In dem LuFo-IV Projekt „SysTAvio – System- und Avionik-Technologien der nächsten Generation“ wurde von einem Verbund aus Industrie und Wissenschaft untersucht, inwieweit die Leistungsfähigkeit der Airbus A320 Familie verbessert werden kann. Schwerpunkte bildeten hierbei die integrierte modulare Avionik-Architektur (IMA), Hochauftrieb und Flugsteuerungen sowie Cockpit-Display-Systeme. Das Projekt wurde unter der Leitung von Liebherr Aerospace GmbH im Januar 2012 begonnen und im Juni 2016 abgeschlossen.
Projektbeschreibung
Das Institut für Flugführung des DLR hat im Rahmen des Projektes zusammen mit Diehl Aerospace mit zukünftigen Cockpit-Display-Systemen realisiert. Diehl Aerospace hat diesbezüglich auf Basis der integrierten modularen verteilten Avionik Architektur eine neue leistungsfähigere Grafik-Hardware, den Remote Graphics and Video Controller, entwickelt. Das DLR hat parallel neue Anzeige- und Bedienkonzepte erforscht. Auf Basis des noch relativ jungen Luftfahrtstandard „ARINC 661 - Cockpit Display System Interface to User Systems“ wurden die Standard-Avionikanzeigen ähnlich zu den im Airbus A350 eingesetzten Formaten implementiert. Diese Anzeigeformate wurden um künstliche, erweiterte Geländedarstellungen, zu einem sogannten Synthetic Vision System (SVS) erweitert.
Neue Anzeigemodi im Navigationsdisplay
Bei dem Synthetic Vision System wurden vom Institut neue Anzeigemodi im Navigationsdisplay betrachtet. Es wurde untersucht, inwiefern das Situationsbewusstsein durch perspektivische Ansichten verbessert werden kann. Neben den 2D ROSE und ARC Mode wurden drei exozentrische 2.5D-Perspektiven im Navigationsdisplay implementiert [1]. Diese Modi wurden in einer Simulatorstudie erprobt, bei der verschiedene Anflüge auf Flughäfen im Flachland und Gebirge durchgeführt wurden. Bei Standardanflügen, Präzisionsanflügen sowie Anflügen mit kontinuierlichem Sinkflug wurden die Piloten aufgefordert, die Anflüge in Bezug auf den Verlauf und die Abstände zum Gelände zu bewerten.
Einfluss von Gewittern
Ein weiterer Aspekt bildete der Einfluss von Gewittern auf den Anflug. Die Piloten mussten unter Verwendung von sogenannten NOWCASTs die Lage, Entfernung und Entwicklung von Gewitteraufkommenerfassen und beurteilen inwieweit diese den Anflug beeinträchtigten. Bei den NOWCASTs handelt es sich um eine Prognose der Gewitterentwicklung für einen Zeitraum von 60 Minuten in die Zukunft [2].
Bei der Ableitung von Ausweichrouten zum Umfliegen der Gewitter musste zudem der Geländekontext des Anfluges erfasst und berücksichtigt werden. Die Piloten mussten dementsprechend in der Simulatorstudie gleichermaßen die Wettersituation sowie die Geländemerkmale bewerten. Es zeigte sich, dass die Piloten die Beobachtung der Wettersituation priorisierten. Hierbei wurden überwiegend die 2D-Ansichten genutzt. Daneben zeigte sich, dass insbesondere bei den Anflügen auf den Flughafen Sion in den Schweizer Alpen, vermehrt die exozentrischen Perspektiven zur Erfassung der Geländemerkmale in Bezug zu der Anflugbahn eingesetzt wurden. Hierbei kam es zu keinerlei Konflikten in Bezug zu der Beobachtung der Gewitter. Die zusätzlichen perspektivischen Ansichten verbesserten damit das räumliche Situationsbewusstsein bezüglich des Geländes und stellten laut Aussage der Piloten eine äußerst hilfreiche Ergänzung zu den herkömmlichen 2D-Anzeigemodi im Navigationsdisplay dar.
Ergebnis
Die Simulatorstudie hat gezeigt, dass die Piloten für die Erfassung der Gewittersituation die herkömmlichen 2D-Modi des Navigationsdisplays nutzten, um den Einfluss auf den geplanten Anflug zu beurteilen und die neuen exozentrischen 2.5D-Modi insbesondere bei Anflügen auf Flughäfen im Gebirge zur Erfassung des räumlichen Anflugkontextes nutzten . Somit wurden im Rahmen des Projektes neue Anzeige- und Bedienkonzepte realisiert, die zum einen das Situationsbewusstsein bzgl. Gewitter und Gelände und damit auch die Sicherheit erhöhen und zum anderen die Leistungsfähigkeit der industriellen Hardware zukünftiger Großraumflugzeuge demonstrieren.