AZUR war das erste deutsche Satellitenprojekt und wurde in Kooperation mit den USA durchgeführt. Wissenschaftliche Ziele dieser Mission waren Untersuchungen des inneren Strahlungsgürtels der Erde, der Polarlichtzonen der nördlichen Hemisphäre, und die spektrale Varianz der solaren Partikelstrahlung bei Flare-Ereignissen auf der Sonne. Das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) war für den Missionsbetrieb und den Netzwerkbetrieb verantwortlich.
Mit dem Start des ersten deutschen Forschungssatelliten AZUR am 08. November 1969 um 2.52 Uhr MEZ gesellte sich die Bundesrepublik Deutschland zu den Staaten, die bereits über Satelliten verfügten: der Sowjetunion, den USA, Großbritannien, Italien, Frankreich, Kanada, Japan und Australien. AZUR wog 71 Kilogramm und wurde mit einer Scout-Rakete vom amerikanischen Vandenberg (Kalifornien) gestartet. Den Satellitenbetrieb übernahm am 15. November 1969 das eigens in Oberpfaffenhofen errichtete Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR), eine Vorgängerin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
AZUR war das "Gesellenstück" der deutschen Weltraumforschung. Der Forschungssatellit diente der Untersuchung der kosmischen Strahlung und ihrer Wechselwirkung mit der Magnetosphäre, spezifisch des inneren Van-Allen-Gürtels, der Polarlichterforschung sowie der zeitlichen Änderung der Solarpartikelströme (Sonnenwind) bei Sonneneruptionen. Das Interesse der Wissenschaft war schon damals groß: Über 100 Experimente wurden vorgeschlagen, von denen sieben für den Flug ausgewählt werden konnten. Daneben verfolgte das damalige Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung (BMwF) die Absicht, mit der deutsch-amerikanischen Kooperation die technologischen Fähigkeiten der deutschen Industrie auszubauen und Know-how für das komplexe Management von Weltraummissionen zu gewinnen.
Fünf Wochen nach dem Start fiel während des 379. Umlaufs das Magnetband-Speichergerät aus. Von diesem Zeitpunkt an musste eine reine Real-Time-Mission geflogen werden, d.h. Messwerte und Kontrolldaten konnten nur noch als Echtzeit-Informationen empfangen werden. Um eine möglichst vollkommene Erfassung von AZUR in Echtzeit zu gewährleisten, musst deshalb das ursprünglich minimal geplante Netzwerk an Bodenstationen erheblich erweitert werden. Dieser Umstand wurde jedoch dadurch erleichtert, dass dieses Szenario bereits als Ausweichlösung geplant worden war. Auch konnte innerhalb weniger Wochen zusätzlich eine brasilianische Station mit improvisierten Mitteln und tatkräftiger Unterstützung der brasilianischen Raumfahrtbehörde CNAE eingerichtet werden. Zusätzlich waren die Leistungsreserven des Energieversorgungssystems von AZUR weit höher als erwartet, so dass die Messprogramme weit häufiger und länger eingeschaltet werden konnten. Die Gesamtheit dieser Maßnahmen stellte sicher, dass das Missionsziel ohne wesentliche Einbußen erreicht werden konnte.
Obwohl der Satellit seine erwartete Lebenszeit von mindestens einem Jahr nicht erreicht hatte - am 29. Juni 1970 brach die Verbindung zu AZUR aus ungeklärten Gründen ab - werteten Politik, Forschung und Industrie die Durchführung des ersten deutschen Langzeitunternehmens im All als großen Erfolg.
356 - 1.278 km während der Mission 383 - 3.219 km