entwicklung von Integrationskonzepten wurden drei verschiedene Szenarien ausgewählt. Zusammen decken diese Szenarien ein breites Spektrum verschiedener Integrationsfragestellungen ab. Beispielhaft ausgewählt wurden:
Ausgehend von den Szenarien wurden die technischen Anforderungen an Kommunikation, Navigation und Überwachung (CNS) erarbeitet und derzeit verfügbaren Systemen für die Luftfahrt gegenübergestellt. Die definierten Anforderungen an spezifische CNS-Systeme unterscheiden sich insbesondere in Abhängigkeit vom Luftraum und damit den anderen Flugobjekten, die sich dort bewegen. Die Zustandsüberwachung des unbemannten Luftfahrzeuges wurde mit dem Ziel systematisiert, dem Piloten am Boden eindeutige und leichter interpretierbare Zustandsmeldungen geben zu können. Neben diesen eher technischen Anforderungen standen im Projekt auch Human-Factors Aspekte im Fokus. Es wurden Ideen zur Unterstützung der Bediener und Lotsen entwickelt und exemplarisch umgesetzt. Anforderungen an Bediener wurden beschrieben und mögliche Aufteilungen der Aufgaben definiert.
In einem Workshop mit der DFS wurden die Möglichkeiten und Randbedingungen zur Übernahme von Teilen der Führungsaufgabe im Langstreckenszenario durch Fluglotsen untersucht. Die Überwachungsaufgaben eines Piloten am Boden haben generell eine Ähnlichkeit zum heutigen Aufgabenspektrum eines Fluglotsen.
Das Szenario des Langstreckenfrachttransportes hat die größten Anforderungen an die ATM Integration, da hierbei in kontrolliertem Luftraum gemischt mit bemannten Flugzeugen und an bereits heute ausgelasteten Verkehrsflughäfen geflogen wird.
Integration in den Luftraum
Im Projekt Unmanned Freight Operations wurden Konzepte mit verschiedenen Realisierungshorizonten und unterschiedlichen Anforderungen an die technische Ausstattung entwickelt. Für das Szenario des Hilfsgütertransportes ist wie heute für ähnliche bemannte Missionen eine Separierung des Luftraumes durch spezielle Korridore denkbar. Beim Transport von Werksgütern von einem Fabrikstandort zum anderen wurden sowohl die von der EASA in der SORA angedachte ‚Specific‘ Kategorie als auch eine Integration in den konventionellen Luftverkehr betrachtet
Das Szenario des Langstreckenfrachttransportes erfordert dagegen eine Integration in den konventionellen Luftverkehr. Ein vielversprechendes Konzept, das in relativ kurzer Zeit zum Einsatz kommen könnte und auch bereits für den konventionellen bemannten Luftverkehr in Simulationen erprobt wurde, ist das Konzept der sektorlosen Führung. Hierbei übernehmen im Streckenflug speziell geschulte Lotsen die Führung der unbemannten Flugzeuge im ansonsten konventionell geführten Luftraum. Ein Pilot am Boden steht in direktem Kontakt zu diesem Lotsen und führt die Anweisungen aus. Das Flugzeug empfängt die Befehle des Piloten von der Bedienstation. Diese Bodenkontrollstation erhält Bewegungs- und Statusdaten des Flugzeugs über einen Datenlink. Der Pilot am Boden überwacht mit den Statusanzeigen der Kontrollstation den gesamten Flug und das Flugzeug. Dieses Konzept wurde im Validierungszentrum Luftverkehr des Instituts für Flugführung erprobt und hat die Erwartungen erfüllt.
Integration am Flughafen
Im Flughafennahbereich werden die unbemannten Luftfahrzeuge unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Anforderungen in die An- bzw. Abflugsequenz eingegliedert. Insbesondere bei der Integration an hoch frequentierten Verkehrsflughäfen sollen durch die unbemannten Frachtflugzeuge keine Nachteile für den konventionellen Verkehr entstehen. Hierzu wurden Lotsenunterstützungssysteme so erweitert, dass der Lotse Besonderheiten des unbemannten Luftfahrzeugs erkennen und entsprechend mit dem Piloten am Boden interagieren kann. Diese neuen Entwicklungen zur Lotsenunterstützung wurden in einer Versuchskampagne für das Szenario des Langstreckenfrachttransportes, an der auch Fluglotsen der DFS beteiligt waren, mit großem Erfolg im Validierungszentrum Luftverkehr des Instituts für Flugführung validiert. Auch die Weiterentwicklungen der Bodenkontrollstation konnten im Rahmen dieser Versuche getestet werden. Die durch die Versuche gewonnenen Erfahrungen haben dazu beigetragen, die Unterstützung für den Piloten am Boden weiter voranzutreiben. Auch die Möglichkeiten für den Betrieb unbemannter Frachtflugzeuge am Boden sind sehr vielfältig und hängen sehr von den Gegebenheiten am Flughafen bzw. Flugplatz ab. So können bemannte oder unbemannte Schleppfahrzeuge zum Einsatz kommen, aber ebenso sind eine Fernsteuerung durch den Piloten oder autonomes Rollen denkbar. Im Projekt UFO wurden die verschiedenen Möglichkeiten und Randbedingungen analysiert und verschiedene Konzepte ausgearbeitet.
Da für den Bodenverkehr zunächst pragmatische Verfahren denkbar sind, die auf bereits heute etablierte Schleppvorgänge zurückgreifen, wurde dieses Konzept ausgewählt und als Demonstration im Leitstand des Validierungszentrums Luftverkehr realisiert. Hierbei findet eine Übergabe des Luftfahrzeugs von der Bodenkontrollstation an den Schlepperfahrer an einem definierten Übergabepunkt nach Verlassen der Landebahn statt. Nach der Ent- und Beladung sowie einem erneuten Schleppen zurück zur Startbahn übernimmt der Pilot das unbemannte Flugzeug unmittelbar vor dem Startvorgang.
Zusammenfassung
Das Projekt Unmanned Freight Operations hat gezeigt, dass der unbemannte Langstreckenfrachttransport generell technisch und organisatorisch möglich ist. Die fünf beteiligten DLR Institute haben Lösungsbeiträge zur Integration unbemannter Frachtflugzeuge konzipiert und demonstriert, die in absehbarer Zukunft umsetzbar sind.
Zum Abschluss des Projektes fand am 17. und 18. Oktober 2017 das Symposium Unbemannter Frachter am DLR Standort Braunschweig statt. Vorträge von externen Gästen und Projektmitarbeitern aus den Bereichen Regulierung, Anwendung und ATM Integration, Design von Frachtflugzeugen sowie Technologie und Human Factors zeigten dem Fachpublikum die Bandbreite und vielfältigen Aspekte der Integration des unbemannten Frachtverkehrs in das Luftverkehrsmanagement auf. Im Rahmen einer Demo-Tour durch das Validierungszentrum Luftverkehr des Instituts für Flugführung erhielten die Besucher einen reellen Eindruck von einigen der im DLR Projekt Unmanned Freight Operations (UFO) entwickelten Lösungsansätze.
Obwohl bis zur tatsächlichen Durchführung unbemannter Frachtflüge noch offene Fragen zu klären sind, wurde dabei deutlich, wie eine Integration zukünftig aussehen könnte.
DLR-Institut für Flugführung (Koordinator) DLR-Institut für Flugsystemtechnik DLR-Institut für Kommunikation und Navigation DLR-Lufttransportsysteme DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin