Schwerelos für 9,3 Sekunden
Der Fallturm in Bremen ist eine in Europa einzigartige Forschungseinrichtung, in der seit 1990 täglich wissenschaftliche und technologische Experimente unter Schwerelosigkeit durchgeführt werden können. Dazu werden die entsprechenden Experimentanlagen in eine Kapsel integriert, die während ihres freien Falles aus einer Höhe von 120 Metern innerhalb des Turmes für die Dauer von 4,74 Sekunden einer Schwerelosigkeit von weniger als einem Hunderttausendstel der normalen Erdschwerkraft ausgesetzt ist.
Seit 2004 ermöglicht ein Katapult-System die Verdoppelung dieser Experimentzeit auf 9,3 Sekunden. Diese Plattform hoher µg Qualität wird seit Juni 2022 Gravi Tower Bremen Pro (GTB Pro) ergänzt. Das Besondere des 13 m hohen GTB Pro ist, dass die Fallkapsel an einem Seil mittels hydraulischer Winden geführt wird und ein hohe Wiederholrate von bis zu 60 Flügen pro Stunde bei einer µg Zeit von 2,5 s ermöglicht. Zusätzlich können Anfangs- und Abbremsbeschleunigung je nach Bedarf eingestellt und auch Mond- oder Mars-ähnliche Gravitationsprofile geflogen werden Zur Verringerung der der Anlage immanenten Vibrationen wird ein Luftdämpfertisch verwendet, auf dem die Kapsel während des 2,5 sekündigen Flugs befestigt ist.
Das Spektrum der in den Bremen Fallturmanalgen durchgeführten Experimente reicht dabei von der erkenntnis- und anwendungsorientierten Grundlagenforschung bis hin zur Produktentwicklung. Themen der Grundlagenforschung sind dabei insbesondere in Quantenmechanik, Gravitationsphysik, Fluidmechanik, der Verbrennung und der Thermodynamik, sowie in der Materialforschung, und Biologie. Bei der Produktentwicklung liegen die Schwerpunkte auf dem Testen raumfahrttauglicher Komponenten wie Sensoren, Aktuatoren und Lasersysteme sowie auf Funktionstests einzelner Prozesse von Experimentanlagen für ISS und zukünftige LEO (Low Earth Orbit) Plattformen.
Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über die Deutsche Raumfahrtagentur Im DLR geförderte Einrichtung wird vom Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) betrieben. Diese Einrichtung betreut und unterstützt interessierte Wissenschaftler aus aller Welt bei der Durchführung ihrer Experimente. Vom DLR und der ESA geförderte Wissenschaftler zählen gegenwärtig zu den bedeutendsten Nutzern der Fallturmanlage.