An die Genauigkeit von Navigationssystemen von Raumfahrzeugen werden hohe Anforderungen gestellt. Diese wird insbesondere während der hochdynamischen Flugphasen beim Aufstieg und Wiedereintritt gefordert. Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist die Verwendung der Messungen verschiedener Sensoren notwendig, wobei möglichst die positiven Eigenschaften der einzelnen Sensoren kombiniert werden sollen. Aus diesem Grund werden Inertialsensoren bzw. Inertialmesseinheiten (englisch: Inertial Measurement Unit, IMU) verwendet, um die Beschleunigungen und Drehraten der Fahrzeuge direkt zu messen, womit insbesondere die schnellen Änderungen von Geschwindigkeit, Position und Lage erfasst werden können. Da diese Zustände nur durch numerische Integration der Messwerte erhalten werden können, steigen die Fehler in der Positions- und Lagebestimmung aufgrund der Integration mit der Zeit an.
Eine Möglichkeit zur Reduzierung dieser Fehler besteht in der Kombination der Inertialsensoren mit anderen Sensoren, die eine Messung der absoluten Lage, Position oder Geschwindigkeit liefern. Die Kombination dieser Sensoren mit den entsprechenden Algorithmen zur Fusion der Messdaten wird als integriertes Navigationssystem oder Hybridnavigationssystem bezeichnet.
Bei terrestrischen Anwendungen werden in vielen Fällen Inertialmesseinheiten sowie ein Sensor zur Positionsbestimmung basierend auf dem Global Positioning System (GPS) kombiniert. Für Raumfahrtanwendungen im erdnahen Raum werden neben dem GPS auch weitere Sensoren, wie z.B. Sternsensoren, in die Datenfusion einbezogen.
Im Rahmen der SHEFEX II-Mission hat die Abteilung Navigations- und Regelungssysteme ein Hybridnavigationssystem für Fahrzeuge entwickelt, die aus der Erdatmosphäre aufsteigen oder in die Atmosphäre wieder eintreten (z.B. Raketen). Dieses System kombiniert die Messwerte einer IMU, eines GPS-Empfängers sowie eines experimentellen Sternsensors zu einer Navigationslösung. Die Funktion des Systems konnte auf dem Flug der SHEFEX II-Mission im Juni 2012 als Experiment erfolgreich nachgewiesen werden. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen entwickelt die Abteilung derzeit ein Hybridnavigationssystem für die ReFEx-Mission des DLR, welches die Evolution des SHEFEX II-Navigationsexperimentes hin zu einem flugkritischen, hochzuverlässigen Navigationssystem darstellt.