Forschungsaktivitäten auf den Eismonden im äusseren Sonnensystem Regionales Kontextbild der Galileo SSI Kamera mit einer räumlichen Auflösung von 950 m/pxl im Kontext von Voyager-Daten. Das Mosaik zeigt Ganymeds altes, dunkles Gebiet, einschließlich des westlichen Randes von Galileo Regio (rechts im Bild erkennbar), das durch Tektonik geprägt wurde, wodurch lineare Streifen jüngeren, hellen gefurchten (grooved) und glatten Gebiets entstanden. Detaillierte geologische Kartierung und Kraterzählungen zur Altersdatierung sind ein Hauptgegenstand wissenschaftlicher Untersuchung in unserer Gruppe. Norden zeigt im Bild etwa nach oben. Quelle: NASA
Regionales Kontextbild der Galileo SSI Kamera mit einer räumlichen Auflösung von 950 m/pxl im Kontext von Voyager-Daten. Das Mosaik zeigt Ganymeds altes, dunkles Gebiet, einschließlich des westlichen Randes von Galileo Regio (rechts im Bild erkennbar), das durch Tektonik geprägt wurde, wodurch lineare Streifen jüngeren, hellen gefurchten (grooved) und glatten Gebiets entstanden. Detaillierte geologische Kartierung und Kraterzählungen zur Altersdatierung sind ein Hauptgegenstand wissenschaftlicher Untersuchung in unserer Gruppe. Norden zeigt im Bild etwa nach oben.
Kleine, mittel- und planetengroße Monde in der Umlaufbahn um die großen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun kommen im äußeren Sonnensystem in großer Zahl vor. Diese Körper unterscheiden sich von den terrestrischen Planeten und werden deshalb in eine Klasse planetarer Objekte gruppiert die man als Eismonde bezeichnet, da ihre Oberflächen durch das Vorkommen von Wassereis dominiert werden, nachweisbar durch H2O-Absorptionsbanden im nahen Infrarot. Des Weiteren sind ihre mittleren Dichten viel geringer als die Dichten der terrestrischen Planeten, etwa 2 gcm-3 oder weniger.
Wir benutzen hauptsächlich Bilddaten der SSI-Kamera an Bord des Galileo Jupiter Orbiters (1995–2003) und der ISS-Kameras auf dem Saturn-Orbiter Cassini (seit 2004) und ferner Spektraldaten im sichtbaren und nahen Infrarot, die von den abbildenden Spektrometern Galileo-NIMS und Cassini-VIMS geliefert werden. Eismonde weisen in den Kamerabildern ähnliche Geländeformen wie die terrestrischen Planeten auf, allerdings sind spezifische Morphologien auf diese Oberflächen beschränkt, da Eis mit seinen besonderen physikalischen Eigenschaften die Stelle von Silikatgestein als geologisches Ausgangsmaterial einnimmt. Oberflächenprozesse auf atmosphärelosen Eismonden umfassen von außen die Bildung von Einschlagskratern, Erosion, Abtragung und Ablagerung durch thermale oder gravitative Einflüsse (z. B. Hangabtragung), sowie Verwitterung durch Teilchenbombardement aus dem Weltraum (so genanntes space weathering). Von innen wird die Gesatltung der Oberfläche durch Tektonik und Kryovulkanismus bestimmt. Der Begriff Kryovulkanismus wird benutzt, um Vulkanismus auf den terrestrischen Planeten, wo geschmolzenes Silikatgestein und volatile Substanzen auf den Oberflächen austreten, von Vulkanismus auf den Eissatelliten zu unterscheiden. Beim Kryovulkanismus wird eishaltiges Material ausgestoßen und abgelagert. Außerdem können Exhalationen von Staub und Gas in Form von Eruptionswolken vorkommen und viskose Kryolava gefördert werden.
Eines unserer wissenschaftlichen Schwerpunkte ist die Untersuchung von Einschlagskratern, sowohl im Hinblick auf ihre Formen als auch auf ihre Häufigkeitsverteilungen, um mit ihrer Hilfe die Oberflächen der Eismonde zu datieren. Die beiden größten Galileischen Monde Jupiters, Ganymed und Callisto, weisen die größte Variationsbreite in Impaktkraterformen aller bekannten Monde und Planeten auf. Einschläge in ein weiches Substrat im Untergrund rufen spezielle Kraterformen hervor, wie Dom-Krater, Palimpseste und Multiringbecken als beispielsweise auf dem Erdmond.
Die Größen- und Häufigkeitsverteilung von Einschlagskratern, die anderen geologischen Einheiten, einschließlich anderen Kratern, auflagern, wird in unserer Forschungsgruppe als wichtiges Hilfsmittel benutzt, um diese Einheiten im Alter zu datieren und um stratigraphische Zusammenhänge auf der Basis ihrer gegenseitigen Überlagerungen, die in geologischen Karten dokumentiert werden, zu unterstützen. Wir nutzen Kraterzählungen auf den Oberflächen der Jupiter- und Saturnmonde und, für Vergleichsanalysen, auf den Oberflächen der Uranus- und Neptunmonde, die von den Kameras auf der Sonde Voyager 2 aufgenommen wurden, um relative Alter abzuleiten. Spezifische wissenschaftliche Fragestellungen bei denen wir Kraterzählungen einsetzen, umfassen die räumliche Verbreitung von Kraterformen und von tektonischen Formen, sowie ihre stratigraphischen Abfolgen. Absolute Alter können ebenfalls abgeleitet werden, sind aber modellabhängig, da Kraterbildungsraten im äußeren Sonnensystem mit hohen Unsicherheiten behaftet sind. Alle in unserer Gruppe benutzten Einschlagskratermodelle stimmen darin überein, dass die am dichtesten bekraterten Einheiten etwa ein Alter von 4 Milliarden Jahren besitzen, weichen aber um die Größenordnung eines Faktors 10 bei den Altern der jüngsten Einheiten voneinander ab.
