Start: 03.12.2015, Missionsende: 18.07.2017
Wissenschaftliche Ziele der Missionen LISA und LISA Pathfinder
LISA Pathfinder diente als Technologie-Demonstrations-Mission (ehemals SMART-2) für die M3-Mission LISA (Laser Interferometer Space Antenna) im "Cosmic Vision 2015-2025"-Programm der ESA. LISA soll voraussichtlich 2034 gestartet werden und als Weltraumobservatorium niederfrequente Gravitationswellen im Frequenzbereich von weniger als 0,1 Millihertz bis zu 0,1 Hertz beobachten.
LISA wird damit komplementär zu bodengebundenen (interferometrischen) Gravitationswellen-Observatorien wie Advanced LIGO (USA), GEO 600 (Deutschland/Großbritannien), Virgo (Frankreich/Italien), KAGRA (Japan) beziehungsweise deren Nachfolger betrieben, die im Frequenzbereich zwischen etwa zehn und 10.000 Hertz empfindlich sind. An der Entwicklung und dem Betrieb von GEO 600 ist federführend das Max-Plank-Institut für Gravitationsphysik/Albert-Einstein-Institut (Golm bei Potsdam, Hannover) beteiligt, das auch maßgeblich an der Entwicklung von LISA Pathfinder beteiligt war und an LISA mitarbeitet.
Kosmische Quellen von Gravitationsstrahlung, die sich in den genannten Frequenzbereichen von erdgebundenen Observatorien und aus dem Weltraum nachweisen lassen werden, sind kurzperiodische Doppelsternsysteme, enge beziehungsweise kollabierende Systeme von Neutronensternen oder Schwarzen Löchern, Gamma-Strahlungsausbrüche und Supernovae, supermassive Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien sowie ein stochastischer Hintergrund von Quellen innerhalb und außerhalb unserer Galaxis. Lange Zeit konnte die Existenz von Gravitationswellen nur indirekt aus Beobachtungen von Pulsaren erschlossen werden. Im September und Dezember 2015 gelangen dann aber mit Advanced LIGO endlich auch die ersten direkten Beobachtungen (GW150914 und GW 151226). Quellen waren jeweils zwei miteinander verschmelzende Schwarze Löcher mit stellaren Massen. Inzwischen wurden mit Advanced LIGO und Virgo regelmäßig weitere Ereignisse von Gravitationswellen detektiert.
Darüber hinaus lassen sich möglicherweise Gravitationswellen nachweisen, die als Relikte von Prozessen im frühen Universum zu deuten sind, wie etwa schwingende kosmische Strings, Phasenübergänge und das Echo des Urknalls selbst. Typische Amplituden, das heißt relative Längenänderungen ΔL / L, von interferometrisch vermessenen Abständen, die durch die Gravitationswellen-Detektoren nachzuweisen sind, liegen in der Größenordnung zwischen etwa 10 hoch -19 und 10 hoch -23, abhängig von der Art der Objekte sowie der Frequenz und der Dauer der emittierten Signale.
Während elektromagnetische Wellen vom Gamma- bis in den Radiobereich im wesentlichen Informationen über die äußere Beschaffenheit astrophysikalischer Objekte liefern, erlaubt die Gravitationswellenastronomie, Rückschlüsse auf die gesamte Massenverteilung der Quellen und deren zeitliche Änderungen zu ziehen. Sowohl die terrestrischen als auch weltraumgestützte Gravitationswellen-Observatorien werden ein wichtiges neues Fenster zum Universum öffnen und lassen damit wesentliche neue Erkenntnisse über Einzelobjekte wie auch das Weltall in seiner Gesamtheit erwarten.
