Plasma - das heißeste Glied in der Serie fest, flüssig, gasförmig, ionisiert - gilt allgemein als der ungeordnetste Materiezustand. Plasma ist ein ionisiertes Gas und der Stoff, aus dem Blitze, Nordlichter oder das leuchtende Medium in Energiesparlampen und Plasmabildschirmen bestehen. Befinden sich kleine Staubpartikel im Plasma, so spricht man von einem staubigen oder komplexen Plasma. In diesem können sich die Partikel zu regelmäßigen Mustern zusammenfügen, so genannten Plasmakristallen.
Im Gegensatz zu Kristallen aus neutralen Atomen, in denen die Atome dicht gepackt sind und sich durch anziehende Wechselwirkungen zusammenhalten, bestehen Plasmakristalle aus elektrisch gleichartig geladenen Staubpartikeln, die sich untereinander abstoßen und nur durch ein äußeres elektrisches Feld zusammengehalten werden. Dadurch nehmen die Staubpartikel untereinander die größtmöglichen Abstände ein und der Kristall wird so transparent, dass man die Bewegung aller Partikel sieht, was in echten Festkörpern unmöglich ist.
Daher können Wissenschaftler die Bewegungen der Staubpartikel beobachten und mit einem Videomikroskop Prozesse wie etwa Wellenvorgänge oder das Schmelzen eines festen Körpers verfolgen. Plasmen, die Partikel von Submikrometer Größe enthalten, sind von großer Bedeutung für das Verständnis der Planetenentstehung, aber auch ganz praktisch für die Erzeugung von Nanopulvern, die Fertigung von Computerchips oder die Herstellung neuartiger Materialoberflächen . Diese Art von Untersuchungen war bisher auf nahezu zweidimensionale Plasmakristalle beschränkt, weil die Wolke aus Staubpartikeln unter dem Einfluss der Schwerkraft zu einer flachen Schicht zusammengedrückt wurde. Nur unter Schwerelosigkeit können dreidimensional ausgedehnte Partikelwolken erzeugt werden. Hier treten interessante Effekte auf, wie die Bildung von Hohlräumen im Zentrum der Staubwolke oder das Einsetzen von komplizierten Wellenphänomenen im komplexen Plasma.
Das Plasmaexperiment für den 15. DLR-Parabelflug ist eine Kooperation der Universitäten Kiel und Greifswald. Die Wissenschaftler führen verschiedene optische und elektrische Messungen innerhalb der Staubwolken durch. Diese sollen Aufschluss über die Dichte und Temperatur des Plasmas, über die elektrischen Felder darin und die daraus resultierende Anordnung der Mikropartikel liefern. Die vorrangigen Ziele auf dieser Parabelflugkampagne sind Untersuchungen zu Wellen- und Strömungsphänomenen in den eingefangenen Staubwolken, die Erzeugung von schnellen Staubpartikeln, deren Wechselwirkung mit einer ruhenden Wolke studiert wird, sowie die Untersuchung des Einflusses der Staubwolke auf die Lichtemission des Plasmas. Die Beobachtung der Partikel erfolgt mit mehreren Hochgeschwindigkeitskameras. Ein spezielles stereoskopisches Kamerasystem ermöglicht es, die Bewegung von Partikeln dreidimensional zu studieren.