Im Februar 2008 wurde das europäische Columbus-Labor mit dem Space Shuttle Atlantis (STS-122) zur ISS gebracht. Neben anderen Experimentanlagen stand damit auch das BIOLAB zur Verfügung – eine Anlage für gravitationsbiologische Experimente bestehend aus Inkubator, Zentrifugen und Analyse-Einrichtungen.
WAICO: Einfluss der Schwerkraft auf das Wachstum der Arabidopsis-Wurzeln
Hintergrund und wissenschaftliche Ziele:
Pflanzen nutzen die Schwerkraft der Erde zur Orientierung im Raum. So wird bei der keimenden Pflanze der photosynthetisch aktive Spross stets entgegen der Erdschwerkraft in Richtung Licht gelenkt, um mittels der Photosynthese energiereiche Kohlehydrate herzustellen. Die Wurzeln wachsen in den Boden zum Erdmittelpunkt hin, um den Pflanzenkörper zu verankern und mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. Doch wie läuft dieser – Gravitropismus genannte – Ausrichtungsvorgang unter der Erde ab? Die Wurzelhaube ist dafür mit Zellen ausgestattet, die Gravitationssensoren enthalten, sogenannte Statholiten. Neben dem Gravitropismus spielen aber auch noch andere Phänomene bei der Ausrichtung der Wurzelspitze eine Rolle. Eines hiervon ist das Hin- und Herschwingen der Spitze, wodurch die Wurzel spiralförmig wächst. Zudem reagiert die Wurzelspitze auch auf Berührungen. Das Waving and coiling of Arabidopsis roots at different g-levels (WAICO)-Experiment sollte die Einflüsse dieser Komponenten für das Wurzelwachstum bestimmen und die zugrundeliegenden Mechanismen aufklären. Versuchsobjekte hierbei waren der Wildtyp und verschiedene Mutanten der Ackerschmalwand (Arabidopsis).
Experimentbeschreibung:
In dem ISS-Experiment wurde das Wachstumsverhalten der Wurzeln in Schwerelosigkeit sowie bei normaler Erdschwerkraft (auf einer 1g-Referenz-Zentrifuge) fotografisch dokumentiert. Nach dem Flug wurden die Pflanzen am Boden mit modernen molekular- und zellbiologischen Methoden untersucht, um den Wachstumsmechanismen auf die Spur zu kommen.
Triplelux-A: Weltraum beeinflusst „Fressprozess“ der Makrophagen
Das Immunsystem von Astronauten wird durch den Weltraumaufenthalt geschwächt. Doch verstehen wir bisher weder die genauen Ursachen noch die Mechanismen. Dies liegt sicherlich auch daran, dass das Immunsystem bei Wirbeltieren – also auch beim Menschen – ein äußerst komplexes Netzwerk aus verschiedenen Organen, Zelltypen und Molekülen ist. Neben der Haut, die sich gewissermaßen als erste Barriere eindringenden Krankheitserregern entgegenstellt, gibt es hier zwei weitere Beschützer: Zum einen verfügt unser Körper über das angeborene, unspezifische Immunsystem, das schon sehr früh in der Evolution entstand und seitdem weitgehend unverändert blieb. Zum anderen entwickelten die Wirbeltiere zusätzlich eine komplexe, adaptive Immunabwehr, die uns noch intelligenter und effektiver vor Krankheitserregern schützt. Sie erkennt die „Angreifer“ und ist selbstständig in der Lage, gezielt zelluläre Abwehrmechanismen und molekulare Antikörper zu entwickeln.
Um die Ursachen für das geschwächte Immunsystem von Astronauten zu finden, werden im deutschen biowissenschaftlichen Raumfahrtprogramm derzeit zwei Ansätze verfolgt: Zum einen untersuchen Wissenschaftler die Veränderungen von Komponenten des Immunsystems im Blut von Astronauten. Zum anderen werden die Effekte von Schwerelosigkeit und Weltraumstrahlung auf zellulärer Ebene bei verschiedenen Organismen und Zellkulturen analysiert.
Hier setzen die beiden Experimente Triplelux-A und -B an. „Fresszellen“, die sogenannten Makrophagen des angeborenen Immunsystems, wandern durch den Körper und „fressen“ (phagozytieren) eingedrungene Mikroorganismen und andere körperfremde Substanzen. Bei Triplelux-A, das nach dem Abschluss von Triplelux-B im Dezember 2014/Frühjahr 2015 im BIOLAB des europäischen Columbus-Moduls durchgeführt werden soll, wird der Einfluss von Schwerelosigkeit auf die Phagozytose und die Freisetzung Mikroorganismen-abtötender freier Sauerstoffradikale in Makrophagen aus Säugetieren untersucht.
Für das ISS-Experiment wurde ein hochempfindliches Messsystem entwickelt, bei dem die von den Zellen bei der Phagozytose produzierten speziellen Sauerstoffmoleküle ROS (Reactive oxygen species = reaktiver Sauerstoff) den Chemilumineszenz-Farbstoff Luminol oxidieren und dadurch Licht produzieren. Dieses Licht wird mit einem Photomultiplier – einer speziellen Elektronenröhre, die schwache Lichtsignale bis hin zu einzelnen Photonen durch Erzeugung und Verstärkung eines elektrischen Signals aufspürt – erfasst und dadurch auf die Phagozytose-Aktivität geschlossen. Das Experiment findet im BIOLAB von Columbus in Schwerelosigkeit sowie zum Vergleich auf einer Zentrifuge bei unterschiedlichen Schwerkraftbedingungen (bis zu 1g) statt.