Abbildung 1: TEMPUS-Operateure und externe Wissenschaftler hinter der TEMPUS-Anlage im Airbus A310-Zero G; Bild: Novespace.
Mitarbeiter des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum nahmen vom 04.-15. September 2023 erfolgreich an der 41. DLR Parabelflugkampagne mit dem Experiment TEMPUS (Tiegelfreies Experimentieren und Prozessieren in Schwerelosigkeit) teil. Die Experimente wurden im Mai 2023 ausgewählt und seitdem intensiv durch Mitarbeiter der Nutzerunterstützung vorbereitet. Die Flüge wurden am Flughafen Bordeaux-Merignac durch Novespace in einem Airbus A310 Zero-G durchgeführt. Der Einbau der Anlage in den Airbus nahm eine Woche in Anspruch, in der zweiten Woche wurden die Flüge an 3 Tagen durchgeführt und die Experimente hinsichtlich der Erfahrungen der ersten Flugtage optimiert.
Neben den Anlagen-Operateuren des Instituts für Materialphysik im Weltraum, flogen an jedem Flugtag zwei zusätzliche Experimentatoren mit, konkret von den Universitäten aus Jena, der TU München, der University of Alberta (Kanada), sowie dem Institut für Materialphysik im Weltraum. Die Planung und Durchführung wurde im Auftrag der ESA vorgenommen und die Fluggelegenheit wurde von der deutschen Raumfahrtagentur gestellt. Die Experimente wurden in gleichen Anteilen von den 3 Parteien ausgeschrieben und ausgewählt.
TEMPUS ist eine Anlage zur elektromagnetischen Levitation (EML), die vom Institut für Materialphysik im Weltraum betrieben, gewartet und kontinuierlich weiterentwickelt wird. In TEMPUS werden metallisch leitende, kugelförmige Proben in einer Spule durch ein elektromagnetisches Wechselfeld in der Schwebe gehalten, aufgeschmolzen und vermessen. Untersucht werden sowohl thermophysikalische Eigenschaften der Schmelze wie Viskosität, Oberflächenspannung, Dichte und elektrische Leitfähigkeit, als auch das Erstarrungsverhalten, d.h. Messung der Geschwindigkeit und Form der Erstarrung sowie der nachträglichen Analyse der Mikrostruktur von unterkühlt erstarrten Proben. Im Gegensatz zu erdgebundenen Anlagen sind aufgrund der fehlenden Schwerkraft während der ca. 21 Sekunden jeder Parabel nur kleine Kräfte bzw. Felder vonnöten, um die Probe auf Position zu halten. Das behälterfreie Verfahren ermöglicht es auch Messungen reaktiver Materialen sowie im metastabilen Zustand der unterkühlten Schmelze durchzuführen.
Abbildung 2: Experimentdurchführung in Schwerelosigkeit mit TEMPUS am 3. Flugtag; Bild: Novespace.
Die geflogenen Experimente umfassten glasbildende Systeme, Super- und Hochentropielegierungen, Systeme im Kontext additiver Fertigung, eine Scalmalloy-Legierung für 3D-Druckverfahren (Patent: Airbus DS), sowie optimierten Stahl. Auch Vanadium mit und ohne kontrollierten Sauerstoffgehalt und binäre Modellsysteme wurden untersucht.
Bei Letzteren kam es unter Anderem zu einer Weltpremiere, d.h. erstmals wurde über ein Faser-Bragg-Gitter optisch in geschmolzenen, levitierten Al-Si-Legierungen in Schwerelosigkeit gemessen. Dieses Experiment bedurfte besonderer Vorbereitung und Betreuung, welche in der besonders erfolgreichen Experimentdurchführung gipfelte.
Bei allen Experimenten kamen aus radialer Blickrichtung eine Hochgeschwindigkeitskamera und an Flugtag 2 zusätzlich eine Wärmebildkamera zum Einsatz, während in axialer Richtung das am Institut gebaute und erstmals im Flug eingesetzte axiale Kamerasystem ARES erfolgreich zur Anwendung kam, welches nun auch hier Aufnahmefrequenzen bis zu 2 kHz ermöglichte.
Eine Übersicht der prozessierten Proben:
Institut für Materialphysik im Weltraum:
ESA:
DLR-RFM:
Letztendlich werden die Video- und Anlagendaten in einem Datenarchiv archiviert, über welches die Wissenschaftler ihre Daten über das Internet runterladen können. Das Archiv beruht auf der Hypertest Architektur und wird vom Microgravity User Support Center (MUSC) betrieben.
Abbildung 3: TEMPUS-Operateure des Instituts für Materialphysik im Weltraum und externe Wissenschaftler vor dem Airbus A 310 Zero-G (Bild: Novespace).