Um Planeten zu finden, auf denen sich Leben entwickelt haben könnte, liegt es nahe Sternen zu untersuchen, die der Sonne ähnlich sind. Aber was heißt das? Timo Reinhold vom MPI für Sonnensystemforschung in Göttingen hat das in seinem Online-Vortrag in unserem Abteilungsmeeting am 5. Juni erklärt.
Um die Sonne mit anderen Sternen zu vergleichen, hat die Forschergruppe Daten des Weltraumteleskops Kepler untersucht, das vier Jahre lang ein Feld mit 200.000 Sternen beobachtet hat. Aus diesem Datensatz wurden Sterne herausgesucht, die sich auf der Hauptreihe befinden und in ihren fundamentalen Parameter und ihrer Rotationsperiode der Sonne ähnlich sind. Die Parameter waren die effektive Temperatur, die Gravitation an der Oberfläche und der Gehalt an schweren Elementen. Damit beschränkte sich die Auswahl z. B. auf Sterne mit Temperaturen zwischen 5500 K und 6000 K - die Temperatur der Sonne liegt mit 5780 K genau in der Mitte.
Mit anderen Kriterien ergaben sich daraus zwei Gruppen: die eine mit 369 Sterne mit sonnenähnlichen Parametern und einer Rotationsperiode zwischen 20 und 30 Tagen - die Sonne rotiert in 24,5 Tagen um ihre eigene Achse. Die zweite Gruppe enthielt 2529 "pseudo-solare" Sterne, mit sonnenähnlichen Parametern, aber ohne eine nachweisbare Rotation. Für alle diese Sterne hat man die Lichtkurven untersucht und die Variabilität bestimmt. Die Variabilität ist ein Maß für die Helligkeitsschwankung eines Sterns, die eng mit der magnetischen Aktivität gekoppelt ist.
Dass die Sonne nur eine geringe Variabilität zeigt, wußte man schon. Neu war in dieser Studie ist: die sonnenähnlichen Sterne mit einer sonnenähnlichen Rotationsperiode haben eine deutlich höhere Variabilität. Die Sonne fällt aus dem Rahmen! Warum? Könnte sich unsere Sonne gerade nur in einer Phase geringer Aktivität befinden, die mindestens schon 9000 Jahre andauert?
Mehr: "The Sun is less active than other solar-like stars" von Timo Reinhold et al.(2020), Science 368,518-521