Diese Illustration (kein Foto) zeigt den Satelliten EnMAP in der Umlaufbahn. Bild: DLR
 

Die Erde in vielen Farben

Diese Illustration (kein Foto) zeigt den Satelliten EnMAP in der Umlaufbahn. Bild: DLR
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Wie gesund oder krank sind die Bäume im Wald? Sind Seen und Flüsse sauber oder verschmutzt? Wächst das Getreide auf einem Feld oder fehlen da Nährstoffe im Boden? Das sind nur einige der vielen Fragen, die auch mit Hilfe von Satelliten untersucht werden. Nun ist ein Satellit hinzugekommen, der unsere Umwelt besonders genau unter die „Lupe“ nimmt. Er heißt EnMAP, wurde in Deutschland entwickelt und gebaut und im April 2022 gestartet. Was an diesem Satelliten so besonders ist und wie er funktioniert – das erklären wir dir hier ganz leicht verständlich.

Fangen wir mal mit einer ganz einfachen Frage an: Wie viele Farben kennst du? Klar, da gibt es blau und grün und rot und sicher fallen dir noch viele andere Farbtöne ein – vielleicht insgesamt zehn oder zwanzig oder sogar noch ein paar mehr. Auch wenn ein Satellit die Erde aufnimmt, erkennt man auf den Bildern verschiedene Farben. Wälder erscheinen grün, Wasser blau und so weiter. Das Neue bei EnMAP ist nun ganz stark vereinfacht gesagt, dass er nicht nur eine Farbe wie beispielsweise blau erkennt, sondern dass er viele verschiedene Blautöne unterscheiden kann. Und auch bei den anderen Farben sieht er kleinste Unterschiede.

Von oben sieht man mehr

Satelliten liefern uns viele wichtige Informationen über den „Gesundheitszustand“ der Erde. Bild: DLR/DFD Daten: NSIDC, ACIA, NASA
Satelliten liefern uns viele wichtige Informationen über den „Gesundheitszustand“ der Erde. Bild: DLR/DFD Daten: NSIDC, ACIA, NASA

Jetzt sehen wir uns erst einmal kurz an, warum Satelliten überhaupt bei der Untersuchung von Umweltproblemen so wichtig sind. Man könnte doch vieles auch vom Boden aus erkennen? Ja, schon – und das wird auch getan: Forstbeamtinnen und -beamte betrachten in ihren Wäldern die Bäume. Gewässerproben zeigen an, ob das Wasser mehr oder weniger stark mit Schadstoffen belastet ist. Aber man kann so natürlich nicht jeden Baum und jeden See oder Fluss auf der Welt untersuchen. Und hier kommen Satelliten ins Spiel:

Erstens sind sie dazu in der Lage, mit ihren Kameras und Instrumenten große Gebiete in sehr kurzer Zeit aufzunehmen.

Zweitens sind viele Gegenden der Erde schwer erreichbar – von den Polargebieten über die Wüsten, Steppen und Wälder bis zu Gebirgen. Für Satelliten spielt das natürlich keine Rolle – sie überfliegen jede beliebige Region der Erde innerhalb weniger Minuten und liefern so wichtige Daten, die man sonst nur sehr mühsam oder gar nicht erhalten könnte.

Und drittens gibt es bekanntlich viele Umweltfragen, die nicht nur einzelne Regionen, sondern unseren ganzen Planeten betreffen – und für solche globalen Probleme benötigt man logischerweise auch den globalen Überblick, wie ihn Satelliten liefern.

Zusammengefasst: Satelliten können schnell Informationen liefern, dabei auch entlegene Gebiete untersuchen und auch Daten für die ganze Erde sammeln. Wenn du mehr darüber wissen willst, welche Umweltfragen mit Hilfe von Satelliten untersucht werden, findest du hier ausführliche Informationen und eindrucksvolle Bilder.

Die „Spur“ des Satelliten

Satelliten umkreisen die Erde auf verschiedenen Bahnen und in unterschiedlicher Höhe. Das haben wir mal an zwei Beispielen in dieser Animation gezeigt. Hier siehst du zuerst einen Satelliten – wie das auch bei EnMAP der Fall ist – auf einer niedrigeren Bahn. Achte mal darauf, wie sich die Erde unter seiner Umlaufbahn um die eigene Achse dreht.

Aber jetzt zu EnMAP: Er umkreist die Erde in etwa 640 Kilometern Höhe. Seine Bilder haben eine Breite von 30 Kilometern und er kann dabei jeden Tag viele solcher Bilder aufnehmen, die aneinandergereiht lange Streifen von mehreren Tausend Kilometern ergeben.

Aber wenn diese Streifen nur 30 Kilometer breit sind – wie kann der Satellit dann die ganze Erde aufnehmen? Hier die Antwort: Während er auf seiner Umlaufbahn die Erde umkreist, dreht sich unser Planet ja weiter. Nach einer Erdumrundung fliegt EnMAP also nicht mehr über dasselbe Gebiet, sondern seine Bahn führt etwas versetzt über eine andere Region der Erde und nimmt dort einen Bilderstreifen auf. Nach und nach kommt so ein Großteil der Erdoberfläche in den Blick des Satelliten.

