Radarsysteme mit synthetischer Apertur benötigen zu einem nicht unerheblichen Teil Verfahren der Signalverarbeitung um die gewünschte Information aus den SAR-Rohdaten zu erzielen. Räumliche Auflösung sowie radiometrische, polarimetrische und interferometrische Kalibriergenauigkeit haben direkten Einfluss auf die Messung bzw. auf das Potential, aus den Daten physikalische Parameter abzuleiten.
Die Schwerpunkte in der Fachgruppe SAR-Signalverarbeitung liegen einerseits in dem Bereich Verbesserung und Adaptierung bestehender bzw. Entwicklung neuer Algorithmen für die Verarbeitung von SAR-Daten der DLR-eigenen flugzeuggestützten SAR-Systeme und andererseits in der Aufbereitung von gebrauchsfertigen Datenprodukten für die angewandte Forschung.
Effiziente Algorithmenimplementierung ist eine der wesentlichen Herausforderungen, um die zunehmende Anzahl der zu prozessierenden SAR-Daten zu meistern. F-SAR zeichnet jährlich etwa 300-400 Datensätze auf, mit im Schnitt 20 GB pro Rohprodukt und 60 GB pro prozessiertem Bilddatenprodukt.
STEP ist die Offline-Prozessierungssoftware für F-SAR-Datenprodukte mit höchstmöglicher Auflösung und optimaler Kalibriergenauigkeit. Der Prozessor beinhaltet:
Wegen der hohen Anforderungen an Auflösung und Bewegungskompensation, sowie der großen Anzahl von Befliegungskampagnen im In- und Ausland wurde die STEP-Software für geclusterte Linux-Server konfiguriert, die ihrerseits auf einen gemeinsamen Speicherbereich für SAR-Roh- und Bilddaten zugreifen.
Die modulare Architektur von STEP erlaubt auch eine flexible Anpassung für andere flugzeuggestützte SAR Systeme.
Diese Prozessierungskette für die Mehrpass-SAR-Interferometrie ermöglicht die akurate Prozessierung als eine Voraussetzung für qualitativ hochwertige Pol-InSAR Datenprodukte für Inversionsmodelle (siehe Pol-InSAR Fachgruppe in "Weitere Links").
Die Leistungsfähigkeit der flugzeuggestützten SAR-Prozessierung wird durch die Genauigkeit der Navigationsdaten, die als Input für die Bewegungskompensation dienen, begrenzt. (Stand-der-Technik ist die Kombination aus differentiellem GPS- und Inertialsensor.) Obwohl die relative Genauigkeit sehr hoch und gut für hochaufgelöste Produkte geeignet ist, ist die absolute Positionsgenauigkeit des Sensors durch die Genauigkeit des differentiellen GPS-Signals limitiert. (Dabei entsprechen 2,5 cm in etwa einem interferometrischen Phasenzyklus im C-band bei Berücksichtigung von Hin- und Rückweg). Somit ist offensichtlich, dass die Genauigkeit für die Mehrpass-SAR-Interferometrie nicht ausreicht. Eine robuste Schätzung basierend auf dem sogenannten Multi-Squint-Verfahren wurde deswegen in den Prozessierungsablauf integriert um Restbewegungsfehler (im Sinne von horizontalen und vertikalen Messfehlern zwischen den interferometrischen Pfaden) zu bestimmen, und zwar unter Zuhilfenahme der eigentlichen interferometrischen SAR-Daten.
Die gemessenen Restbewegungsfehler sind in der Größenordnung von 1-2 cm und damit in Übereinstimmung mit der zu erwartenden Genauigkeit einer kombinierten Navigationslösung aus Inertialsensoren und differenziellem GPS. Ohne diese Korrektur würden Phasenfehler und Kohärenzeinbußen die Qualität der interferometrischen Produkte bis hin zur Unbrauchbarkeit verschlechtern.
