In den vergangenen fünf Jahren konnte die Arbeitsgruppe der Deutschen Sporthochschule Köln zeigen, dass Schwerelosigkeit zu deutlichen Veränderungen der Aktivität in einem bestimmten Bereich des Vorderhirns, dem so genannten Präfrontalkortex führt. Dieser ist eng verknüpft mit kognitiven und emotionalen Prozessen. Der Einsatz eines aktiven EEG-Systems ermöglicht eine solche Diagnostik selbst unter extremen Bedingungen wie Schwerelosigkeit, Isolation oder Sport - also überall dort, wo klassische bildgebende Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) nicht möglich sind.
Dabei werden Trockenelektroden eingesetzt. Sie funktionieren ohne jegliches Gel als Leiter und können unter solch extremen, nichtklinischen Bedingungen eingesetzt werden. Während der 19. DLR-Parabelflugkampagne sollen diese neu entwickelten Trockenelektroden erstmals in Kombination mit kognitiven und emotionalen Reizen getestet werden.
Die kognitiven Reize beruhen auf einem Testverfahren, das bereits mehrfach erprobt wurde. Für den Einsatz bei diesem Parabelflug haben die Wissenschaftler es jedoch verändert. Es sieht vor, dass die Probanden in mehreren Schwierigkeitsgraden mathematische Aufgaben lösen. In vorangegangenen Parabelflügen haben Testpersonen diese Aufgabe an einem iPod gelöst. Nun ermöglicht eine methodische Weiterentwicklung, die in Kooperation mit der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg realisiert wurde, auch die neurophysiologischen Parameter, die der Berechnung zugrundeliegenden über eine zeitliche Korrelation mit der EEG-Hardware abzubilden.
In früheren Experimenten konnte wiederholt an verschiedenen Parametern gezeigt werden, dass beim Parabelflug - ähnlich wie auch bei einem Langzeitaufenthalt in Schwerelosigkeit - erheblicher Stress entsteht. Aufgrund der Berichte von mehreren Test-Teilnehmern und Voruntersuchungen sowohl im Labor als auch beim Parabelflug vermuten die Wissenschaftler, dass Musik eine entspannende Wirkung hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn deren Frequenzmuster die spezifische, tonische Grundaktivität des zentralen Nervensystems abbildet.
Dies soll exemplarisch an individuellen Befindlichkeitswerten als auch an überprüfbaren neurophysiologischen Daten in diesem Parabelflug gezeigt werden. Dabei kommen die Trockenenelektroden zum Einsatz. Außerdem verwenden die Forscher ein von der Firma infrasonics entwickeltes Gerät, den inPulser, welches es dank hochwertiger Kodierungs- und Wiedergabetechnologien (24 Bit Tiefe, 96 kHz Abtastrate) ermöglicht, bestimmte Töne an das Gehör und das Gehirn zu übertragen.
Die Befunde der Experimente werden dazu beitragen, eine neue, benutzerfreundliche Technologie zur Diagnose neurokognitiver Zustände unter extremen Bedingungen - wozu auch der Klinikalltag gehört - weiterzuentwickeln. Zudem sind sie die Grundlage für ein besseres Verständnis der Ursachen und Möglichkeiten einer Behandlung von Bewegungskrankheiten (Kinetosen).