Die geologische Kartierung von Eismondoberflächen und Kraterzählungen werden in unserer Forschungsgruppe im Verbund zu Studien der Stratigraphie und geologischen Geschichte der Monde benutzt. In Zusammenarbeit mit Kollegen der Abteilung Planetengeodäsie (PLD) untersuchen wir die Topographie der Geländeformen und ihrer zeitlichen Entwicklung mit Hilfe der Analysen von Stereobilddaten. Die meisten Satelliten erweisen sich seit der Zeit, da sich ihre dicht bekraterten Ebenen gebildet haben als geologisch wenig entwickelt. Andere dagegen, z. B. Ganymed und Dione, weisen Geländeformen auf, die weit verbreitete und lokale Tektonik anzeigen. Somit deuten sie darauf hin, dass diese Körper in ihrer Vergangenheit Perioden intensiver tektonischer Deformationen erfahren haben. Europa und Enceladus sind durch junge Oberflächen mit einer geringen Kraterdichte charakterisiert und kryovulkanisch in der Gegenwart (Enceladus), oder vermutlich in ihrer jüngsten Vergangenheit aktiv (Europa). Enceladus weist die größte Variationsbreite an Oberflächenaltern auf, von dicht bekraterten alten Gebieten zu Gebieten mit aktivem Kryovulkanismus, die keine Impaktkrater aufweisen. Tektonik und Kryovulkanismus und ihre zeitliche Entwicklung sind ein Forschungsgegenstand, an dem wir mit Kollegen aus der Abteilung Planetenphysik (PLP) zusammenarbeiten, die sich mit der thermalen Geschichte von Eissatelliten befassen.
Ein weiterer bedeutender Forschungsgegenstand in unserer Gruppe ist die Oberflächenspektroskopie von Eismonden. Wir benutzen Daten der Cassini- und Galileo-Spektrometer, um die räumliche Verteilung von Eis- und Nicht-Eismaterial zu untersuchen. Wassereis-Partikelgrößen und ihre räumliche Verteilung werden außerdem mit den zugrundeliegenden geologischen Einheiten korreliert. Die stratigraphische Stellung von Kratern auf den Oberflächen der Jupiter- und Saturnmonde korreliert gut mit ihrem Wassereisgehalt. Helle Strahlenkrater, etwa Osiris auf Ganymed, Creusa auf Dione oder Inktomi auf Rhea, sind durch tiefe Wassereis-Absorptionsbanden charakterisiert, die zeigen, dass sie, bestätigt durch ihren morphologisch frischen Zustand, stratigraphisch jung sind. Tiefe Absorptionsbanden von Wassereis finden sich auch in den tektonisch überprägten Gebieten, z. B. entlang der Steilhänge von Grabenstrukturen auf Dione und Rhea.
Wir benutzen ferner Cassini-VIMS-Daten, um die globale Verteilung von Eis- und Nichteis-Material über jeden Satelliten und ihre Korrelierung mit dem Teilchenbombardement (sputtering) durch die Magnetosphäre von Jupiter und Saturn zu kartieren. Das Teilchenbombardement der Saturn-Magnetosphäre verursacht die Konzentration von dunklem Nichteis-Material auf den Heckseiten (trailing hemispheres) von Dione und Rhea. In ähnlicher Weise untersuchen wir die räumliche Verteilung von Wassereis-Partikeldurchmessern über die Oberflächen, um Beziehungen zwischen dem Alter geologischer Einheiten oder der Oberflächenaktivität und der Wirkung mechanischer Verwitterung durch das Bombardement durch Mikrometeoriten herzustellen. Auf Enceladus sind die größten Partikel in den kryovulkanisch aktiven Zonen im Südpolgebiet zu finden, die kleinsten Partikel dagegen in den ältesten dicht bekraterten Ebenen.
Tektonische Geländeformen auf Dione. Die globale Ansicht im linken Bild zeigt verschiedene Gruppen von Bruchstrukturen, Trögen und Gräben die sich gegenseitig durchdringen oder abschneiden woraus mehrere tektonische Episoden abzuleiten sind. Die markierten Gebiete zeigen die Lage der Ansichten im mittleren und rechten Bild. Das mittlere Bild zeigt im Detail zwei Gruppen von Grabenstrukturen, Aurunca Chasmata (West-Ost), abgeschnitten durch die jüngeren Grabenstrukturen Padua Chasmata (Nord-Süd). Norden zeigt etwa nach oben. Der größte Krater in diesem Bildausschnitt ist Ascanius der die Grabenstrukturen überdeckt und somit jünger als diese ist. Das rechte Bild enthält eine Schrägansicht der Gräben Aurunca Chasmata (von oben nach unten verlaufend) und Padua Chasmata (von links nach rechts), wobei in ersteren Hangrutsche zu sehen sind. Die Bilder wurden durch die ISS Telekamera (narrow angle camera, NAC) an Bord des Cassini Orbiters aufgenommen.
Weitere Informationen finden sie unter auch:
NASA – Saturn http://saturn.jpl.nasa.gov/CICLOPS http://ciclops.org/NASA – Galileo http://galileo.jpl.nasa.govNASA - Voyager http://voyager.jpl.nasa.gov/