Geschätzte Restbewegungsfehler für die Mehrpass SAR Interferometrie. Nach 3-4 Iterationen wird eine nahezu perfekte Korrektur erzielt, entsprechend einer Genauigkeit im Millimeterbereich.
Der STEP-Prozessor liefert folgende operationelle Produkte:
• Polarimetrische Daten in Radargeometrie (Radar Geometry Images – RGI-Produkt) • Geokodierte, topographie-korrigierte Daten (GTC-Produkt) • Digitale Elevationsmodelle (DEM-Produkt) • Interferometrische Daten (INF-Produkt, beinhaltet koregistrierte SLC-Daten, Kohärenz und Phase) • Zirkulare SAR-Daten (CSAR GTC-Produkt, für Datensätze die entlang kreisförmiger Trajektorien aufgezeichnet werden)
Für Archivierungszwecke wird jedes Datenprodukt in das Data Ingestion and Management System (DIMS) des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums (DLR-DFD) transferiert, womit weltweiter Zugriff über EOWEB (siehe "Weitere Links") eingerichtet werden kann. Personalisierte Bestelloptionen werden für DLR-externe Nutzer konfiguriert.
Polarimetrische F-SAR-Bilder können zu großflächigen Mosaiks kombiniert werden. Hierfür wird eine einfallswinkelabhängige, radiometrische Korrektur vorgenommen. Systembedingte Randeffekte an den Streifengrenzen werden dank der radiometrischen 3D-Korrektur der Antennendiagramme vermieden.
Polarimetrisches Bildmosaik im L-Band: Tagebau in der Nähe von Jülich. Zusätzliche simultane Datenaufzeichnung von PLMR Radiometer- und IR-Daten in 2013.
Mehr Information zu TERENO: siehe "Weitere Links" (rechts).
Digitale Geländemodelle aus Einpass-SAR-Interferometrie sind eines der Standardprodukte von F-SAR.
Geländemodell des Findel-Gletschers, Schweiz, gerechnet aus F-SAR-Daten, Einpass-SAR-Interferometrie im X-Band (WGS-84, UTM zone 32), Datenaufzeichnung aus dem Oktober 2014.
Andererseits wurde für räumlich hochaufgelöste DEMs bei gleichzeitig hoher vertikaler Auflösung ein Fusionsverfahren entwickelt, das die exzellente relative Höhengenauigkeit der Mehrpass-SAR-Interferometrie mit großer Basislinie mit Daten der Einpass-SAR-Interferometrie kombiniert, die ihrerseits eine gute absolute Genauigkeit aufweist. Die fusionierten DEMs zeichnen sich durch eine Genauigkeit aus, die derjenigen aus Laserscanningverfahren nahe kommt. Diese Methodik wurde zur Topographieerfassung trocken fallender Wattbereiche verwendet. Für ausgedehnte Gebiete wird auch hier ein Mosaikierungsverfahren zur Kombination/Kalibrierung benachbarter Streifen verwendet.
Vergleich digitaler Geländemodelle aus der Fusion von Ein- und Mehrpass-SAR-Interferometrie mit F-SAR und Laserscanning. Das abgebildete Gebiet entspricht dem westlichen Teil des Jadebusen im Deutschen Wattenmeer. Zwischen den zwei Datensätzen liegt ein Zeitraum von 3 Monaten, was das unterschiedliche Muster der Ablagerungen erklärt.
Die hohe Auflösung, die F-SAR speziell im X-Band im Step-Frequency-Modus liefert, erlaubt die Beobachtung von Infrastruktur und künstlichen Zielen, wobei die Möglichkeit der Änderungsdetektion gegeben ist. Hierfür dienen einfache Bildüberlagerungen, interferometrische Methoden basierend auf Kohärenzauswertung oder die vergleichende Analyse polarimetrischer Signaturen.
