Für das Projekt THERMOLAB steht die Messung der thermophysikalischen Eigenschaften unterschiedlicher Legierungen und Legierungsklassen im Fokus. Bei den untersuchten Legierungen handelt es sich zum einen um industrielle Metalllegierungen, deren Eigenschaften in der flüssigen Phase zur Modellierung von verschiedenen Prozesstechnologien benötigt werden. Zum anderen handelt es sich um relativ einfache Legierungen, die zum generellen Verständnis thermophysikalischer Eigenschaften, sowie deren Zusammenhang mit der Fähigkeit der Legierungen zur Glasbildung untersucht werden.
Innerhalb der 20 Sekunden reduzierter Schwerkraft während einer Parabel wird eine Probe aufgeschmolzen, in der flüssigen Phase weiter geheizt und wieder zur Erstarrung gebracht. Die nahezu kräftefreie Abkühlung in der flüssigen Phase (~ 10 s) erlaubt Messungen einiger thermophysikalischer Eigenschaften (Oberflächenspannung, Viskosität). Messungen mit höherer Genauigkeit und solche, die ein thermodynamisches Gleichgewicht erfordern (z. B. spezifische Wärme), verlangen längere Zeiten reduzierter Schwerkraft, die nur auf der ISS erreicht werden. Dadurch werden die Messungen im Parabelflug 2020 auch zur Vorbereitung dieser Messungen im ISS-EML auf der ISS genutzt.
Fe-C10ppm-B50ppm: Diese Legierung ist ein Prototyp eines Bor-Stahls, der verbesserte Eigenschaften im Vergleich zu herkömmlichem Stahl aufweist. Eine Besonderheit dieses Materials ist, dass während des Abkühlens ein Teil des Materials erneut flüssig wird, was genutzt werden kann um eine gewünschte Materialstruktur zu erreichen, wodurch aber der Strangguss dieses Materials zu einer Herausforderung wird. Im Parabelflug werden nun erste Messungen von Viskosität, Oberflächenspannung, Dichte und elektrischem Widerstand durchgeführt, die zur Vorbereitung der weiteren Messungen im ISS-EML auf der ISS genutzt werden.
Zr56-Co28-Al16: Diese Legierung ist der beste, aus drei Komponenten bestehende Zr-basierte metallische Glasbildner. Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts zwischen der chinesischen Raumfahrtagentur CMSA und der europäischen Raumfahrtagentur ESA („Thermophysical Properties of Space Alloy Melts and Study on Formation of Amorphous Materials“, TPLM), werden für diese Legierung die thermophysikalischen Eigenschaften experimentell ermittelt, und mit Beugungsexperimenten am Synchrotron und mit Computer-Simulationen verglichen. Dadurch können tiefere Einblicke in die Vorgänge bei der Glasbildung erhalten werden. Die Messungen der thermophysikalischen Eigenschaften im Parabelflug werden zur Vorbereitung ausführlicherer Messungen im ISS-EML genutzt.
Zr59.3-Cu28.8-Al10.4-Nb1.5: Hierbei handelt es sich um eine industrielle Legierung, die zur additiven Fertigung eingesetzt wird. Hier dienen die im Parabelflug und später im ISS-EML gewonnen Daten zur Simulation von industriellen Fertigungsprozessen. Sowohl für die Simulation und Optimierung der Herstellungsprozesse von Pulver für die additiven Fertigungsverfahren, als auch für die additiven Fertigungsprozesse selbst sind genaue Kenntnisse der thermophysikalischen Eigenschaften des Materials in der festen und flüssigen Phase notwendig. Ti-8Nb-6Zr-4Fe-6Ta: Titanlegierungen, wie das bekannte Ti-6Al-4V werden heute vielfach als Implantate eingesetzt. Die untersuchte Titanlegierung Ti-8Nb-6Zr-4Fe-6Ta ist eine neue Entwicklung, die auf Elemente verzichtet, die eine potentiell negative Auswirkungen auf den Körper haben könnten (wie beispielsweise Aluminium). Um herkömmliche Gießprozesse und additive Fertigungsprozesse für diese Legierung entwickeln und optimieren zu können werden im Parabelflug die thermophysikalischen Eigenschaften für die Prozesssimulation ermittelt (auch als Vorbereitung der weiteren Messungen im ISS-EML). Das DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum (MP) beteiligt sich mit vier Experimenten. Dabei werden NiGd, ZrNi, NbNiS sowie PdNiS untersucht.