Ankunft von Samantha Cristoforetti im :envihab. Credit: ESA/DLR
15. Oktober 2022
Am Samstagabend erreichte die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti nach ihrem fast sechsmonatigen Aufenthalt auf der ISS wieder Kölner Boden. Nach ihrer Landung vor der Küste Floridas und ersten Untersuchungen landete sie um 18.00 Uhr am Flughafen Köln-Bonn, von wo sie nach einer kurzen Begrüßungsrunde direkt zum nahe gelegenen DLR-Gelände aufbrach. In der luft- und raumfahrtmedizinischen Forschungsanlage :envihab des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin setzt sie die Experimente ihrer Minerva-Mission fort und durchläuft ein Rehabilitationsprogramm, bei dem sie von einem Team aus DLR und EAC (Europäisches Astronautenzentrum) betreut wird.
„Wir freuen uns, dass in diesem Jahr nach Matthias Maurer nun mit Samantha Cristoforetti schon der zweite Direct Return bei uns stattfindet. Auch Samantha durchläuft umfangreiche medizinische Tests, die einerseits Routineuntersuchungen sind, andererseits als Teil von Forschungsprojekten stattfinden. Damit tragen wir dazu bei, das Spektrum medizinischer und psychologischer Daten von Astronautinnen und Astronauten zu erweitern“, sagt Prof. Jens Jordan, Leiter des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln.
Ankunft von Samantha Cristoforetti in Köln. Credit: ESA/DLR
In :envihab können die europäischen Astronautinnen und Astronauten einerseits alle erforderlichen medizinischen Untersuchungen und wissenschaftlichen Experimente absolvieren, andererseits sind aber auch die Erholung und eine Rückzugsmöglichkeit wichtig: „Wir bekommen von den Astronautinnen und Astronauten oft die Rückmeldung, dass sie sich bei uns gut von den Strapazen der Reise und den Auswirkungen der Schwerelosigkeit erholen können. Als besonders angenehm wird meist die Ruhe in den abgeschirmten Räumlichkeiten empfunden, denn auf der Raumstation herrscht ein ständiger Geräuschpegel durch Ventilatoren, Luftfilter, Pumpen, etc.“, erläutert Andrea Nitsche, Direct Return-Verantwortliche für die Unterbringung der Astronautin im :envihab.
Die wissenschaftlichen Experimente und medizinischen Tests dienen vor allem dem Erkenntnisgewinn zu den Auswirkungen der Weltraumbedingungen, insbesondere Schwerelosigkeit, auf den Körper sowie einer Verbesserung der zukünftigen medizinischen Betreuung. Unter anderem werden das Gleichgewicht, die Fitness und die Leistungsfähigkeit von Samantha Cristoforetti untersucht und dabei als Vergleich Tests wiederholt, die auch schon vor dem Flug gemacht wurden. „Ein Schwerpunkt sind zum Beispiel sensomotorische Messungen zur Funktion des Gleichgewichtorgans. Die Fitness stellen wir mit Muskelkraft- und Fahrrad-Ergometrie fest, damit wir dann die Wirksamkeit der Trainingsmaßnahmen auf der ISS überprüfen und in weiteren Studien vielleicht auch verbessern können“, so Edwin Mulder, DLR-Projektleiter der wissenschaftlichen Untersuchungen des Direct Returns. „Zum Beispiel ist unsere SANS-CM-Bettruhe-Studie, die Ende Januar mit der 3. Kampagne wieder starten wird, damit beschäftigt, neue Gegenmaßnahmen für die körperliche Gesundheit von Astronautinnen und Astronauten zu entwickeln. Auch diese Daten werden mit denen von den Astronautinnen und Astronauten verglichen.“ Außerdem sind die Alterung von Blutgefäßen, die Wirkung von Weltraumbedingungen auf das Auge, das Herz und das Gehirn sowie die Auswirkung der Weltraumstrahlung auf den Menschen Teil der wissenschaftlichen Untersuchungen im Rahmen des Direct Returns von Samantha Cristoforetti.
Die Betreuung europäischer AstronautInnen unmittelbar nach ihrer Landung ist noch relativ neu. Alexander Gerst war im November 2014 der erste ESA-Astronaut, der nach seiner Mission direkt nach Köln zurückkehren konnte. Bis dahin wurden alle westeuropäischen Astronautinnen und Astronauten bei der NASA in den USA und in Russland untersucht. Die medizinischen Daten von Astronautinnen und Astronauten werden weltweit nach identischen Standards erhoben, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen. Das Ziel ist, bessere Informationen über die Auswirkung der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper zu erhalten. Auf dieser Grundlage werden Gegenmaßnahmen für die negativen Effekte der Schwerelosigkeit entwickelt.
Das hochspezialisierte medizinische und wissenschaftliche Team wird Samantha Cristoforetti in den kommenden zwei Wochen rund um die Uhr betreuen und Untersuchungen im Auftrag der ESA, NASA und anderen Weltraumagenturen durchführen. Samantha Cristoforettis Direct Return ist der neunte Aufenthalt europäischer AstronautInnen in :envihab: Vor ihr haben sich der Deutsche Matthias Maurer (2022), der Franzose Thomas Pesquet (2021 und 2017), der Italiener Luca Parmitano (2020), der Deutsche Alexander Gerst (2018 und 2014), der Brite Timothy Peake (2016) und der Däne Andreas Mogensen (2015) hier wieder an die Bedingungen auf der Erde angepasst.