21. Juli 1969: Der Ausstieg

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Systemchecks, Datenabgleich mit Houston, anschließend eine kleine Ruhepause, die auf Wunsch der Crew verkürzt wird. Die wollen raus und nicht erst lange ausruhen und schlafen. Dann ist es so weit: Der Ausstieg beginnt! Mit Raumanzug und Helm ausgestattet öffnet Armstrong die Luke der Mondlandefähre. Aldrin – ebenfalls im Anzug mit autonomer Sauerstoffversorgung und daher per Funk – ruft ihm zu: „Zeit ein paar Moon Rocks einzusammeln ...“.

Neil Armstrong klettert die Leiter der Fähre herunter, betritt die Mondoberfläche und spricht über Funk seinen berühmten Satz: „That’s one small step for a man… one giant leap for mankind.“ Mehr als eine halbe Milliarde Menschen sehen von der Erde aus live zu (hier das Fernsehbild der automatischen Kamera, die außen an der Fähre angebracht ist). Kurz danach: Armstrong sammelt schnell Steine und Sand ein – eine „Notfall-Probe“, falls man aus irgendeinem Grund sofort wieder starten muss.

Aldrin folgt Armstrong auf die Oberfläche. Aldrins erste Worte auf dem Mondboden: „Magnificent desolation!“ Übersetzt: Großartige Einöde!

Armstrong enthüllt eine Plakette an der Unterseite der Landefähre und liest die Inschrift vor: „Here Men from the planet Earth first set foot upon the Moon, July 1969 A.D. We came in peace for all mankind.“ US-Präsident Nixon, der schon einen Nachruf in der Schublade hat, beglückwünscht Armstrong und Aldrin per Telefon und Funk. Der Nachruf sollte in der Schublade bleiben – aber zurzeit weiß ja noch niemand, ob der Rückstart gelingen wird.

Armstrong und Aldrin stellen die US-Flagge auf. Anfangs wackelt der Stab und daher auch die Fahne ein paar Sekunden hin und her. Danach steht sie für über 2 Stunden völlig unbewegt da. Absurd, dass später behauptet wird, sie habe „im Wind geweht“.

Die Astronauten stellen wissenschaftliche Geräte auf und sammeln weiteres Mondgestein ein. Zu den Instrumenten gehört unter anderem ein Seismometer, mit dem Mondbeben gemessen werden, und ein Sonnenwind-Detektor: Er registriert die Partikelstrahlung, die von der Sonne ausgeht. Dabei steht die Crew permanent mit dem Kontrollzentrum in Houston in Kontakt. Aldrin versucht die Farbe des Mondstaubs zu beschreiben. Sein Schuh sei von feinen Partikeln in „ash-cocoa“ bedeckt. Danach vollführt Aldrin vor der Livekamera „Känguru-Sprünge“, um dem Millionenpublikum die reduzierte Schwerkraft auf dem Mond zu demonstrieren.

 

Houston bedauert Collins, der im Apollo-Raumschiff hoch in der Umlaufbahn wahrscheinlich als einziger Mensch die TV-Übertragung nicht sehen könne. Der erwidert, dass das absolut in Ordnung sei. Er wurde später oft gefragt, ob er sich nicht darüber ärgere, dass er der „dritte Mann“ war, der nicht auf den Mond durfte. Keine Spur – er war absolut happy mit seiner Rolle und stolz, zu dem Erfolg beigetragen zu haben.

Jetzt nimmt Armstrong das berühmte Foto von Aldrin auf. Dummerweise endet der Bildausschnitt im Original so unschön knapp über dem Helm, dass die NASA später etwas Schwarz darüber ergänzt. Es ist das einzige „geschummelte“ Foto vom Mond ... Die Geschichte haben wir hier erzählt – mit Bildvergleich.

Aldrin und Armstrong wundern sich, wie wenig man in dem extrem feinkörnigen Mondstaub einsinkt. Auch die tellerförmigen „Füße“ der Landefähre sind nur wenige Zentimeter tief eingesunken. Dazu muss man wissen: Bei Planung der Mission waren Experten nicht einmal sicher, ob man auf der Mondoberfläche laufen könnte oder wie in tiefem Neuschnee einsinken würde.

Zwei Stunden sind die beiden jetzt draußen auf der Oberfläche. Houston erinnert Armstrong und Aldrin daran, dass der Moonwalk gleich endet. Und einige Minuten später wird Aldrin dann auch aufgefordert, planmäßig als erster wieder in die Fähre zurückzukehren. Doch der spielt auf Zeit: Ob er nicht noch etwas tun könne? „Negativ. Geh die Leiter hoch!“ Schließlich macht er sich auf den Rückweg in die Fähre. Zum Hintergrund: Bei allen Apollo-Missionen steigt der Commander – also hier Armstrong – als erster aus und als letzter wieder ein. Aldrin ist jetzt wieder in der Mondlandefähre. Armstrong noch draußen.

 

Wieder einige Minuten danach notiert das Flugprotokoll: „CDR in LM“. Das heißt: Commander im Lunar Modul. Jetzt ist also auch Armstrong wieder in der Fähre. Der erste Ausstieg auf den Mond ist Geschichte. Er hat 2 Stunden und 31 Minuten gedauert. Augenblicke für die Ewigkeit. Menschen haben einen anderen Himmelskörper betreten.

 

In der Mondfähre ist es eng – selbst ohne den „Rucksack“ auf dem Rücken. Jetzt erst recht. Das Ausziehen der sperrigen Ausrüstung wird zur „Tetris-Übung“.

