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Rückkehrtechnologie ist Basis für alle Arten der sicheren Rückführung zur Erde. Rückführungen von Proben aus planetaren und orbitalen Missionen und bemannte Rückführungen von orbitalen Stationen im Rahmen nationaler und internationaler Raumfahrtprojekte sind Einsatzgebiete dieser Technologien. Weitere Anwendungsmöglichkeiten für Rückkehrtechnologie liegen im Bereich der zivilen wie auch militärischen Hyperschalltransportsysteme und zunehmend im kommerziell genutzten Markt des Weltraumtourismus.
Als Rettungsschiff für die Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS) war das „Crew Return Vehikel“(CRV) vorgesehen. Das DLR war in die Entwicklung des Technologiedemonstrators X-38 eingebunden. Für den X-38 Demonstrator wurde seitens des DLR ein faserkeramisches Nasenkappensystem gefertigt und ausgeliefert. Die Vorgabe gekrümmter Außenkonturen mit einer hohen Genauigkeit wurde auch bei der X-38 als ein wesentlicher Kostenfaktor identifiziert. Durch die Vereinfachung der Außenkontur in möglichst wenige, ebene Oberflächen können aufwändige Fertigungshilfsmittel und für jedes Einzelbauteil entsprechende Hilfsformen eingespart werden. Neben wesentlichen Einsparungen im Herstellungsprozess kommt es zu deutlichen Einsparungen bei der Wartung und dem Austausch beschädigter Elemente der Thermalschutzsysteme. Die Überprüfung neuer facettierter Thermalschutzkonzepte mit ebenen Paneelen ist Teil der Technologieerprobung beim Sharp Edge Flight Experiment (SHEFEX). Wird die neuartige Thermalschutztechnologie erfolgreich erprobt, stellt dies einen wichtigen Entwicklungsschritt für wiederverwendbare Raumfahrtsysteme dar. SHEFEX ist eine Technologieentwicklungslinie des DLR. In mehreren kleinen Projekten soll schrittweise bestehende Rückkehrtechnologie weiterentwickelt werden. Neben der Überprüfung neuer scharfkantiger Thermalschutzkonzepte sind viele weitere Experimente auf dem Erprobungsträger geplant. Bei dem Flugexperiment werden zum Beispiel Testdaten gewonnen, die nicht durch Testanlagen am Boden erzeugt werden können und die europaweit einmalig sind. Die Testdaten werden dazu verwendet aerothermodynamische Simulationswerkzeuge weiterzuentwickeln und experimentelle Messungen in Plasmawindkanälen an definierten Auslegungspunkten zu validieren.
Beim Flugexperiment SHEFEX 2 sollen darüber hinaus aerodynamische Steuerflächen zum Einsatz kommen, um dynamische Eigenschwingungen beim Wiedereintritt und die Lage des Vehikels aktiv ausregeln zu können. Auf diese Weise werden definierte Anströmbedingungen für die übrigen Experimente erzielt. Der Einsatz aerodynamischer Steuerflächen ist besonders interessant für zukünftige wiederverwendbare Wiedereintrittsvehikel, da sie die Manövrierfähigkeit gegenüber herkömmlichen ballistischen Wiedereintrittskörpern erheblich verbessern. Dies erlaubt es Hitzefluss, Drucklast und Flugpfad aktiv einzustellen. SHEFEX 2 soll im Frühjahr 2010 auf einer zweistufigen Höhenforschungsrakete von der norwegischen Startanlage auf der Insel Andoya starten. Die wissenschaftliche Nutzlast soll aus einer Höhe von über 200 km mit annähernd zwölffacher Schallgeschwindigkeit gesteuert wieder in die Erdatmosphäre eintreten. Im Projekt SHEFEX 2 wird technologisches Neuland bei der Entwicklung zuverlässiger Flugsteuersysteme mit aerodynamischen Steuerflächen betreten, da sich die Steuerflächen und deren Ansteuerung direkt im heißen Plasma unmittelbar im Bereich des Thermalschutzsystems befinden. Unmittelbares Entwicklungsziel ist es, den ersten vollautomatisch aerodynamisch gesteuerten Wiedereintritt in Europa zu demonstrieren. Das langfristige Ziel der Forschung ist es, DLR-Rückkehrtechnologie schrittweise weiterzuentwickeln.
Die Entwicklung sicherheitskritischer Flugsteuerungssysteme ist ein junges Forschungsgebiet des Bereichs Sichere Systeme und Systems Engineering. Im Rahmen des SHEFEX-Projekts werden Flugsteuerungssysteme für Wiedereintrittsanwendungen erforscht. Diese Systeme sind einzigartig in ihren Anforderungen, da sie sehr hohen Leistungsanforderungen genügen und unter äußerst anspruchsvollen Umgebungsbedingungen zuverlässig operieren müssen. Die Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Systemtechnik und Regelungstechnik. In der Systemtechnik wird untersucht wie Sicherheit und Zuverlässigkeit von Flugsteuerungssystemen gezielt für Wiedereintrittsanwendungen optimiert werden kann. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus des Flugsteuerungssystems betrachtet, angefangen von der Anforderungserhebung, der Systemarchitektur bis hin zum Condition Monitoring während des Flugbetriebs. Im Bereich der Regelungstechnik und Flugführung geht es um die Entwicklung und Erprobung neuartiger Konzepte und Algorithmen. Gegenwärtig werden Simulations- und Entwicklungswerkzeuge erstellt. Zu den Aufgabengebieten gehört die Spezifikationserstellung, die Auslegung von Stellsystemen, die Programmierung von Software, der Test der entwickelten Software auf Flughardware in Bodenversuchen, das Erbringen von Nachweisen zur Flugqualifikation, das Durchführen von Flugversuchen sowie das Auswerten der Demonstrationsflüge.