Biowissenschaftliche Forschung befasst sich grundsätzlich mit allen Lebensvorgängen einschließlich der Wechselwirkungen von Organismen mit der belebten und unbelebten Umwelt. Im Rahmen vorgegebener genetischer Programme steuern äußere Faktoren wie Licht, Temperatur, Magnetfelder, chemische Signale und nicht zuletzt die Erdschwerkraft, welche Wege in der Entwicklung oder im Verhalten eingeschlagen werden.
Dabei wird die Bedeutung der Schwerkraft häufig übersehen, da sie allgegenwärtig ist, doch stehen bereits einfachste Moleküle und Prozesse sowie alle Organismen vom Einzeller bis hin zum Menschen seit Anbeginn der Evolution vor rund 3,5 Milliarden Jahren unter Schwerkrafteinfluss.
Die Wahrnehmung und Verarbeitung dieses Reizes ist daher von außerordentlicher Bedeutung für alle Organismen, die Aufklärung dieser Vorgänge ein Schlüssel zum Verständnis des Lebens, seiner Entstehung und seiner Evolution. Die Untersuchung Schwerkraft-beeinflusster Phänomene wird auf der Erde dadurch erschwert, dass sich die Schwerkraft zwar in Zentrifugen zu höheren Werten verändern lässt - Schwerelosigkeit kann jedoch auf der Erde nur für kurze Zeiten im freien Fall (etwa im Fallturm) realisiert werden. Nur Weltraumexperimente bieten die Möglichkeit, naturwissenschaftliche Phänomene unter Ausschluss der Schwerkraftwirkung, das heißt in Mikrogravitation, umfassend zu analysieren.
Neben der "Mikrogravitation" hat auch die im Weltraum herrschende Strahlung erheblichen Einfluss auf Organismen. Qualität und Quantität dieser Strahlung, insbesondere in Kombination mit der Mikrogravitation können auf der Erde nur unzureichend simuliert werden, Weltraumexperimente bieten die einzige Möglichkeit für diesbezügliche Untersuchungen.
Von daher eröffnet diese Forschung - eingebettet in entsprechende terrestrische Aktivitäten neue Dimensionen für die erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung in vielen Bereichen der Biowissenschaften und leistet entscheidende Beiträge zur Beantwortung von grundlegenden Fragen. Aufbauend auf den Erfahrungen und Ergebnissen der Vergangenheit und nach Beratungen mit Experten ist das Programm auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse und Empfehlungen der Potenzialanalyse des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe auf drei Schwerpunkte fokussiert:
Diese drei sich wechselseitig befruchtenden Schwerpunktbereiche des biowissenschaftlichen Teilprogramms werden in den nächsten Jahren vor allem durch die Nutzung der ISS als das Labor im All zu neuen wichtigen Erkenntnissen über die Entstehung, Ausbreitung und Zukunft des Lebens und seines Funktionierens führen. Dadurch werden sich neue Möglichkeiten der Prävention, Diagnostik, Therapie von Krankheiten sowie der Rehabilitation und neue Anwendungsmöglichkeiten in der modernen Biotechnologie erschließen.