Fluglotsen nutzen Flugstreifen, um Informationen zu einem Flugzeug zu verwalten. Wird einem Flugzeug eine Freigabe erteilt, muss diese Information im Flugstreifen protokolliert werden. Papierflugstreifen sind einfach zu pflegen, die Informationen stehen aber im Gesamtsystem nicht in digitaler Form zur Verfügung. Abhilfe bieten elektronische Flugstreifen. Sie erhöhen allerdings die Arbeitsbelastung und je nach Implementierung auch die Zeiten, in denen der Lotsen seinen Blick vom Radarbildschirm abwenden muss (Head-down-Zeiten).
Eine auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Spracherkennung bietet hier eine Lösung. Die Projekte AcListant® und AcListant®-Strips haben gezeigt, dass mit assistenzbasierter Spracherkennung, d. h. durch die Kopplung eines Lotsenassistenzsystems mit einem Spracherkenner, sowohl gute Erkennungsraten als auch geringe Erkennungsfehlerraten erzielt werden können. Beides führt dazu, dass das Assistenzsystem die Intentionen des Lotsen besser erkennt und ihn damit bei seiner Arbeit effizienter unterstützten kann.
Das anschließende Projekt MALORCA zeigte, dass solche assistenzbasierten Spracherkenner durch maschinelles Lernen automatisch und damit preiswert an verschiedene Flughäfen angepasst werden können. Dies setzt voraus, dass genügend Sprachdaten und Radardaten zum Training der Algorithmen des maschinellen Lernens zur Verfügung stehen.
Das aktuelle Projekt HAAWAII setzt auf den Arbeiten von AcListant® und MALORCA auf. Es bezieht erstmals auch die Erkennung des Pilotenfunkverkehrs mit ein und wird deutlich mehr Sprachdaten einsetzen, um die KI-Algorithmen zu trainieren: MALORCA nutzte lediglich 25 Stunden Sprachdaten zum Lernen, während HAAWAII über 1.000 Stunden nutzen wird. Beispielhaft werden in HAAWAII die komplexen Umgebungen des Streckenflugverkehrs in Island sowie der Luftverkehr im Nahbereich Londons (Terminal Area, TMA) ausgewählt. Besondere Herausforderungen sind hier, neben vielfältigen Akzenten und deutlich schlechteren Sprachsignalen, auch Aspekte des Datenschutzes.
Die Arbeiten in HAAWAII werden sowohl die Sicherheit im Flugverkehr verbessern als auch die Arbeitsbelastung der Fluglotsen reduzieren. Ein Hauptanwendungsbereich der HAAWAII-Forschung wird es sein, zu erkennen, ob der Pilot genau das verstanden hat, was der Lotse ihm sagte. Dies kann helfen, Missverständnisse in der Kommunikation zu vermeiden. Um dies zu erreichen muss die Validität der Spracherkennungsmodelle deutlich verbessert werden.
Die Digitalisierung der Sprachäußerungen von Fluglotsen und Piloten kann für eine Vielzahl von sicherheits- und effizienzsteigernden Anwendungen genutzt werden, z. B. um mit wenig Aufwand Vorab-Einträge in elektronischen Flugstreifen zu erstellen oder per Datenlink Lotsenkommandos direkt an den Bordcomputer des Flugzeugs zu übertragen (Controller Pilot Data Link Communication, CPDLC). Eine weitere Anwendung ist die objektive Schätzung der Arbeitsbelastung der Fluglotsen, indem digitalisierte Sprachaufzeichnungen des komplexen Londoner Nahverkehrsbereichs verwendet werden.
Das Institut für Flugführung hat die Leitung von HAAWAII inne. Es wird an der Vorhersage von Lotsenkommandos arbeiten und Lerndaten für die Anwendungen des maschinellen Lernens aufbereiten. Außerdem wird das Institut an der Erkennung von fehlerhaften Funkbestätigungen durch Piloten (Readback-Errors) arbeiten. Projektpartner sind das Schweizer Forschungsinstitut Idiap, die Universität von Brünn sowie die Flugsicherungen von Österreich (Austro Control), Island (Isavia ANS ehf.), Großbritannien (NATS) und Kroatien (Croatia Control).
This project has received funding from the SESAR Joint Undertaking under Grant Agreement No. 884287, under European Union’s Horizon 2020 Research and Innovation programme.
DLR-Institut für Flugführung (Koordinator) Idiap Research Institute Universität von Brünn Austro Control NATS (National Air Traffic Service) Isavia ANS Croatia Control