Weil das mit der Satellitenbahn und der Erddrehung etwas kompliziert ist, hier ein Vergleich: Stell dir vor, du würdest eine Kugel in der Hand halten und mit einem Filzstift eine Linie von oben bis unten und auf der Rückseite wieder hoch bis zum Anfang zeichnen – also einmal um die ganze Kugel herum. Das wäre jetzt die Spur des Satelliten. Würde sich die Erde nicht drehen, dann würde der Satellit bei der nächsten Umrundung wieder genau diese Spur überfliegen. Aber weil sich die Erde in der Zwischenzeit etwas gedreht hat, kommt die neue Filzstiftspur leicht neben die alte. Und danach noch eine leicht daneben und noch eine – bis die ganze Kugel von Filzstiftspuren überzogen ist und es wieder von vorne losgeht. Immer noch etwas kompliziert? Dann findest du hier ein ganz einfaches Mini-Experiment zur Satellitenbahn.

Bei EnMAP kommt noch ein besonderer „Trick“ hinzu: Er blickt nämlich nicht nur einfach stur nach unten, sondern er kann auch seitlich geschwenkt werden. Dadurch kann der Satellit jeden Punkt der Erde innerhalb von vier Tagen aufnehmen.

Farben und Wellenlängen

Sonnenlicht erscheint weiß, setzt sich aber aus verschiedenen Farben zusammen. Das kannst du an einem Regenbogen sehen, der das Licht gewissermaßen „auffächert“ und in die einzelnen Farben zerlegt. Bild: K.-A.
Sonnenlicht erscheint weiß, setzt sich aber aus verschiedenen Farben zusammen. Das kannst du an einem Regenbogen sehen, der das Licht gewissermaßen „auffächert“ und in die einzelnen Farben zerlegt. Bild: K.-A.

Um zu verstehen, wie EnMAP die Erde betrachtet und in verschiedenen Farben sieht, müssen wir uns mal kurz mit der Frage beschäftigen, wie Farben überhaupt entstehen. Klingt nach einer dummen Frage? Na, dann warte mal ab! Ist nämlich nicht ganz so einfach, wie es sich anhört. Geh mal als erstes in ein ganz dunkles Zimmer: Rollladen runter und Licht aus! Welche Farben siehst du? Wenn es richtig dunkel ist, erkennst du gar keine Farben. Denn die kann man erst sehen, wenn Licht dazu kommt.

Um Farben wahrnehmen zu können, brauchen wir also Licht. Sehen wir uns das mal genauer an – und zwar am Beispiel des Sonnenlichts. Übrigens: Du kannst jetzt den Rollladen wieder hochziehen. ;-) Also: Das Sonnenlicht sieht für uns weiß aus. Aber tatsächlich besteht es aus verschiedenen Farben, die nur alle zusammen weiß wirken. Dass das Sonnenlicht aus verschiedenen Farben zusammengesetzt ist, erkennst du gut an einem Regenbogen: Da werden die Sonnenstrahlen von den Regentröpfchen reflektiert, also zurückgeworfen – und zwar so, dass jede Farbe in eine etwas andere Richtung abgelenkt wird. Dann sind die einzelnen Farben nicht mehr übereinander, sondern nebeneinander zu sehen – und deshalb ist ein Regenbogen nicht weiß, sondern eben bunt.

Mach jetzt mal eine kurze Pause mit dem Lesen und sieh dir dieses Video an, in dem unsere Physikerin Sina dir viele spannende Dinge rund um das Thema Licht erklärt. Danach reden wir weiter …

Sina hat es ja erklärt: Die Lichtstrahlen kannst du dir wie Wellen vorstellen – immer rauf und runter mit Wellenbergen und Wellentälern. Den Abstand zwischen den Wellenbergen nennt man die Wellenlänge. Sie kann lang sein oder auch kürzer. Wichtig ist dabei, dass jede Farbe des Lichts eine andere Wellenlänge hat: So ist rotes Licht langwellig und blaues Licht kurzwellig. Übrigens: Die Lichtstrahlen, die wir mit unseren menschlichen Augen wahrnehmen können, sind nur ein Teil der Strahlung, die es insgesamt gibt und die elektromagnetische Strahlung genannt wird. Bei anderen für uns unsichtbaren Arten von Strahlung sind die Wellenlängen noch viel länger oder kürzer. Auch dazu hat Sina ein spannendes Video gedreht, das du hier sehen kannst:

Also: Wenn Sonnenstrahlen auf einen Gegenstand treffen, wirft er sie zu unserem Auge zurück – fast wie ein Spiegel (man sagt auch, dass das Licht „reflektiert“ wird). Wenn dabei alle Strahlen des Sonnenlichts zurückgeworfen werden, erscheint etwas logischerweise weiß – zum Beispiel ein weißes Blatt Papier. Aber wenn eine Oberfläche einige Farben „verschluckt“ (man sagt dazu auch „absorbiert“), wird nur der Rest der Strahlung zum Auge zurückgeworfen – und wenn dann die anderen Wellenlängen fehlen, kommt zum Beispiel nur das grüne Licht bei unseren Augen an und ein Objekt wie eine Pflanze sieht deshalb grün aus.