Polarimetrisches X-Band-Bild des Bühnenbereichs des Rock-am-Ring Festivals am 6. Juni 2014 (links). Sowohl die Masse der Zuschauer vor der Bühne, wie auch die sich in Bewegung befindlichen Zuschauerströme entlang der Zufahrtswege können leicht identifiziert werden. Eine Änderungsdetektion als Bildüberlagerung (rechts) wurde mit einer Referenz vom 14. Mai 2014 durchgeführt.
Weitere Informationen zur Flugkampgane: Rock am Ring, siehe "Weitere Links" (rechts).
Wiederholte Datenaufzeichnungen können auch nach Tagen, Wochen oder gar Monaten erfolgen. In diesen Fällen können differentiell-interferometrische Verfahren zur Detektion von Absenkungen und/oder Hangrutschungen, oder zur Messung der Fließgeschwindigkeit von Gletschern angewendet werden. Insbesondere für Gebiete die schnell dekorrelieren, ist die Leistungsfähigkeit von weltraumgestützten Sensoren (derzeit insbesondere im X- und C-Band) limitiert. Um diese Lücke zu schließen, können flugzeuggestützte Sensoren mit längeren Wellenlängen betrieben werden, z.B. im L- oder S-Band). Der zeitliche Abstand zwischen Überflügen kann dabei frei gewählt werden, z.B. ein Tag für Gletscherbewegung und mehrere Monate für eine Messung von langsamer Absenkung.
Für die Prozessierung von SAR-Daten, die entlang zirkularer Flugpfade aufgezeichnet wurden, eignet sich ein schneller, faktorisierter Rückprojektionsalgorithmus. Die theoretisch erzielbare geometrische Auflösung liegt in der Größenordnung der Wellenlänge (z.B. 6 cm im L-Band). Für die Verarbeitung wird ein genaues Höhenmodell benötigt. Außerdem kann eine tomographische Abbildung über verschiede Aspektwinkel erfolgen, die eine bessere Kartierung von Vegetations- und Eisvolumina ermöglicht. Idealerweise werden dazu die Daten mehrerer Flugkreise kombiniert (z.B. einer Spirale).
Polarimetrisches L-Band-SAR-Bild aus Zirkularfluggeometrie. Darstellung in Pauli-Basis (Durchmesser 1,8 km). Die Zooms 1 bis 4 zeigen landwitschaftliche Felder, einen Hochspannungsmast, eine Viehherde, sowie eine Telegraphenleitung.
Werden SAR Daten entlang paralleler Flugpfade wiederholt aufgezeichnet, so wird eine zweite synthetische Apertur vertikal zur Flugrichtung erzeugt, wodurch eine 3D-Abbildung ermöglicht wird. Für die volumetrische Abbildung können verschiedene Signalprozessierungsverfahren verwendet werden, z.B. MVDR, MUSIC, aber auch Compressive Sensing (siehe Multimodale Algorithmen in "Weitere Links", rechts).
Das SAR-Verfahren kann auch für nadir-gerichtete Radarsysteme zur Eisdickenmessung eingesetzt werden. Der zusätzliche Kompressionsgewinn erlaubt eine verbesserte Detektion des Felsuntergrundes. Mehrdeutige Signale von der Eisoberfläche müssen hingegen mit Mehrkanaldaten und Ausnutzung von Strahlformungstechniken unterdrückt werden.
Felsuntergrund unterhalb von 2000 m dickem Eis in der Antarktis. Die Rohdaten eines Radarsystems bei 150 MHz Mittenfrequenz wurden vom British Antarctic Survey (BAS) bereitgestellt.
Verbesserung der Mehrdeutigkeitsunterdrückung von der Eisoberfläche: traditionelle Strahlschwenkung (oben) im Vergleich zu dem MVDR Verfahren (unten). Jutulstraumen-Gletscher, Antarktis. Die Daten wurden 2012 im P-Band (435MHz) von ESA’s POLARIS Sensor aufgezeichnet.