Die Forschung unter Weltraumbedingungen vereinigt die beiden Teilprogramme "Bio- und Materialwissenschaften" und "Physikalische Grundlagenforschung". Im Teilprogramm Biowissenschaften geht es um biologische, biotechnologische und medizinische Fragestellungen mit Schwerpunkt auf der Erforschung grundlegender Lebensfunktionen und auf der Entwicklung neuer Diagnostikmethoden und Therapien in der Medizin.
Das Teilprogramm Materialwissenschaften und Physikalische Grundlagenforschung umfasst Projekte zur Erforschung fundamentaler Naturgesetze des Verhaltens von Materie in Zeit und Raum, zur Fluidphysik und Verbrennungsforschung sowie zur innovativen Materialforschung. Mit dem Nationalen Programm realisieren wir sowohl rein nationale als auch kooperative Experimente mit anderen Raumfahrtnationen und bereiten Experimente des ELIPS-Programms der ESA vor. Für die Forschungsschwerpunkte schafft die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR die notwendigen Voraussetzungen durch die Forschungsförderung exzellenter Wissenschaftler inklusive des wissenschaftlichen Nachwuchses, die technologische Entwicklung moderner, weltraumtauglicher Verfahren und Geräte durch die deutsche Raumfahrtindustrie und die Bereitstellung von Fluggelegenheiten.
Fluggelegenheiten für die Forschung unter Weltraumbedingungen
Im Nationalen Programm wird die hochqualifizierte und in korrespondierende terrestrische Forschungen eingebundene Wissenschaftlergruppen an zahlreichen Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen gefördert. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR stellt regelmäßig Kurzzeit-Fluggelegenheiten zur Verfügung, etwa den Fallturm Bremen am Zentrum für Raumfahrttechnologie und Mikrogravitationsforschung (ZARM), Flugzeug-Parabelflüge der französischen Firma NOVESPACE oder die Forschungsraketen TEXUS.
Hier werden Experimente durchgeführt, die mit einer kurzen Dauer von Schwerelosigkeit auskommen oder die der Vorbereitung von Langzeitexperimenten auf der ISS dienen. Speziell für den Einsatz im Weltraum notwendige Geräte lassen wir im Rahmen des Nationalen Programms von der deutschen Raumfahrtindustrie entwickeln. Diese neben der ISS angebotenen Fluggelegenheiten werden auch im ELIPS-Programm der ESA von weiteren Partnerländern genutzt.
Bilaterale Kooperationen
Darüber hinaus geht die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR im Nationalen Programm bilaterale Kooperationen mit einer Vielzahl von Partnern, allen voran der NASA und verschiedenen Institutionen in Russland, ein. Hierbei entwickelt und baut Deutschland die Experimentanlage, der Partner stellt die Fluggelegenheit. Wir werden das in der Vergangenheit sehr erfolgreiche Konzept der bilateralen Kooperationen auf Basis des Barter-Prinzips auch künftig pflegen, weiter ausbauen und auf neue Partner erweitern.
So wurde im Jahr 2007 eine Kooperationsvereinbarung mit der NASA zur Erforschung des Kapillarverhaltens von Flüssigkeiten unter Schwerelosigkeit abgeschlossen. Seit 2010 ermöglicht die in Deutschland im Auftrag des Raumfahrtmanagements entwickelte Apparatur CCF (Capillary Channel Flow) an Bord der ISS ein gemeinsames Forschungsprogramm deutscher und amerikanischer Wissenschaftler zum Verhalten von Flüssigkeiten im All, dessen Ergebnisse beispielsweise für ein verbessertes Design künftiger Satellitentanks genutzt werden sollen.
Im Jahr 2010 wurde mit Russland ein Rahmenabkommen abgeschlossen, das Mitfluggelegenheiten deutscher Experimente auf den russischen Forschungssatelliten FOTON-M für materialwissenschaftliche Forschung und BION-M für biologische Forschung regelt. Im Rahmen der deutschen Raumfahrtplanung ist vorgesehen, diese attraktive Fluggelegenheit in der Zukunft regelmäßig zu nutzen.
Mit dem Projekt SIMBOX hat die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR eine deutsch-chinesische Wissenschaftskooperation im Weltraum realisiert. Die deutsche Experimentanlage SIMBOX flog im November 2011 mit 17 medizinischen und biologischen Experimenten an Bord des unbemannten chinesischen Raumschiffes Shenzhou-8. Es war die erste nicht-chinesische Nutzlast im bemannten Raumfahrtprogramm der Volksrepublik.
Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR war verantwortlich für die Entwicklung des miniaturisierten Hightech-Labors SIMBOX und das gesamte Projektmanagement der deutschen Beteiligung an der Mission Shenzhou-8. Von den 17 Experimenten wurden sechs von ausschließlich von Deutschland und zwei in deutsch-chinesischer Kooperation durchgeführt. Diese Aktivitäten bilden den Grundstock für eine neue Dimension unserer Zusammenarbeit mit der chinesischen Raumfahrt.
Nachwuchsförderung
Die Forschung unter Weltraumbedingungen eignet sich im besonderen Maße für die Öffentlichkeitsarbeit sowie für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. So bietet beispielsweise jedes Jahr das deutsch-schwedische Programm REXUS/BEXUS (Raketen- und Ballon-Experimente für Universitäts-Studenten) Studenten die Möglichkeit, wissenschaftliche und technische Experimente auf Raketen und Ballonen unter Weltraumbedingungen oder speziellen Atmosphärenbedingungen durchzuführen. Auf Flugzeug-Parabelflügen werden Experimente des DLR-School_Labs realisiert und Schulklassen eingeladen.