Die Mission LISA
LISA wird voraussichtlich aus einer Konfiguration (Cluster) von drei Satelliten an den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks mit etwa zweieinhalb Millionen Kilometern Seitenlänge bestehen, das der Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne in einem Abstand von etwa 50 Millionen Kilometern folgt (das heißt, der Schwerpunkt des Clusters folgt der Erde von der Sonne aus betrachtet unter einem Phasenwinkel von rund 20 Grad). Die gesamte Konfiguration ist dabei um 60 Grad gegen die Bahnebene der Erde um die Sonne (Ekliptik) geneigt. Die Satelliten enthalten zwei beziehungsweise jeweils eine freifliegende Testmasse(n), die möglichst frei von äußeren Störungen gehalten werden. Die gegenseitigen Abstände der Testmassen werden von Satellit zu Satellit durch hochgenaue Heterodyn-Laserinterferometrie vermessen.
Auf diese Weise sollen die durch Gravitationswellen hervorgerufenen minimalen Abstandsänderungen zwischen den Testmassen zweier Satelliten nachgewiesen werden. Die erforderliche Messgenauigkeit der Abstände beträgt (bei breitbandiger Messung im Frequenzbereich zwischen etwa einem und zehn Millihertz) typischerweise rund 1/100 des Durchmessers eines Wasserstoffatoms (10 hoch -12 Meter) bei einem Abstand von zweieinhalb Millionen Kilometern. Die minimalen Bahn- und Lagekorrekturen, die für die Zentrierung der Satelliten auf die Testmassen notwendig sind, werden jeweils durch ein "Drag-free Attitude Control System" (DFACS) aus den Messungen von Inertialsensoren ermittelt und über Mikro-Newton-Triebwerke (Kaltgas- und Kolloidtriebwerke) umgesetzt.
LISA Pathfinder: Technologische Ziele
Die notwendige Freiheit der Testmassen von Störkräften lässt sich jedoch auf der Erde wegen der Größe der dort auszuregelnden Störeffekte (insbesondere der irdischen Schwerkraft und ihrer Variation) nicht vollständig verifizieren. Daher verfolgte LISA Pathfinder als notwendige technologische Vorgängermission von LISA das Ziel, die Schlüsseltechnologien des Systems im Weltraum zu testen. Diese Technologien umfassten insbesondere
Nach ihrem Start wurde die LISA-Pathfinder-Sonde zunächst in eine elliptische Transferbahn eingeschossen, deren Aphel dann mit Hilfe eines eigenen Antriebmoduls in mehreren Phasen angehoben wurde, um schließlich in eine Halobahn um den Lagrangepunkt L1, rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt einzuschwenken. Vor dem Einschwenken in die endgültige Bahn und dem Beginn des wissenschaftlichen (Drag-Free-) Betriebs unter möglichst geringen Störeinflüssen ist schließlich das Antriebmodul vom Nutzlastmodul abgetrennt worden, um dessen störenden Einfluss auf die Testmassen auszuschließen. Die Halobahn um den L1 wurde ausgewählt, um die hohen Anforderungen an die Nutzlast im Hinblick auf die thermische Stabilität (konstante Sonneneinstrahlung und Temperatur) und die geringen gravitativen Störungen zu erfüllen, die nahe des Gravitationsgleichgewichtspunktes zwischen Erde und Sonne gegeben sind.
Kooperation bei LISA Pathfinder
Das "LISA Technology Package" ist unter Führung der ESA, als verantwortlicher Raumfahrtagentur für das Gesamtprojekt, mit Beiträgen verschiedener europäischer Raumfahrtagenturen und Ministerien entwickelt worden. Beteiligt sind Forschungs- und Universitätsinstitute sowie Industrieunternehmen aus Spanien, Italien, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland. Während die LISA-Pathfinder-Sonde von der EADS Astrium Ltd. (Großbritannien) gebaut wurde, hat die EADS Astrium GmbH (Friedrichshafen) als "Industrial Architect" die Entwicklung, den Bau und die Tests des gesamten LTP koordiniert. In Deutschland ist das Albert-Einstein-Institut (AEI) in Hannover federführend an der Entwicklung des Interferometers, das das Herzstück der wissenschaftlichen Nutzlast von LISA-Pathfinder darstellt, beteiligt.
Deutscher Anteil am LISA Pathfinder Technology Package
Zum deutschen Beitrag an der LTP-Nutzlast, der durch das DLR finanziert wird, gehören insbesondere:
Missionsdaten und technische Parameter von LISA Pathfinder: