Eine komplizierte Sache: Zertifikate und Kompensationen

Eine kleine Passagiermaschine hebt am Kölner Flughafen ab. Bild: K.-A.
Eine kleine Passagiermaschine hebt am Kölner Flughafen ab. Bild: K.-A.
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Dieser Text hat gute Chancen, der komplizierteste Artikel zu werden, den es auf unserer ganzen Webseite gibt. Aber nur Mut! Wo du schon mal hier bist, können wir dir auch ganz kurz erklären, worum es geht. Denn die Sache ist wichtig fürs Klima! Ach ja: Damit der Text nicht zu langweilig wird, haben wir einfach mal noch ein paar schöne Fotos eingefügt …

Nein, dieser Flieger ist natürlich nicht zum Mond unterwegs. Aber immerhin: Dass wir heute innerhalb weniger Stunden in weit entfernte Länder fliegen können, ist eine großartige Sache. Aber wir müssen dabei auch an die Folgen für die Umwelt und das Klima denken und da noch viel verbessern. Bild: K.-A.
Nein, dieser Flieger ist natürlich nicht zum Mond unterwegs. Aber immerhin: Dass wir heute innerhalb weniger Stunden in weit entfernte Länder fliegen können, ist eine großartige Sache. Aber wir müssen dabei auch an die Folgen für die Umwelt und das Klima denken und da noch viel verbessern. Bild: K.-A.

Stellen wir uns die Situation nochmal vor: Flugzeuge erzeugen Abgase. Autos, Heizungen und Kraftwerke auch – viel mehr sogar. Aber trotzdem muss auch in der Luftfahrt etwas verbessert werden, um etwas gegen den Klimawandel zu tun. Das Problem ist nur: Das geht nicht von heute auf morgen. Neue Treibstoffe, neue Triebwerke – all das müssen Ingenieurinnen und Ingenieure entwickeln und testen. Und dann müssen es die Behörden auch noch genehmigen. Denn in der Luftfahrt gelten höchste Sicherheitsanforderungen. Zu Recht! Wenn ein Auto eine Motorpanne hat, ist das zwar auch nicht schön – aber man fährt eben an den Straßenrand und ruft den Reparaturdienst. In der Luft aber gibt es bekanntlich keinen Straßenrand. Bei Flugzeugen können technische Probleme im Extremfall zu einer bedrohlichen Situation führen. Also muss genau überprüft werden, ob ein neuer Treibstoff oder ein neu konstruiertes Triebwerk wirklich so sicher wie überhaupt nur möglich ist. Wenn dann eine neue Technologie schließlich getestet und genehmigt ist und eingesetzt werden kann, kommt noch etwas anderes hinzu: Sie wird zwar in neu gebauten Flugzeugen angewandt, aber alle anderen Maschinen sind noch viele Jahre lang in der Luft unterwegs. Denn man kann sie ja nicht alle auf einmal austauschen. Du siehst, worauf das hinausläuft: Bis eine Verbesserung wirklich in die Praxis umgesetzt wird, vergeht oft viel Zeit.

