Seit dem Jahr 2001 führen Kosmonauten und Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS die Experimente "PKE-Nefedov" und "PK-3 Plus" durch. Die Versuche werden gemeinsam von Wissenschaftlern vom russischen Joint Institute for High Temperatures (JIHT) in Moskau und dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching geplant und ausgewertet.
Es geht um Grundlagenforschung an "komplexen" Plasmen. Dies sind elektrisch geladene Gase, wie sie zum Beispiel auch in Leuchtstoffröhren vorkommen. Sie enthalten jedoch zusätzlich kleine Partikel, die mit einigen tausendstel Millimetern etwa 10.000 mal größer sind als die sie umgebenden Gasatome. Diese Teilchen laden sich in dem Gas elektrisch auf und beeinflussen sich gegenseitig so, dass sie typische Abstände im Bereich von Zehntel Millimetern annehmen.
Sie verhalten sich dann physikalisch ganz ähnlich wie einzelne Atome in einem Festkörper (Kristall) oder einer Flüssigkeit - mit dem großen Vorteil, dass sie mit einer Kamera einzeln beobachten werden können. So kann man zum Beispiel direkt zuschauen, wie ein Kristall schmilzt, sich Defekte in dem Kristallgitter ausbreiten oder sich Wellen fortpflanzen.
Auf der Erde drückt die Schwerkraft allerdings die Teilchenwolke so sehr zusammen, dass vertikal nur wenige Lagen von Teilchen übereinander in der Schwebe gehalten werden können. Eine Untersuchung eines gleichmäßigen, dreidimensionalen Systems ist also nicht möglich. Deswegen ist die Forschung in der Schwerelosigkeit auf der Internationalen Raumstation ISS und auch auf Parabelflügen notwendig. Ohne den störenden Einfluss der Gravitation verteilen sich die Partikel im gesamten Volumen, und auch kleinere Kräfte, die auf die Teilchen einwirken, können so untersucht werden.
Nachdem das neueste Experiment des deutsch-russischen Forscherteams in 2005 auf die Raumstation gebracht wurde, hat die Technik Fortschritte gemacht. Insbesondere stehen nun schnellere hochauflösende Kameras zur Verfügung, die bei den ISS-Weltraumexperimenten noch nicht eingesetzt werden konnten. Einige Vorgänge in komplexen Plasmen laufen so schnell ab, dass sie mit herkömmlichen Videokameras nicht beobachtet werden können. Deshalb werden die Wissenschaftler solche Prozesse bei der 13. DLR-Parabelflugkampagne mit einer Bildrate von bis zu 1.000 Bildern pro Sekunde beobachten.
Geplant sind Experimente zum Flüssigkeitsverhalten von komplexen Plasmen. So möchten die Forscher die Entstehung und Ausbreitung von Wellen in dem System genau untersuchen. Dabei wollen sie auch selbst durch einen elektrischen Impuls Wellen anregen und deren Fortpflanzung analysieren. Es sollen außerdem Phänomene, die Blasen und Tröpfchen ähneln, sowie die Änderung der Fließeigenschaften der geladenen Teilchenwolke durch ein elektrisches Wechselfeld (die so genannten elektrorheologischen Eigenschaften) erforscht werden.
Diese Versuche ermöglichen es, die einzigartigen Daten von der Raumstation zu komplettieren und durch eine gezielte Untersuchung in hoher zeitlicher Auflösung, quasi in Zeitlupe, wissenschaftliche Phänomene noch besser zu verstehen.