Thermodynamik und Kinetik von Phasenumwandlungen sind in der Werkstoffwissenschaft von zentralem Interesse und werden am Otto-Schott-Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena intensiv untersucht. Kenntnisse über Prozesse bei Phasenumwandlungen ermöglichen die Vorhersage (und damit auch Gestaltung) des Gefüges , welches wiederum unmittelbar die Werkstoffeigenschaften bestimmt. In Metallen sind die Atome regelmäßig angeordnet, man spricht von einem kristallinen Zustand. Je nach Keimbildungskinetik in der Schmelze sind verschiedene Kristallite durch Korngrenzen voneinander getrennt. In metallischen Gläsern liegen die Atome dagegen ungeordnet vor. Es gibt keine Körner oder Korngrenzen, da die Atome beim Abkühlen der Schmelze auf ihren zufälligen Positionen eingefroren werden. Diese atomare Unordnung kann viele Vorteile, zum Beispieleine hohe Festigkeit, eine hohe Energieaufnahme bei elastischer Verformung und verbesserte elektrische Leitfähigkeit mit sich bringen.
Das Ziel der diesjährigen Kampagne ist es, die Erstarrungskinetik einer Zirkonium-Kupfer-Nickel-Legierung (Zr-Cu-Ni) besser zu verstehen. Die Legierung mit der Zusammensetzung Zr50Cu30Ni20 zeichnet sich durch gehemmte Keimbildung (leichte Glasbildung) aus der unterkühlten Schmelze aus. Im Vergleich zu anderen metallischen Legierungen, die zur Glasbildung Unterkühlungen von sehr schwer zu erreichenden 600 bis 700K benötigen, reichen bei Zr50Cu30Ni20 bereits ca. 250K aus. Cu-Zr-Legierungen mit weiteren Legierungselementen finden Anwendung zum Beispiel als Kontaktmaterialien zum Schalten starker Ströme. Aus Messungen der Wachstumsgeschwindigkeit der Kristallisationsfront, der Viskosität der unterkühlten Schmelze sowie der thermischen Leitfähigkeit können quantitative Aussagen zur Kinetik der Erstarrung sowie zum Übergang flüssig-amorph getroffen werden. Weiterhin werden die Theorien zum Kristallwachstum überprüft und bisher für Legierungen aus zwei Komponenten erarbeitete theoretische Modelle auf die Erstarrung dreikomponentiger Legierungen erweitert.
Die Experimente werden im Rahmen des Projektes „Mehrphasenerstarrung: eutektische und intermetallische Erstarrung und Glasbildung“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bonn gefördert.