Experten erproben europäisches System im realistischen Szenario auf Zypern
Katastrophenschutz-Experten der Europäischen Union testen zur Zeit auf Zypern ein satellitengestütztes System für die Erkundung von Katastrophengebieten. Im Auftrag der Europäischen Kommission hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein System entwickelt, mit dem Katastrophenhelfer im Einsatz mobil auf aktuelle Satellitenbilder zugreifen und Daten untereinander austauschen können.
Bei dem vom deutschen Technischen Hilfswerk (THW) und der Johanniter-Unfallhilfe durchgeführten Katastrophentraining wird unter realistischen Bedingungen der Ernstfall anhand eines simulierten Erdbebens vor der südlichen Küste Zyperns mit anschließendem Tsunami geprobt. Das DLR unterstützt die Katastrophenhelfer mit Satellitenbildern und -karten sowie Kommunikations- und Navigationstechnologien. Am kommenden Mittwoch wird das DLR-Team dem zypriotischen Innenminister, Neoklis Silikiotis, und dem deutschen Botschafter, Rolf Kaiser, das satellitengestützte Erkundungssystem demonstrieren.
Den Katastrophenhelfern stellen die Vereinten Nationen darüber hinaus eine von ihnen eingerichtete Plattform für Katastrophenmanagement und Notfallmaßnahmen vor.Koordiniert durch das UN-SPIDER Programm (SPace-based Information for Disaster management and Emergency Response) sollen auf dieser Plattform in absehbarer Zeit Satellitenszenen sowie daraus generierte Karten, die im Anschluss an Katastrophen erstellt wurden, durch zusätzliche vor Ort gewonnene Informationen ergänzt werden. "Mit diesem frei zugänglichen Service können wir einen wichtigen Teilaspekt des UN-SPIDER Mandats erfüllen und erreichen, dass alle Staaten und Hilfsorganisationen schnellen Zugang zu raumfahrtbasierten Informationen erhalten", sagt Jörg Szarzynski aus dem Bonner UN-SPIDER Büro.
Der rasche Zugriff auf derartige Informationen ist notwendig, da nach Katastrophen wie beispielsweise dem Erdbeben in China oder dem Zyklon von Myanmar die Rettungskräfte schnellstmöglich herausfinden müssen, welche Hilfe an welchem Ort am dringendsten gebraucht wird. Unterstützung bringt das neue System aus dem All: Mit den Satellitenbildern verschaffen sich die Retter zunächst einen ersten Überblick, zum Beispiel über blockierte Straßen oder zerstörte Gebäude. Mit Hilfe einer Software synchronisieren sie dann ihre Beobachtungen am Boden mit den Satellitenbildern und speisen die Daten per Satellit in ein spezielles Netzwerk ein. Noch ist die Anlage ein Prototyp, doch schon bald sollen alle am Einsatz beteiligten Organisationen unmittelbar über das Netz auf die Daten zugreifen und sie um eigene Informationen ergänzen können. Ziel ist es, die Erkundung von Katastrophengebieten zu beschleunigen, damit so bald wie möglich genau die Hilfe vor Ort ankommt, die dringend gebraucht wird.
"Wir wollen, dass die leistungsfähige Satelliten-Technologie schnell und effektiv bei Notfällen eingesetzt wird", sagt Michael Angermann vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. Deshalb werde der Prototyp in den kommenden Monaten für den Katastrophenschutz weiterentwickelt. "Es soll am Ende so einfach wie Laptop und Telefon zu bedienen sein und auch nicht mehr kosten", fügt der Wissenschaftler hinzu."Je mehr Erkundungsteams sich im Einsatz untereinander vernetzen, ihre Ergebnisse austauschen und weiterleiten können, desto schneller und präziser kann die internationale Gemeinschaft Hilfe leisten", sagt Claus Höllein vom deutschen Technischen Hilfswerk (THW). Gemeinsam mit der Johanniter-Unfall-Hilfe und dem zypriotischen Zivilschutz bildet das THW regelmäßig im Auftrag der EU auf Zypern europäische Erkundungs-Experten aus. Im Rahmen ihrer Weiterbildung erproben bis Mittwoch elf Erkunder aus elf Ländern das neue System unter einsatznahen Bedingungen.
Der einwöchige "Assessment-Mission-Course" (Erkundungseinsatz-Kurs) ist Teil des sogenannten EU-Mechanismus, der seit 2002 die internationale Zusammenarbeit im Katastrophenschutz der Gemeinschaft fördert. Wichtiger Bestandteil des Mechanismus sind gemeinsame Übungen und Seminare für Einsatzkräfte aus ganz Europa. Über ein Zentrum in Brüssel und ein Kommunikationsnetzwerk sind die Katastrophenschutzorganisationen miteinander verbunden, um gemeinsam internationale Hilfe leisten zu können. Zuletzt waren EU-Experten nach dem Erdbeben in China und dem Zyklon in Myanmar im Einsatz.