Was aber tun, wenn man diese Zeit nicht hat? Wenn schnell etwas geändert werden muss? So schnell, dass es schon in ein paar Jahren wirkt und nicht erst in 20 oder 30 Jahren, wenn es zu spät ist. Erstens muss man mit Hochdruck an all den Dingen forschen, die für das umweltfreundliche Flugzeug der Zukunft nötig sind – eben damit es in 20 oder 30 Jahren im Einsatz ist. Denn sonst würde es ja noch länger dauern. Zweitens muss man sich ergänzende Maßnahmen überlegen, die nicht auf eine neue Technik angewiesen sind. Solche Maßnahmen existieren auch schon – wobei man gleich hinzufügen muss: Es gibt auch Kritik daran. Aber erst einmal zum Prinzip, das vereinfacht gesagt etwa so geht: Eine Firma – egal ob sie Kraftwerke betreibt oder ob es eine Fluggesellschaft ist – bekommt die Erlaubnis für eine bestimmte Abgas-Menge pro Jahr. Die Erlaubnis erhält sie in Form eines Scheins, den man auch „Zertifikat“ nennt. Wenn sie unter der erlaubten Menge bleibt, kann sie einige ihrer Zertifikate sogar an andere Firmen verkaufen und damit Geld einnehmen. Wenn sie die erlaubte Menge überschreitet, muss sie selbst solche Zertifikate von anderen Firmen kaufen oder Strafen zahlen. Wer sich klimafreundlich verhält, wird so belohnt, und Klimasünder werden zur Kasse gebeten. Okay, eigentlich ist die Sache noch viel komplizierter und selbst die meisten Erwachsenen durchschauen das nicht. Aber ungefähr so läuft es ab. Wer es genauer wissen will: Die Stichworte lauten „Europäisches Emissionshandelssystem (EU-EHS)“ und „CORSIA“. Aber auch wenn’s kompliziert ist: Der Knackpunkt an der Sache ist dabei leicht zu verstehen. Wenn die Regierungen der einzelnen Länder ihren Firmen zu viele Abgase erlauben, hat das alles kaum Wirkung. Auch wenn die Preise für die Zertifikate oder die Strafen zu niedrig sind, ist es wirkungslos. Und wenn manche Länder überhaupt nicht mitmachen, ist das auch nicht gut. Andererseits: Wenn eine Regierung ihre Firmen und Fluggesellschaften zu stark belastet, können sie mit der Konkurrenz aus dem Ausland nicht mehr mithalten. Tja, wir hatten dich gewarnt: Der Text hier ist wirklich kompliziert – obwohl wir es schon so einfach wie möglich erklären.

Flugzeuge gehören zu unserem Alltag. Ohne die Luftfahrt würde unsere Wirtschaft schnell zum Stillstand kommen. Und auch den Blick aus dem Fenster beim Flug in den Urlaub sollten wir genießen. Dabei gibt es sogar schon jetzt die Möglichkeit für jeden Passagier, die schädlichen Abgase auszugleichen, die ein Flug verursacht. Bild: K.-A.
Flugzeuge gehören zu unserem Alltag. Ohne die Luftfahrt würde unsere Wirtschaft schnell zum Stillstand kommen. Und auch den Blick aus dem Fenster beim Flug in den Urlaub sollten wir genießen. Dabei gibt es sogar schon jetzt die Möglichkeit für jeden Passagier, die schädlichen Abgase auszugleichen, die ein Flug verursacht. Bild: K.-A.

Jedenfalls: In Europa gibt es das Zertifikate-System schon und es soll in den nächsten Jahren auch in der Luftfahrt zum Einsatz kommen. Wem das immer noch zu lange dauert: Man kann schon jetzt bei jedem Flug freiwillig bei verschiedenen Organisationen oder bei der Fluglinie eine Art „Klimaschutzbeitrag“ spenden. Die Höhe der Spende hängt von der Flugstrecke ab und soll einen Ausgleich (man sagt auch eine „Kompensation“) schaffen. Was genau damit geschieht, kann man bei den betreffenden Organisationen erfahren. Wieder mal ein ganz einfaches Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Flugzeug erzeugt auf dem Weg von Frankfurt nach Mallorca eine bestimmte Menge an CO2. Auf jeden einzelnen Fluggast umgerechnet sind das für Hin- und Rückflug zusammen rund 500 Kilogramm, also eine halbe Tonne. Nicht gut! Aber jetzt kommt der Ausgleich: Für Hin- und Rückflug zusammen zahlt man einen „Kompensationspreis“ von ca. 15 Euro. Natürlich kann man mit 15 Euro nicht die Welt retten. Aber wenn viele Passagiere das machen, kommt dabei genug Geld zusammen, um wichtige Klimaschutzprojekte zu bezahlen: beispielsweise den Aufbau von Solaranlagen, eine bessere Wärmedämmung von Häusern, die dadurch nicht so stark geheizt werden müssen, oder Windkraftanlagen. Wiegesagt: Diese Kompensationen sind heute für die Passagiere freiwillig. Aber immerhin: Statt darauf zu warten, dass die Dinge besser werden, oder dauernd herumzukritisieren – hier kann man einfach selbst etwas tun. Und mal ehrlich: Wer das Geld für einen Urlaub auf Mallorca hat, der kann sich auch noch die 15 Euro leisten …