 

Aldrin tauscht mit Houston Daten zu den Systemen der Fähre aus. Zwischendurch immer wieder aussetzender Funkkontakt. „Können euch ... krrrr ... kaum hören ... kkrrrzzz“.

Aldrin bemerkt, dass einer der Schalter abgebrochen ist – ausgerechnet derjenige, der nachher zur Initialisierung der Startsequenz benötigt wird. Vielleicht ist er mit seinem „Rucksack“ dagegen gestoßen. Er wird das Problem mit einem Filzstift lösen, den er in die Öse steckt. Jetzt verstauen die beiden die 20 Kilogramm schweren Mondgestein-Proben, checken die Bordsysteme und ruhen mehrere Stunden aus. In der Fähre wurde inzwischen wieder normaler Luftdruck hergestellt. Die Helme können abgesetzt werden. Houston: „Das lief alles sehr schön!“ Collins hört in der Umlaufbahn mit und kommentiert auf seine trockene Art: „Hallelujah.“ Und in der Tat sind alle erleichtert, auch der coole Neil Armstrong (hier ein Foto nach dem Moonwalk in der Mondfähre).

 

Jetzt ist Schlafenszeit in der Mondfähre. Aber wie kann man einschlafen, wenn man gerade noch auf dem Mond herumgelaufen ist? Wie zur Ruhe kommen? Houston hat schon zwei Mal „Gute Nacht“ gewünscht – und dann wird doch noch eine halbe Stunde lang weitergeredet. Auch die Experten in Houston sind aufgeregt und haben viele Fragen. Armstrong willigt ein, dass sie jetzt schon gestellt werden. Sie betreffen das Aufstellen der Experimente, die Lichtverhältnisse, die Beschaffenheit der Oberfläche und der Bodenschicht direkt darunter.

Hier die Wegstrecken, die Armstrong und Aldrin bei ihrem Moonwalk zurückgelegt haben. Die Karte wurde vom U.S. Geological Survey angefertigt.

Eine spätere Aufnahme der Mondsonde LRO von der Apollo-11-Landestelle. Man erkennt die Landefähre und auch die Spuren der Astronauten.

 

Armstrong und Aldrin – und auch Collins in der Umlaufbahn – schlafen schließlich mehrere Stunden. Wobei das wohl so richtig nur für Collins gilt: Die beiden in der Mondfähre dösen anscheinend nur etwas vor sich hin.

 

In Houston ist jetzt Ron Evans der Verbindungssprecher (CapCom) zur Crew. Er weckt Collins an Bord des Raumschiffs Columbia. Armstrong und Aldrin haben in der Mondfähre noch knapp eine weitere Stunde Ruhepause, bis auch sie geweckt werden, um den Rückstart vorzubereiten. Evans und Collins sprechen über die nächsten Schritte, vor allem über die genaue Bahn der Columbia, die fürs Docking bekannt sein muss. Und es geht um den exakten Landeplatz der Mondfähre: Durch Armstrongs Ausweichmanöver beim Anflug sind die Koordinaten immer noch nicht klar.

Houston weckt Armstrong und Aldrin (Bild). Auf Nachfrage berichtet Aldrin, er habe auf dem Boden der Fähre geschlafen, während sich Armstrong eine Art Hängematte gebastelt habe. Houston geht mit Armstrong und Aldrin die Aufstiegssequenz durch. Man bespricht, wie eine erneute Überlastung des Bordcomputers – wie beim Landeanflug – vermieden werden kann.

Aus der Mondumlaufbahn nähert sich ein Objekt der Oberfläche. Es umkreist den Mond schon seit einigen Tagen. Es ist die sowjetische Sonde Luna 15 (hier ein Bild einer ähnlichen Luna-Sonde). Jetzt setzt sie zur Landung an. Mit knapp 500 Kilometer pro Stunde rast Luna 15 auf den Mond zu ... und zerschellt in diesem Augenblick einige hundert Kilometer von Armstrong und Aldrin entfernt im Mare Crisium. Eine Gefahr für die Apollo-Crew bestand nicht. Die UdSSR hatte sogar schon vorab die Flugpläne grob mitgeteilt, um jede noch so unwahrscheinliche Kollision auszuschließen. Am Rande bemerkt: Spätere sowjetische Missionen verliefen erfolgreicher und diese unbemannten Sonden brachten schließlich einige hundert Gramm Mondgestein zur Erde zurück. Das war zwar nur wenig im Vergleich zu den über 300 Kilogramm der NASA. Aber ausgerechnet diese russischen Mondgestein-Proben bewiesen, dass die NASA-Astronauten wirklich auf dem Mond waren: Die russischen Proben waren chemisch dem Apollo-Gestein so ähnlich, dass kein Zweifel an seiner Herkunft besteht.

 

In der Mondfähre laufen die letzten Vorbereitungen für den Start von der Oberfläche zurück zum Apollo-Mutterschiff. Die Fähre besteht aus zwei Teilen: dem unteren „Gestell“ mit den Beinen (das auf dem Mond zurückbleibt) und dem oberen Segment mit dem Cockpit. Noch wenige Sekunden bis zur Zündung. Aldrin mal wieder mit einem Joke: „Wir scheinen die ersten auf der Startbahn zu sein.“ Dann der Start! Jetzt Start! Armstrong und Aldrin verlassen den Mond!

Der Aufstieg verläuft problemlos. Armstrong nennt es einen „pretty spectacular ride“. Knapp 4 Stunden später: Das Docking von Raumschiff und Mondfähre (hier im Bild) funktioniert ebenfalls reibungslos. Danach wird die Fähre abgekoppelt, sie stürzt auf den Mond.