So ist das auch bei den Farben der Erde: Das Sonnenlicht fällt auf die Erdoberfläche und sie wirft es zurück. Satelliten nehmen dieses zurückgeworfene Licht auf und erkennen daran, wo grüne Wälder und wo blaue Meere sind. Und sie können auch erkennen, wenn Bäume krank sind, weil das Gebiet dann nicht mehr so grün aussieht. Doch EnMAP sieht bei all dem noch viel mehr: Er erkennt nicht nur, ob es da unten auf der Erde grün oder blau aussieht, sondern er kann viele unterschiedliche Grün- und Blautöne und viele andere Farbtöne unterscheiden – insgesamt weit über 200! Das wäre etwa so, als ob dein Malkasten nicht nur 10 oder 20 Farbtöpfchen hat, sondern eben mehr als 200 … Und zu der Strahlung, die EnMAP aufnimmt, gehört nicht nur das sichtbare Licht, sondern zum Beispiel auch die Infrarot-Strahlung, die zu den für uns unsichtbaren Strahlungsbereichen zählt.

So ähnlich wie auf diesen Bildern werden die EnMAP-Bilder aussehen. Sie zeigen, wie sich landwirtschaftliche Felder über mehrere Monate hinweg verändern. Rote Farben bedeuten dabei viel Biomasse, also viele Pflanzen, blaue Flächen sind abgeerntet. Der Satellit EnMAP kann so die Vegetation weltweit untersuchen – nicht nur Getreidefelder, sondern zum Beispiel auch den Gesundheitszustand der Wälder. Bild: GFZ
So ähnlich wie auf diesen Bildern werden die EnMAP-Bilder aussehen. Sie zeigen, wie sich landwirtschaftliche Felder über mehrere Monate hinweg verändern. Rote Farben bedeuten dabei viel Biomasse, also viele Pflanzen, blaue Flächen sind abgeerntet. Der Satellit EnMAP kann so die Vegetation weltweit untersuchen – nicht nur Getreidefelder, sondern zum Beispiel auch den Gesundheitszustand der Wälder. Bild: GFZ

EnMAP sieht also nicht nur verschiedene Rot-, Grün- oder Blautöne, sondern auch „Farben“, die der Mensch eigentlich gar nicht sehen kann. Wenn wir das anschließend auf den Satellitenbildern sichtbar machen wollen, müssen wir es mit den uns bekannten Farben, die wir sehen können, einfärben. Das Ergebnis sind dann Falschfarbenbilder, die die Welt anders zeigen, als wir sie gewohnt sind. Dabei achten die Fachleute darauf, dass in den Falschfarben genau die Dinge besonders hervorgehoben werden, auf die es ankommt.

Der fliegende „Umweltdetektiv“

Das Bild zeigt Korallen vor der Westküste von Australien. Dabei wurde der Sensor von EnMAP schon lange vor dem Start auf einem Flugzeug getestet. Durch die Bildbearbeitung kann man an den künstlichen Farben erkennen, um welche Korallenarten es geht und ob sie geschädigt sind. Denn Korallen leiden unter dem Klimawandel und den ansteigenden Meerestemperaturen. EnMAP wird die Entwicklung weltweit über Monate und Jahre hinweg untersuchen können – wichtige Daten über diese Ökosysteme in den Ozeanen der Erde.
Das Bild zeigt Korallen vor der Westküste von Australien. Dabei wurde der Sensor von EnMAP schon lange vor dem Start auf einem Flugzeug getestet. Durch die Bildbearbeitung kann man an den künstlichen Farben erkennen, um welche Korallenarten es geht und ob sie geschädigt sind. Denn Korallen leiden unter dem Klimawandel und den ansteigenden Meerestemperaturen. EnMAP wird die Entwicklung weltweit über Monate und Jahre hinweg untersuchen können – wichtige Daten über diese Ökosysteme in den Ozeanen der Erde.

Warum das mit den vielen Farben so wichtig ist? EnMAP kann dadurch viele Umweltfragen sehr genau untersuchen. Zum Beispiel erkennt er nicht nur, ob es sich bei einem „grünen Fleck“ um ein Waldgebiet handelt. Sondern er kann wichtige Einzelheiten erkennen – zum Beispiel ob die Bäume infolge von Trockenheit „Stress“ haben. Und handelt es sich um einen Fichtenwald oder um Laubbäume? Sogar die verschiedenen Baumarten kann EnMAP unterscheiden. Auch in der Landwirtschaft lassen sich die Daten einsetzen: Wächst das Getreide gut? Wie wird die Ernte sein? Sind Gewässer sauber oder verschmutzt, sind da Algenteppiche vor der Küste im Meer? Viele solcher Umweltfragen nimmt EnMAP unter die Lupe. Zusammen mit den Daten anderer Satelliten wird uns der Satellit als fliegender „Umweltdetektiv“ viele wichtige Informationen liefern.